Arbeit auf sprachliche Experimente kon-
zentriert haben, haben die alten Illusionen
in die innovative Kraft der Kommunikati-
on verloren. Akzeptieren wir aber die rela-
tive Unabhängigkeit der Syntax-Forschung,
sehen wir uns den willkürlichen Eigenschaf-
ten der Bezugs-Codes gegenüber. Deshalb
gelingt es weder De Feo noch Manieri-Elia,
die Wahl ihres Bezugs-Codes mit einem ent-
sprechendem Engagement zu verbinden
(das selbst auch andere Mittel des Selbst-
ausdrucks beinhalten könnte).
Inwieweit ist diese Haltung mit der der
‘Five Architects”” vergleichbar, die im
Spektrum der internationalen Architektur
dem Verständnis von Architektur als einer
Reflexion auf sich selbst und auf die eige-
nen Äußerungsformen der Disziplin am
nächsten kommt? Ist es wirklich möglich,
von ihrer Arbeit als einem “Manierismus
among the ruins” 22) zu sprechen? Mario
Gandelsonas hat in der Arbeit von Michael
Graves folgende spezifische Interessenfel-
der herausgearbeitet: das Interesse am klas-
sizistischen Code, der kubistischen Malerei,
den Traditionen der modernen Bewegung
und der Natur 23). Dennoch sollten wir
vorsichtig sein. Wieder handelt es sich um
“geschlossene Systeme” innerhalb derer die
Themen der Vieldeutigkeit und des Plura-
lismus entwickelt und zugleich kontrolliert
werden und innerhalb derer die Lust am
Formenspiel in einem institutionellen oder
bestenfalls ‘‘'monumentalen‘” Rahmen ge-
löst ist. (Der einzige Ausgangspunkt, der
einer solchen Interpretation Schwierigkei-
ten bereitet, liegt in der modernen Bewe-
gung; trotzdem wird ihr in Graves Vorle-
sungen nur eine ‘““methaphysische”” und auf
das 20. Jahrhundert beschränkte Bedeu-
tung beigemessen, wodurch wir unsere In-
terpretation bestätigt sehen.) Nach der
Aufstellung eines Systems von Be- und
Ausgrenzungen, ist es Graves möglich, die
ihm zur Verfügung stehenden Mittel in
einer endlichen Folge von Operationen zu
manipulieren; gleichzeitig erlaubt ihm die-
ses System zu zeigen, wie eine Klärung
oder Explikation sprachlicher Prozesse eine
indirekte Kontrolle über den Entwurf er-
möglicht, natürlich immer nur innerhalb
des vorbestimmten Systems von Ausgren-
zungen. Mit anderen Worten, Michael Gra-
ves, Peter Eisenman und Richard Meier ent:
wickeln eine Methode, die aus der Klassi-
fikation syntaktischer Prozesse folgt. Das
ist der Formalismus in seiner ursprüngli-
chen Gestalt, der sich in ihren Arbeiten
fortsetzt. ‘Semantische Verzerrungen”, —
der zentrale Aspekt der russischen Forma-
listen — findet seine deutliche Wiederkehr
im Benacerraf-Haus von Graves. Innerhalb
dieser Arbeit, ebenso wie in den mehr hie-
ratischen und zeitlos syntaktischen Dekom
positionen von Eisenman, können wir ein
analytisches Laboratorium erkennen, das
sich dem Experimentieren mit ausgewähl-
ten Formen widmet statt eine bloße Vorlie:
be für Terragni oder den Hang zum Ab-
strakten zu hegen.
Die Frage, warum derartige Arbeiten in-
nerhalb der amerikanischen Kultur als Hä-
resie empfunden werden, ist für uns nur
von beiläufigem Interesse. Dennoch ist
ihre objektive Rolle zweifellos auch die,
einen Katalog ausgewählter Entwurfsvor:
schläge zu liefern, der auf vorbestimmte
Situationen anwendbar ist. Es ist daher
sinnlos zu fragen, ob die ‘“neo-positivisti-
schen ”” Tendenzen dieser Arbeiten effektiv
sind oder nicht 24). Als Beispiele sprachli-
cher Strukturen können wir von ihnen nur
erwarten, daß sie in ihrer absoluten Ahisto-
rizität konsequent sind. Nur dadurch kann
ihr nostalgischer Eifer neutralisiert werden
und damit die Erkenntnis ihres Bedürfnis-
ses, sich gesellschaftlich zu isolieren. (ne-
benbei bemerkt, eine Anerkennung, die ge-
genüber den selbstzufriedenen, stilistischen
Gesten eines Philip Johnson nicht aufkom-
men könnte).
Michael Graves: Benacerraf Haus, Princeton, 1967
Peter Eisemrman: Haus II, Hardwick, Vermont, 1969
Versuchen wir nun, die übergreifenden
Momente der bisherigen Analyse zu resum-
mieren: Verlangt ist eine den verwendeten
Sprachen je spezifisch angemessene Art, sie
zu “lesen”, je unterschiedliche Weisen,
sich ihrer Analyse zu nähern. So verlangt
das Verständnis für Stirlings Arbeit die Her-
stellung von Bezügen zur technologischen
Ästhetik und zur Informationstheorie. Nur
über diesen Weg gelangen wir zu ihrer jen-
seits aller semantischen Verzerrungen lie-
genden Rationalität. Demgegenüber hilft
uns die Informationstheorie für das Ver-
ständnis von Rossi’s Studien über typologi-
sche Konstanten wenig. Tatsächlich scheint
Rossi’s Formalismus sogar Bezüge zur origi-
nalen Formulierung des linguistischen For-
malismus von Viktor Sklovskv oder von
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