Full text: ARCH+ : Zeitschrift für Architekten, Stadtplaner, Sozialarbeiter und kommunalpolitische Gruppen (1978, Jg. 10, H. 37-42)

BUNDESVERBAND BUÜRGERINITIATIVEN 
UMWELTSCHUTZ e.V. (BBU) 
Hellbergstraße 6 - 7500 Karlsruhe 21 
ARBEITSKREIS 
VERKEHR 
Kontaktadresse: 
BÜRGERINITIATIVE WESTTANGENTE e.V. 
BERLIN (BIW) 
Cheruskerstraße 10 - 1000 Berlin 62 
Mu 
FE 
i { Berlin, den 22.9. 1978 
Presseinformation, M. Höppner 030/ 781 57 ©O' 
Vom 23. - 26.9. 78 findet in Köln die größte Publikumsmesse zum Thema Fahr 
rad statt. Für den Arbeitskreis Verkehr im Bundesverband Bürgerinitiativen 
Umweltschutz (BBU) sowie für den Bund Umwelt- und Naturschutz (BUND) ist 
diese Veranstaltung ein wichtiger Anlass einer breiten Öffentlichkeit die 
Vorteile des Radfahrens und die Forderungen der Bürgerinitiativen zur Ver- 
besserung der Verkehrsplanung vorzutragen. 
So findet am 22,9. 78 ein SYMPOSION "Umweltfreundliche= radfahrerfreundliche 
Verkehrspolitik statt. Auf der Fahrradmesse selbst wird der Arbeitskreis 
Verkehr im BBU eine Ausstellung zum Thema Fahrrad aufbauen- 
Schon auf dem ersten Bürgerinitiativen Verkehrs Kongress im April 1978 
in Berlin haben die Bürgerinitiativen deutlich gemacht, daß die heutige Ver- 
kehrsplanung in den letzten Jahrzehnten allzı) einseitig auf das Auto ausgerich- 
tet war. Hier bedarf es deutlicher Kurskorrekturen, denn auch heute ist der 
nichtmotorisierte Verkehr (zu Fuß und per Rad) mit über 55 % Verkehrsanteil 
die wichtigste Fortbewegungsart in der Stadt. Die Windschutzscheibenperspektive 
der Verkehrsplaner hat diese Tatsachen weitgehend üunberücksichtiat aelassen 
Bürger für das FAHRRAD 
Zum Tag der Umwelt sind in 20 Städten Fahrraddemonstrationen für bessere 
Verkehrsbedingungen und gegen überzogene Autobahnplanung und gegen andere Um- 
weltbeeinträchtigungen durchgeführt worden. Den jährlich 3,9 Mio verkauften 
Fahrrädern und damit potentiellen Radfahrern stehen in der Tat nur schlechte 
bis erbärmliche Radverkehrsanlagen, von einigen lobenswerten Ausnahmen abge- 
sehen, zur Verfügung. Dabei ist das Fahrrad das einzige Verkehrsmittel, das 
nicht zur Zerstörung unserer Städte und der Umwelt beiträat. Es ist: 
® leise und völlig abgasfrei 
® billig und es bedarf nur geringer Wartung 
® gesundheitsfördernd 
® flächensparend und hat kaum Parkprobleme 
Der Radwegebau und die Sicherung des Radverkehrs sind Stiefkinder der Verkehrs- 
planer. Hohe Gesundheitsgefährdung veranlassen immer noch viele Bundesbürger 
auf das Fahrrad zu verzichten, da sie sich im Verkehr nicht sicher fühlen. 
Die Verkehrssicherheit ist deshalb auch folgerichtig in einer jetzt neu 
vorliegenden Forschungsarbeit des Bundesministers für Raumordnung, Bau- 
wesen und Städtebau "als wesentlicher Faktor" erkannt worden, der auf die 
Bereitschaft, das Fahrrad zu benutzen Einfluß nimmt. Diese sehr interessan- 
te Arbeit mit dem Titel "Fahrrad im Nahverkehr" kann beim Minister in 
Bonn kostenlos angefordert werden. (Deichmanns Aue. 5300 Bonn 2‘ 
Oswald Richter, Sonderkonto, 1 Berlin 41, PSchA BInW 331978-102(BLZ 10010010) 
VEN DES 
BUNDESWEITE ZUSAMMENARBEIT 
von Bürgerinitiativen, Vereinen, Organisationen und Einzelpersonen in der Arbeitsoruppe: 
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Planen für das Fahrradfahren 
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Diese Arbeitsgruppe ist eine der 24 AG's des ARBEITSKREISES VERKEHR im BUNDESVERBAND 
BÜRGERINITIATIVEN UMWELTSCHUTZ E.V. (BBU) zu bestimmten Themen aus dem Verkehrs- und 
Stadtplanungsbereich. Die meisten dieser Gruppen wurden während des ersten BÜRGER- 
INITIATIVEN VERKEHRSKONGRESSES im April 1978 in Berlin(wWwest) gebildet. Sie sind in der 
Broschüre: "AK Verkehr 1978 - Bericht und Ausblick" näher beschrieben und offen für die 
Mitarbeit von Bürderinitiativen und Organisationen bis zu interessierten Einzelpersonen 
auch für die, die nicht Mitglied im Bundesverband sind. 
Der ARBEITSKREIS VERKEHR ist dezentral und themenbezogen organisiert. Die Kontaktstelle 
in Berlin hat nur vermittelnde Funktionen und ist selbst an der inhaltlichen Arbeit nicht 
beteiligt. Die bundesweite Zusammenarbeit von Bürgerinitiativen und Einzelpersonen im 
Bereich: Verkehr, Landschaf tsplanung, Stadtplanung und Umweltschutz ist erst im Januar 
dieses Jahr konkret angelaufen. Zielvorstellung ist eine längerfristige und vor allen 
Dingen kontinuierliche Zusammenarbeit. Beim ARBEITSKREIS VERKEHR handelt es sich nicht 
um eine Geschäftsstelle im üblichen Sinne. Es gibt keine hauptamtlichen Mitarbeiter, 
keine Mitglieder und keinen Vorstand. 
Bitte wenden Sie sich mit Ihren Ideen, Vorschlägen und Mi tarbeitsvorstellungen an die 
vorläufige Kontaktadresse der AG: "Planen für das Fahrradfahren": 
= nl Günther Stiller, Liebfrauenstraße 50, 637 Oberursel, Tel. 06171/57768 
. vom Bund Umwelt- und Naturschutz (BUND) 
der an die Kontaktadresse des AK VERKEHR im 88BU, Cheruskerstraße 10, 1000 Berlin 62. 
Bitte verwenden Sie für diesen Zweck (falls vorhanden) den FRAGEBOGEN zur weiteren Zu- 
3Sammenarbeit. 
Für den Überblick über die Arbeitsweise dieser und auch der anderen Arbei tsgruppen halten 
wir es für unbedingt empfehlenswert, folgende Broschüre zu lesen: 
. 
"ARBEITSKREIS VERKEHR‘ 1978 - BERICHT UND AUSBLICK 
bay DK Umanapn arm ; 
Herausgeber: AK Verkehr im 88U, September 1978 Berlin, etwa 100 Seiten, 
DIN A 4, Preis 5,- DM, Inhalt: Entstehung, Durchführung und Abschlußbe- 
Ticht des ersten Bürgerinitiativen Verkehrskongresses 1978/ erste gemein- 
Same Aktionen am’ 4.Juni 1978, Fahrraddemonstrationen in der Bundesrepublik 
und Berlin(West) / Organisation der weiteren Zusammenarbeit / ausführliche 
Vorstellung der Arbei tsgruppen des Arbeitskreises Verkehr und erste inhalt- 
liche Arbeitspapiere. 
Außerdem gibt es eine ausführliche QUELLEN- UND MATERIALSAMMLUNG mit ca. 300 Literatur- 
und Medienhinweisen und Kurzbeschreibungen auch zur Fahrradproblematik, sowie einer 
Adressenliste. Der 1. Teil (92 Seiten) kostet 5,- DM, Die Sammlung wird zur Zeit fortge- 
setzt. 
Ende des Jahres erscheint eine Kurzinformation unter der Bezeichnung: "DAS' FAHRRAD ALS 
VERKEHRSMITTEL", herausgegeben vom AK VERKEHR. Diese Information richtet sich an alle 
furkehrsteilnemmer. Sig 18t instreonders Oeecht Für dm Unteyricht An allem Sehulatafer 
für die Jugendarbeit, für die allgemeine Verkehrserziehung, für die Erwachsenenbildung 
{z.8. in Volkshochschulen), für die Gewerkschaftsarbeit, für die kirchliche Bildungsar- 
beit, für Vereine im Umwelt- und Stadtplanungsbereich, für die Parteien, die Parlamen- 
tarier und Nicht zu vergessen für die im Stadtplanungsbereich tätigen Verwal tungsinstar 
Zen, für die Arbeit in Stadtteilgruppen und Bürgerinitiativen. Vorbestellungen richten 
Sie bitte an den AK VERKEHR, Preis 0,80 DM. 
Für alle Bestellungen benutzen Sie bitte möglichst den MATERIALIEN - Bestellbooen. 
Autofahrer sind eine Minderheit ! 
Das gängige Vorurteil ist, jeder Bürger habe 
ein Auto. Aber nur 29 % aller Bürger der 
Bundesrepublik und nur 60 % Aller Haushalte 
sind motorisiert. 40 % dieser privaten Autos 
werden werktags vom erwerbstätigen Haushaltungs- 
vorstand (meistens der Mann) beansprucht und 
stehen den übrigen Familienmitgliedern nicht 
zur Verfügung. Von den Frauen haben ohnehin 
nur 35 % einen Führerschein, gegenüber 77 % 
bei den Männern 
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Im Stadtverkehr spielt das Auto deshalb auch 
nur eine ergänzende Rolle. Die nebenstehenden 
Zahlen geben davon einen Eindruck. Auch heute, 
trotz Zersiedlung, ist die Mehrzahl der Wege 
(55 %) unter drei Kilometer Entfernung. Auf 
diesen kurzen Wegen wird jedoch trotzdem viel, 
zuviel Auto gefahren. In Berlin wurden 1976 
35 % aller Autofahrten nur bis 5 km Entfernung 
zurückgelegt -—- eine Strecke für die man mit 
dem Fahrrad vielleicht 25 min benötigt! 
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Benutzung on 
in Berinn, 
In der Bundesrepublik gibt es mindestens 28 Mio 
Fahrräder. Letztes Jahr wurden fast 4 Mio ver- 
kauft, aber nur 2,1 Mio Autos. Trotzdem gibt 
es nur an 4 % der bundesdeutschen Straßen 
Radweaoae ! 
Forderungen AN PARLAMENT UND PARTEIEN (GESETZGEBUNG) 
1 Kurzfristige Bereitstellung von Sondermitteln für ein Sotortprogramm 
* bei Bund und Ländern zur Ausweisung und Herstellung von Radwegen. Es 
fehlen innerorts insgesamt. 42 000 km Radwege mit einem Investitionsbe- 
darf von 4,3 Milliarden DM ! 
2 Beginn von billigen Maßnahmen JETZT UND SOFORT: Rechtliche Absicherung 
und finanzielle Unterstützung insbesondere zur Ausweisung von Fahrrad- 
streifen und Fahrradstraßen auf vorhandenen Fahrbahnen., Investitions- 
bedarf rund 400 Mio DM noch in diesem Jahr. 
Mittel- und langfristige Finanzierung von Bauvorhaben und Forschung zu- 
gunsten der Radfahrer und Fußgänger (Änderung des Gemeindefinanzierungs- 
gesetz). 
Steuervorteile für das Auto müssen abgebaut werden und in einen Bonus für 
Fußgänger, Radfahrer und die Benutzer des öffentlichen Verkehrs umgemünzt 
werden, 
5 Werbung in Schulen und bei den Gesundheitsressorts für das Fahrrad und 
- das Gehen. Einführung des "Fahrrades auf Krankenschein", 
6 Die Richtlinien für den Straßenbau, die unter dem Einfluß der privaten 
* "Forschungsgesellschaft für das Straßenwesen" zu reinen Asphaltierungs- 
vorschriften geraten ' sind, müssen wieder Empfehlungscharakter bekommen 
mp und den Fußgängern und Radfahrern oberste Priorität einräumen. Die Bürger- 
initiativen werden in nächster Zeit dazu Vorschläge unteı breiten 
7. Den Bürgern darf das im neuen Bundesbaugesetz angeregte Mitspracherecht 
* bei der Gestaltung ihrer Straßen nicht vorenthalten werden. 
Forderungen An PLANER UND BEHÖRDEN 
1. Einrichtung von Planungsabteilungen für Fußgänger-und Radfahreranlagen. 
Konsequenter Umweltschutz erfordert nicht nur eine umweltverträgliche 
Abwicklung des notwendigen Verkehrs, sondern auch eine Planungsstrategie 
die lange Wege zwischen Wohnen und Arbeiten, Einkaufenund Erholen usw ver- 
hindert und somit das motorisierte Verkehrsaufkommen insgesamt vermindert. 
Es soll ein durchdachtes, zusammenhängendes Radwegenetz angelegt werden, 
das Arbeitsplatzschwerpunkte, Wohngebiete, Nebenzentren, Schulen, Schwimm- 
bäder, die City, Grün- und Erholungsgebiete verbindet. Wegweiser und Parb- 
gebung erleichtern die Orientierung. 
Radwegsystem muß insbesondere in der Innenstadt ganze Straßenzüge umfassen, 
das heißt Nebenstraßen werden als FAHRRADSTRASSEN ausgeschildert. In den 
Innenstädten muß mit dem Radwegebau begonnen werden. 
Radfahrwege sind radfahrgerecht auszubilden, das heißt ohne Stufen,Hinder- 
nisse, mit weiten Radien und stoßfreien Auffahrten. Radwege dürfen nur im 
Sonderfall schmaler als 2 m sein und müssen ein gefahrloses Überholen der 
Radfahrer untereinander erlauben. Im Kreuzungsbereich und in engen Stra- 
ßen bietet die Anlage von aufgemalten FAHRRADSTREIFEN mehr Sicherheit, 
Radfahrer müssen vor den Abgasen der Autos geschützt werden und durch an- 
genehme, geräuscharme Umgebung fahren können. Wir fordern die Anlage von 
Radwegen in Parks, Grünanlagen, an Kanälen und anderen Wasserläufen ‘ 
("GRÜNE RADWEGE"). Radwege in den Hauptverkehrsstraßen und Geschäftsstraßen 
sind trotzdem erforderlich, 
Radfahren und die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel müssen ein 
Verbund werden. Die Verkehrsbetriebe sollen diebstahlsichere Parkunter- 
stände oder Fahrradaufbewahrungen an den Bahnhöfen und sonstigen Halte- 
stellen installieren und so einen Zubringerverkehr ermöglichen, Außer- 
dem soll die Möglichkeit der Fahrradbeförderung wie bei der Bundesbahn 
auch bei U- und S-Bahnen angeboten werden, ebenso bei Intercity-Zügen. 
Leichtzugängliche, verschließbare Unterstellmöglichkeiten müssen bei Be- 
hörden und öffentlichen Einrichtungen geschaffen werden. Durch Änderung 
der Bauordnung müssen ebenerdige Abstellplätze in den Häusern vorgeschrie- 
ben werden. 
Gleichzeitig muß der Erschließungsgrad für den Autoverkehr 
vermindert werden:! keine neuen Stadtautobahnen und Straßenverbreiterun- 
gen, kostengerechte Parkgebühren (ein innerstädtischer Parkplatz kostet 
Dis zu 200.000 DM !), Radwege auf Kosten der Fahrbahn anlegen und verengte 
Bürgersteige wieder verbreitern, Geschwindigkeitsbegrenzungen auf 80 km/h 
außerorts, innerorts deutlich unter 50 km/h durch angemessen schmale Stra- 
ßen, Das Bundesfernstraßennetz darf nicht auf 12.000 km (%) verdoppelt 
werden. Schallschutz muß an den Fahrzeugen selbst vorgenommen werden. 
Forderungen AN FAHRRADHERSTELLER UND ZUBEHÖRINDUSTRIE 
Es sollen wieder Fahrräder mit größerer Lebensdauer hergestellt werden: 
Schlagfester Lack, keine frühzeitige Korrosion an Cromteilen, Reifen, die 
länger als 1000 km halten, solide Speichen, Felgen und Tretl ager. Die 
Montage ist oft (insbesondere bei Kaufhausrädern) mangelhaft: es klappert 
und funktioniert nicht. Das Bordwerkzeug ist meist unbrauchbar. Insbesonde- 
re Kinderräder haben gefährliche Kanten und Teile und sind unsicher. 
Entscheidende Verbesserung der Beleuchtung und Sichtbarkeit 
hellere Rückleuchte, mindestens 3x größer 
hellere Scheinwerfer, auch seitlich sichtbar 
Standlicht und aufladbare Batterie 
integrierte Sicherheitskelle, Speichenreflektoren 
serienmäßige, einklappbare (für Bahmfahrt) RÜCKSPIEGEL 
weiße hintere Schutzbleche 
”) Bequemlichkeit und Sicherheit 
- Fahrradtypen bauen mit bequemerer Sitzposition (Hollandräder) 
- Speichenschutz für Mäntel und Röcke 
Spritzschutz (evtl. reflektierend) an den Schutzblechen 
geschlossener, reperaturfreundlicher Rettenkasten, auch für Ketten- 
schaltung (10-Gang) 
leichtere Trommelbremsen, auch bei Regen wirksame Felgenbremsen 
feste, funktionssichere Ständer 
" Gepäcktransport: 
- Fahrräder anbieten, mit denen man bis zu zwei Bierkästen transport- 
ieren kann, große, leichte Gepäckträger vorne und hinten 
— zusätzliche, verschließbare Stauräume am Fahrrad 
_ Entwicklung von leichten, stabilen Gepäckanhängern
	        
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