Full text: ARCH+ : Zeitschrift für Architekten, Stadtplaner, Sozialarbeiter und kommunalpolitische Gruppen (1978, Jg. 10, H. 37-42)

und Grundstückskosten weit höher lie- 
gen.“ Diese Mieten werden durch be- 
fristete Mietsubventionen des Staates 
(objektgebundene Aufwendungszuschüs: 
se oder -darlehen) heruntersubventio- 
niert. 
® die durch den zeitlich gestaffelten 
Abbau der Aufwendungszuschüsse her- 
vorgerufene „„Mieten-Explosion’” im 
neueren Sozialwohnungsbestand. Sie 
macht sich in Abständen von 2—5 Jah- 
ren durch z.T. erhebliche Mietensprün- 
ge bemerkbar, bis nach Ablauf von 
12—15 Jahren nach Fertigstellung der 
Sozialwohnung deren Mieter mit der 
vollen Kostenmiete belastet werden 
sollen. 
® der Rückgang der Fertigstellungen 
im Sozialen Wohnungsbau gegenüber 
den 50er und 60er Jahren, und die 
Aufspaltung in den sogenannten Er- 
sten und Zweiten „Förderungsweg”” 
seit 1966: Im Jahre 1976 waren nur 
noch ca. 70 000 der 128 000 geförder- 
ten Sozialwohnungen ‚echter‘ Sozia- 
ler Wohnungsbau für innerhalb der Ein- 
kommensgrenzen des 2. Wohnungsbau- 
gesetzes wohnberechtigte Sozialmieter® 
die übrigen 58 000 Wohneinheiten wa- 
ren öffentlich geförderte Ersatzwoh- 
nungen für Höherverdienende, die eine 
Sozialwohnung räumten. Die Anzahl 
„echter’”” Sozialwohnungen (1. Förde- 
rungsweg) unter den jährlichen Fertig- 
stellungen sank von 300.000 im Durch- 
schnitt der 50er Jahre auf ca. 70.000 
im Jahre 1976, ihr Anteil am gesamten 
Wohnungsbau von zwei Dritteln im 
Jahre 1952 auf ein Sechstel 1976 
(Abb... 1). 
Die Fachdiskussion, die seit geraumer 
Zeit um die Krisenerscheinungen und um 
eine Reihe technokratischer Reformkon- 
zepte geführt wird, wird fast ausschließ- 
lich von Vertretern der Administration 
der Wohnungswirtschaft bestritten. Ihre 
Kritik beschränkt sich in der Regel denn 
auch darauf, den um 1960 eingeleiteten 
Wechsel des Förderungssystems als Kri- 
senursache technokratischen Fehlent- 
scheidungen zuzuschreiben, wie z.B. 
der irrtümlichen „Erwartung, die durch 
den Subventionsabbau steigenden Mieten 
würden aus dem ständig steigenden Net- 
to-Einkommen gezahlt werden können”® . 
Außerdem seien die Folgen dieses ‚,Irr- 
tums”’ für Hunderttausende von Sozial- 
mieterhaushalten, die 12-15 Jahre nach 
Fertigstellung ihrer Wohnung mit der 
vollen Kostenmiete belastet werden 
sollen, „politisch nicht gewollt”’.7 
Demgegenüber wird aus einer Analy- 
se der Finanzierungsbedingungen und 
der Mietenentwicklung im Sozialen 
Wohnungsbau seit Anfang der 50er .Jah- 
re deutlich, daß der Wechsel des Förde- 
rungssystems lediglich einen Schritt in- 
nerhalb einer kontinuierlich durchgeführ- 
ten Demontage darstellte. 
DIE DEMONTAGE DES SOZIALEN WOHNUNGSBAUS 
ANTEIL DER SOZIALWOHNUNGEN 
AM WOHNUNGSBAU DER BRD” 
IN TSD. UND % 
HYPOTHEKEN- 
ZINSEN 
ANTEIL OFFENTL. 
MITTEL AN DER 
FINANZIERUNG DES 
SOZ. WOHNUNGBAUS 
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ANTEIL DER OFF 
MITTEL AN DEN 
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301 51% 1959 
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478 34] 102 ]21% 1970 
554 32]116 ]21% 1971 
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714 os 16% 1973 
604 17% 1974 
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10 17% 1976 
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2. FÖRDERUNGSWEG 
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1953 [5,0] 
2554. Ce] 
1955 
1957 [3,5] 
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1959 [3,8 
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1961 [3,2 
1962 [3.0] 
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197 
STATISTISCHES BUNDSESAMT (JAHKBÜCHER) 
VOHNUNGSWIRTSCHAFTLICHES JAHRBUCH 1975/76 
JONATSBERICHTE DER DEUTSCHEN BUNDESBANK 
SIGENE BERECHNUNGEN 
Abb. 1: In der synoptischen Darstellung des Sozialen Wohnungsbaus im gesamten Woh- 
nungsbau und der sich wandelnden Finanzierung werden Ablauf und Wirkung des Demon- 
tage-Prozesses verdeutlicht. Die Demontage, die gegen Ende der 50er Jahre beginnt, tritt 
um 1966/67 in die entscheidende Phase (Große Koalition in Bonn). Der Anteil der für 
den Sozialen Wohnungsbau bestimmten Mittel an den öffentlichen Haushalten sinkt von 
2,2% im Jahre 1966 auf 0,7% im Jahre 1971. Das hat zur Folge, daß der Anteil niedrig 
verzinster öffentlicher Mittel in der Finanzierung des Sozialen Wohnungsbaus im gleichen 
Zeitraum von 32% auf 10% reduziert wird. Seither überwiegen die Mittel des Kapital- 
markts, deren Anteil in den 50er Jahren noch unter 30% lag, zwischen 1966 und 1971 
dagegen von 39% auf 60% der Gesamtfinanzierung angestiegen ist. Im Zusammenwirken 
mit dem überdurchschnittlichen Steigen der Baupreise, die von 1962 bis 1972 doppelt so 
rasch anstiegen wie die Lebenshaltungskosten und der extremen Verteuerung der Hypo- 
thekenzinsen zu Beginn der 70er Jahre mußte die derart vorprogrammierte Steigerung 
der Kostenmieten im Sozialen Wohnungsbau besonders hoch ausfallen. Die „„Mietenver- 
zerrung”” und das Ausmaß der „„‚Mietenexplosion” sind die direkten Folgen dieser Ent- 
wicklung, ebenso der Rückgang der jährlich fertiggestellten Sozialwohnungen. 
2. Die Demontage des Sozialen Woh- 
nungsbaus 
aus dem Jahre 1950, in dem ein auf 6 
Jahre und 1,8 Mio. Wohnungen be- 
schränktes Förderungsprogramm fest- 
gelegt wurde. Damit befand sich ein Teil 
der Wohnungswirtschaft als einziger Be- 
reich der Volkswirtschaft vorübergehend 
in staatlicher Regie, was nur unter dem 
Druck der Verhältnisse zu verstehen ist: 
Bei Gründung der BRD im Jahre 1949 
fehlten infolge der Kriegszerstörungen, 
des kriegsbedingten Rückgangs des 
Wohnungsbaus und des Zustroms von 
Vertriebenen und Umsiedlern insgesamt 
5,5 Mio. Wohnungen? . Das Wohnungs- 
elend in den zerstörten Städten behin- 
Im wohnungspolitischen Leitbild al- 
ler Bundesregierungen seit 1949, näm- 
lich der „Überführung des Wohnungswe- 
sens in die soziale Marktwirtschaft”, von 
dem auch die sozialliberalen Regierun- 
gen kaum abgewichen sind, ist die Wie- 
der-Abschaffung der nach dem Krieg 
notwendig gewordenen massiven Woh- 
nungsbau-Förderung durch den Staat 
bereits enthalten. 
Am Anfang des Sozialen Wohnungs- 
baus stand das 1. Wohnungsbaugesetz
	        
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