Full text: ARCH+ : Zeitschrift für Architekten, Stadtplaner, Sozialarbeiter und kommunalpolitische Gruppen (1978, Jg. 10, H. 37-42)

Artikulation beider in diesen räumlichen 
Prozessen untersucht, dann können 
äußerst nützliche Aussagen über die In- 
stabilität des eben angesprochenen Pro- 
jektes gemacht werden; erst danach ist 
es legitim, sich über die Grenzen seiner 
„Erforschbarkeit‘” zu streiten. Analy- 
siert man weiter mit dieser u.E. richti- 
gen Methode den Reformismus der 
Bologneser Administration bei ihren 
Übergängen von Widerspruch zu Wider- 
spruch auf immer höheren Ebenen, 
dann hat das mit dem Wissen darüber 
zu geschehen, daß dieser Prozeß auf 
jeder Ebene gesellschaftlich vermittelt 
ist und diese Vermittlung immer neue 
verändert laufende konfliktuelle Risse 
in der gesellschaftlichen Struktur mit 
sich bringt. 
Tömmels in dieser Sichtweise vorge- 
nommene Analyse endet im Jahre 1975; 
griffe man sie für den weiteren Zeitver- 
lauf auf, dann könnte sie dazu beitragen, 
auch die sich zuspitzenden Widersprüche 
in den folgenden Zeitabschnitten zu ver- 
stehen; die immer größer werdende De- 
formation der gesellschaftlichen Institu- 
tionen und Organismen hat derartige 
Einschnitte in ihrer Vermittlungsfähig- 
keit (zwischen „ökonomischem Zwang”, 
sozialer Reaktion und politischer Führung) 
mit sich gebracht, daß die Möglichkeiten 
eines wohlfahhrtsstaatlichen Reformismus 
tiefgreifend beeinträchtigt worden sind; 
ein anderer Faktor ist das Herausdrängen 
der studentischen Komponente an die 
äußersten Grenzen des Arbeitsmarktes, 
einer Komponente, die sich doch gerade 
im Innern der bürgerlichen Stadt befindt. 
Gelingt es nicht, diese Vermittlungs- 
fähigkeit, die Hegemonie zurückzugewin- 
nen, dann werden wieder Molotow-Cock- 
tails geworfen und die Verschachtelun- 
gen der „systems analysis’” von Luh- 
mann oder auch Habermas werden am 
allerwenigsten deren Flammen ersticken 
können. 
Übersetzung: A.M. Müller 
Fortsetzung von $. 38 
schen Studie bemüht hat, weiß um.die 
bis zu offenem Mißtrauen reichende 
Skepsis, die Sozialwissenschaftlern dort 
entgegengebracht wird. Eine anschauli- 
che und exemplarische Schilderung lie- 
fert Aich, a.a.0., 96—163. 
Als krasses Beispiel aus jüngster Zeit sei 
auf die im Auftrag des BMFT durchge- 
führten Forschungen über Bürgerinitiati- 
ven gegen Kernkraftwerke hingewiesen, 
wo die Funktion der Wissenschaftler da- 
rin lag, Grundlagen für die Entwicklung 
administrativer und politischer Gegen- 
strategien zu liefern, Vgl. Schluchter 1977. 
Zur Sanierungspraxis und der Rolle der 
Sozialwissenschaft bei Stadtsanierungen 
vgl. den Überblick bei Siebel (1977). 
Aus dem Bereich allgemeiner theoreti- 
scher Analysen sei hier nur auf die grund- 
legende Arbeit von Offe (1972) verwie- 
sen. Ein Teil der im Arbeitskreis „„Lo- 
kale Politikforschung”” diskutierten Ar- 
beiten ist unter dem gleichen Titel von 
Grauhan (1975) publiziert worden. 
Neuere empirische Belege aus dem loka- 
len Bereich finden sich u.a. bei Aich 
(1977), Buse/Nelles/Oppermann (1977) 
und Keller (1977). 
Die folgenden Darlegungen basieren auf 
eigenen Erhebungen im Rahmen einer 
Ifd. Untersuchung über Bürgerbeteiligung 
bei Stadtsanierungen, die in Köln, Ober- 
hausen und Wuppertal durchgeführt wird. 
5) 
6) 
z7\ 
Fortsetzung von S. 45 
als politischer Prozeß, Praxisberichte und 
Analysen zu Re formPIOirkien in Bologna 
und ausgewählten deutschen Städten, 
Köln 1976. 
Vgl. dazu Kevenhörster, Paul: Das Räte- 
system als Instrument zur Kontrolle 
wirtschaftlicher und,politischer Macht, 
Opladen 1974; außerdem Naßmacher, 
Karl-Heinz: Kommunale Gesellschafts- 
politik, Vertrauensarbeit und Parteire- 
form, in: ders. (Hrsg.): Kommunalpoli- 
tik und Sozialdemokratie, Bonn-Bad 
Godesberg 1977. 
Offe, Claus: Bürgerinitiativen und Re- 
produktion der Arbeitskraft im Spätka- 
pitalismus, in: (ders.): Strukturproble- 
me des kapitalistischen Staates, op.cit., 
Ss. 153 ff. 
Grauhan/Linder, op.cit., S. 167 ff. 
Bürgerinitiativen und Reproduktion der 
Arbeitskraft’im Spätkapitalismus, op. 
cit., S. 164ff. 
Grauhan/Linder, op.cit., S. 178/79. 
Ebenda, S. 176—178. 
Vgl. dazu Castells, Manuel: Pouvoir, 
Systeme urbain et lutte de classes, Le 
Monde diplomatique, Juin 1976. 
Ausführlicher dazu Evers, Adalbert. 
und Rodriguez-Lores, Juan: Reformstra- 
tegien und staatliche Organisationsstruk- 
turen — zur Kritik der politikwissenschaft 
lichen Grundlagen und Perspektiven 
einer Theorie der „Politik verflechtung‘” 
von Scharpf/Reissert/Schnabel, in: 
Leviathan (erscheint demnächst). 
Vgl. zu dieser Position als politisch- 
praktischer exemplarisch das von der 
CDU unter Federführung von H. 
Schwarz erarbeitete Papier zu „Bürger 
initiativen als Problem von Staat und 
Gesellschaft”, abgedruckt in: Frank- 
furter Rundschau, 16.2.78. 
23) 
24) 
25) 
26) 
27) 
28) 
29) 
1) Andere Arbeiten über Bologna befinden 
sich in Vorbereitung; wir erwähnen hier 
nur zwei: erstens eine Arbeit von D. Bern- 
feld (Universität Straßburg) im Auftrag 
des Europarates, in der Forschung zu 
den Problemen der Dezentralisierung 
und Partizipation zusammengefaßt werden. 
Zur weiteren Einführung in die Problema- 
tik vgl. auch den Artikel von J. Rodriguez- 
Lores: Warum Bologna? in: ARCH+ 26/ 
1975; ders. Autor bereitet in Zusammen- 
arbeit mit T. Harlander und H. Boden- 
schatz auch einen Sammelband von Auf- 
sätzen (zum größten Teil italienischer 
Autoren) zum Thema Bologna vor, der 
in 1978 erscheinen wird. 
30) 
n1) 
Fortsetzung D. R. Frank von S. 58 
40) Die ‘Ringsiediung‘, auch Großsiedlung Sie- Die Generalisierung dieser Modelle ist eine 
Mensstadt in Berlin, 1929-32 gebaut, umfaßt Entwicklung der letzten Jahrzehnte. 
1678 Wohnungen in 24 Häusern, die von 6 43). Robert Venturi, Complexity and Contradic- 
a1 Meisterarchitekten gebaut wurden tion 
O.M. Ungers, Die Stadt in der Stadt, Berlin 44) Karl Marx, Zur Kritik der Hegelschen 
\ das grüne Stadtarchipel, Köln 1977 Rechtsphilosophie, Deutsch-Französische 
42) Usonien” war die Vorstellung Frank Lloyd Jahrbücher, Leipzig 1973 (Paris 1844), 
Wrihgt’s von der Verschmelzung von Stadt Ss 163 
und Land.— Broadacre City. 45) Alfred Döblin, Reise in Polen, Olten 1968, 
Town-Country’ ist die Alternative, in Ebe- Ss. 16 ff 
nezer Howards Schema von den drei Magne- 46) Stadtquartiere: vier Beispiele in Berlin, 
____ ten, zwischen Stadt und Land. _ Deutscher Werkbund Darmstadt 1977, Ss. 7 
ARCH-+ Rückschau 
Ib ar ——— 
Dr. Hans Evers 
Mitglied des Deutschen Bundestages 
Vorsitzender des Sportausschusses 
Mitglied der parlamentarischen 
Versammlung des Europarates 
An den 
Mieterverein Freiburg i. Br. e. V. 
Leopoldring 5 
7800 Freiburg i. Br. 
Sehr geehrte Herren, 
verbindlichen Dank für Ihren Brief vom 13. 
Dezember und die Übersendung des Son- 
derdrucks der Zeitschrift ARCH* und des 
Landesverbandes südwestdeutscher Mieter- 
vereine zu dem Thema „Wer verdient an den 
Sozialmieten”. 
Ich darf dazu mitteilen, daß ich die Analyse 
von Ruth Becker in ihrem Aufsatz ganz ü- 
berwiegend teile. Aus diesem Grunde habe 
ich die beiden anliegenden mündlichen Fra- 
gen zu dem Problemkreis an die Bundesre- 
gierung gerichtet. Es kommt meiner Ansicht 
nach darauf an, bei einer Modifizierung der 
gesetzlichen Bestimmungen zu gewährleisten, 
daß kein weiterer Rückgang des sozialen 
Wohnungsbaues eintritt, sondern daß durch 
geeignete Ergänzungsmaßnahmen der öffent: 
lichen Hand die Subventionierungsmittel in 
höherem Maße den Mietern von Sozialwoh- 
nungen und in geringerem Maße den Eigen- 
tümern von Sozialwohnungen zufließen. 
Dies zu erreichen wird nicht ganz einfach 
sein. Ich halte die von Ihnen in dieser Rich- 
tung ergriffene Initiative jedoch für dankens- 
wert und bin bereit, mich für dieses Ziel ein- 
zusetzen. 
Wir sollten jedoch zunächst die Antwort der 
Bundesregierung abwarten, von der ich Sie 
dann unterrichten werde. 
Mit freundlichen Grüßen 
gez. Dr. Hans Evers 
Mündliche Frage 
Ich frage die Bundesregierung: 
1. Stimmt die.Bundesregierung der 
Auffassung zu, daß die kritische 
Analyse der Mietgestaltung für So- 
zialwohnungen von Ruth Becker 
(vgl. ARCHT*, Zeitschrift für Archi- 
tekten, Stadtplaner, Sozialarbeiter 
und kommunalpolitische Gruppen, 
Heft 33 und Sonderdruck des Lan- 
desverbandes südwestdeutscher Mie- 
tervereine e. V. vom 12. Mai 1977) 
im wesentlichen zutreffend ist? 
2. Welche Möglichkeiten sieht die 
Bundesregierung, durch Änderung 
der gesetzlichen Bestimmungen zu 
gewährleisten, daß die aufgezeigten 
Vermögensverlagerungen durch die 
Berechnung und Erhebung der Ko- 
stenmiete in Zukunft vermieden 
werden, ohne daß gleichzeitig die 
Bereitschaft zur Investierung im So- 
zialen Wohnungsbau herabgesetzt 
wird, und beabsichtigt die Bundes- 
regierung, dem Deutschen Bundes- 
tag entsprechende Vorschläge zur 
Genehmigung vorzulegen? 
f.. 
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