Artikulation beider in diesen räumlichen
Prozessen untersucht, dann können
äußerst nützliche Aussagen über die In-
stabilität des eben angesprochenen Pro-
jektes gemacht werden; erst danach ist
es legitim, sich über die Grenzen seiner
„Erforschbarkeit‘” zu streiten. Analy-
siert man weiter mit dieser u.E. richti-
gen Methode den Reformismus der
Bologneser Administration bei ihren
Übergängen von Widerspruch zu Wider-
spruch auf immer höheren Ebenen,
dann hat das mit dem Wissen darüber
zu geschehen, daß dieser Prozeß auf
jeder Ebene gesellschaftlich vermittelt
ist und diese Vermittlung immer neue
verändert laufende konfliktuelle Risse
in der gesellschaftlichen Struktur mit
sich bringt.
Tömmels in dieser Sichtweise vorge-
nommene Analyse endet im Jahre 1975;
griffe man sie für den weiteren Zeitver-
lauf auf, dann könnte sie dazu beitragen,
auch die sich zuspitzenden Widersprüche
in den folgenden Zeitabschnitten zu ver-
stehen; die immer größer werdende De-
formation der gesellschaftlichen Institu-
tionen und Organismen hat derartige
Einschnitte in ihrer Vermittlungsfähig-
keit (zwischen „ökonomischem Zwang”,
sozialer Reaktion und politischer Führung)
mit sich gebracht, daß die Möglichkeiten
eines wohlfahhrtsstaatlichen Reformismus
tiefgreifend beeinträchtigt worden sind;
ein anderer Faktor ist das Herausdrängen
der studentischen Komponente an die
äußersten Grenzen des Arbeitsmarktes,
einer Komponente, die sich doch gerade
im Innern der bürgerlichen Stadt befindt.
Gelingt es nicht, diese Vermittlungs-
fähigkeit, die Hegemonie zurückzugewin-
nen, dann werden wieder Molotow-Cock-
tails geworfen und die Verschachtelun-
gen der „systems analysis’” von Luh-
mann oder auch Habermas werden am
allerwenigsten deren Flammen ersticken
können.
Übersetzung: A.M. Müller
Fortsetzung von $. 38
schen Studie bemüht hat, weiß um.die
bis zu offenem Mißtrauen reichende
Skepsis, die Sozialwissenschaftlern dort
entgegengebracht wird. Eine anschauli-
che und exemplarische Schilderung lie-
fert Aich, a.a.0., 96—163.
Als krasses Beispiel aus jüngster Zeit sei
auf die im Auftrag des BMFT durchge-
führten Forschungen über Bürgerinitiati-
ven gegen Kernkraftwerke hingewiesen,
wo die Funktion der Wissenschaftler da-
rin lag, Grundlagen für die Entwicklung
administrativer und politischer Gegen-
strategien zu liefern, Vgl. Schluchter 1977.
Zur Sanierungspraxis und der Rolle der
Sozialwissenschaft bei Stadtsanierungen
vgl. den Überblick bei Siebel (1977).
Aus dem Bereich allgemeiner theoreti-
scher Analysen sei hier nur auf die grund-
legende Arbeit von Offe (1972) verwie-
sen. Ein Teil der im Arbeitskreis „„Lo-
kale Politikforschung”” diskutierten Ar-
beiten ist unter dem gleichen Titel von
Grauhan (1975) publiziert worden.
Neuere empirische Belege aus dem loka-
len Bereich finden sich u.a. bei Aich
(1977), Buse/Nelles/Oppermann (1977)
und Keller (1977).
Die folgenden Darlegungen basieren auf
eigenen Erhebungen im Rahmen einer
Ifd. Untersuchung über Bürgerbeteiligung
bei Stadtsanierungen, die in Köln, Ober-
hausen und Wuppertal durchgeführt wird.
5)
6)
z7\
Fortsetzung von S. 45
als politischer Prozeß, Praxisberichte und
Analysen zu Re formPIOirkien in Bologna
und ausgewählten deutschen Städten,
Köln 1976.
Vgl. dazu Kevenhörster, Paul: Das Räte-
system als Instrument zur Kontrolle
wirtschaftlicher und,politischer Macht,
Opladen 1974; außerdem Naßmacher,
Karl-Heinz: Kommunale Gesellschafts-
politik, Vertrauensarbeit und Parteire-
form, in: ders. (Hrsg.): Kommunalpoli-
tik und Sozialdemokratie, Bonn-Bad
Godesberg 1977.
Offe, Claus: Bürgerinitiativen und Re-
produktion der Arbeitskraft im Spätka-
pitalismus, in: (ders.): Strukturproble-
me des kapitalistischen Staates, op.cit.,
Ss. 153 ff.
Grauhan/Linder, op.cit., S. 167 ff.
Bürgerinitiativen und Reproduktion der
Arbeitskraft’im Spätkapitalismus, op.
cit., S. 164ff.
Grauhan/Linder, op.cit., S. 178/79.
Ebenda, S. 176—178.
Vgl. dazu Castells, Manuel: Pouvoir,
Systeme urbain et lutte de classes, Le
Monde diplomatique, Juin 1976.
Ausführlicher dazu Evers, Adalbert.
und Rodriguez-Lores, Juan: Reformstra-
tegien und staatliche Organisationsstruk-
turen — zur Kritik der politikwissenschaft
lichen Grundlagen und Perspektiven
einer Theorie der „Politik verflechtung‘”
von Scharpf/Reissert/Schnabel, in:
Leviathan (erscheint demnächst).
Vgl. zu dieser Position als politisch-
praktischer exemplarisch das von der
CDU unter Federführung von H.
Schwarz erarbeitete Papier zu „Bürger
initiativen als Problem von Staat und
Gesellschaft”, abgedruckt in: Frank-
furter Rundschau, 16.2.78.
23)
24)
25)
26)
27)
28)
29)
1) Andere Arbeiten über Bologna befinden
sich in Vorbereitung; wir erwähnen hier
nur zwei: erstens eine Arbeit von D. Bern-
feld (Universität Straßburg) im Auftrag
des Europarates, in der Forschung zu
den Problemen der Dezentralisierung
und Partizipation zusammengefaßt werden.
Zur weiteren Einführung in die Problema-
tik vgl. auch den Artikel von J. Rodriguez-
Lores: Warum Bologna? in: ARCH+ 26/
1975; ders. Autor bereitet in Zusammen-
arbeit mit T. Harlander und H. Boden-
schatz auch einen Sammelband von Auf-
sätzen (zum größten Teil italienischer
Autoren) zum Thema Bologna vor, der
in 1978 erscheinen wird.
30)
n1)
Fortsetzung D. R. Frank von S. 58
40) Die ‘Ringsiediung‘, auch Großsiedlung Sie- Die Generalisierung dieser Modelle ist eine
Mensstadt in Berlin, 1929-32 gebaut, umfaßt Entwicklung der letzten Jahrzehnte.
1678 Wohnungen in 24 Häusern, die von 6 43). Robert Venturi, Complexity and Contradic-
a1 Meisterarchitekten gebaut wurden tion
O.M. Ungers, Die Stadt in der Stadt, Berlin 44) Karl Marx, Zur Kritik der Hegelschen
\ das grüne Stadtarchipel, Köln 1977 Rechtsphilosophie, Deutsch-Französische
42) Usonien” war die Vorstellung Frank Lloyd Jahrbücher, Leipzig 1973 (Paris 1844),
Wrihgt’s von der Verschmelzung von Stadt Ss 163
und Land.— Broadacre City. 45) Alfred Döblin, Reise in Polen, Olten 1968,
Town-Country’ ist die Alternative, in Ebe- Ss. 16 ff
nezer Howards Schema von den drei Magne- 46) Stadtquartiere: vier Beispiele in Berlin,
____ ten, zwischen Stadt und Land. _ Deutscher Werkbund Darmstadt 1977, Ss. 7
ARCH-+ Rückschau
Ib ar ———
Dr. Hans Evers
Mitglied des Deutschen Bundestages
Vorsitzender des Sportausschusses
Mitglied der parlamentarischen
Versammlung des Europarates
An den
Mieterverein Freiburg i. Br. e. V.
Leopoldring 5
7800 Freiburg i. Br.
Sehr geehrte Herren,
verbindlichen Dank für Ihren Brief vom 13.
Dezember und die Übersendung des Son-
derdrucks der Zeitschrift ARCH* und des
Landesverbandes südwestdeutscher Mieter-
vereine zu dem Thema „Wer verdient an den
Sozialmieten”.
Ich darf dazu mitteilen, daß ich die Analyse
von Ruth Becker in ihrem Aufsatz ganz ü-
berwiegend teile. Aus diesem Grunde habe
ich die beiden anliegenden mündlichen Fra-
gen zu dem Problemkreis an die Bundesre-
gierung gerichtet. Es kommt meiner Ansicht
nach darauf an, bei einer Modifizierung der
gesetzlichen Bestimmungen zu gewährleisten,
daß kein weiterer Rückgang des sozialen
Wohnungsbaues eintritt, sondern daß durch
geeignete Ergänzungsmaßnahmen der öffent:
lichen Hand die Subventionierungsmittel in
höherem Maße den Mietern von Sozialwoh-
nungen und in geringerem Maße den Eigen-
tümern von Sozialwohnungen zufließen.
Dies zu erreichen wird nicht ganz einfach
sein. Ich halte die von Ihnen in dieser Rich-
tung ergriffene Initiative jedoch für dankens-
wert und bin bereit, mich für dieses Ziel ein-
zusetzen.
Wir sollten jedoch zunächst die Antwort der
Bundesregierung abwarten, von der ich Sie
dann unterrichten werde.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Dr. Hans Evers
Mündliche Frage
Ich frage die Bundesregierung:
1. Stimmt die.Bundesregierung der
Auffassung zu, daß die kritische
Analyse der Mietgestaltung für So-
zialwohnungen von Ruth Becker
(vgl. ARCHT*, Zeitschrift für Archi-
tekten, Stadtplaner, Sozialarbeiter
und kommunalpolitische Gruppen,
Heft 33 und Sonderdruck des Lan-
desverbandes südwestdeutscher Mie-
tervereine e. V. vom 12. Mai 1977)
im wesentlichen zutreffend ist?
2. Welche Möglichkeiten sieht die
Bundesregierung, durch Änderung
der gesetzlichen Bestimmungen zu
gewährleisten, daß die aufgezeigten
Vermögensverlagerungen durch die
Berechnung und Erhebung der Ko-
stenmiete in Zukunft vermieden
werden, ohne daß gleichzeitig die
Bereitschaft zur Investierung im So-
zialen Wohnungsbau herabgesetzt
wird, und beabsichtigt die Bundes-
regierung, dem Deutschen Bundes-
tag entsprechende Vorschläge zur
Genehmigung vorzulegen?
f..
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