Full text: ARCH+ : Zeitschrift für Architekten, Stadtplaner, Sozialarbeiter und kommunalpolitische Gruppen (1979, Jg. 11, H. 43-47, [48])

die aus dem Verein hervorgeht, wahlweise 
genossenschaftliche Nutzungsrechte anzu- 
bieten. 
2. DER GRUNDERWERB 
Eine Subventionierung des Grunderwerbs 
ist wegen der nachteiligen Auswirkung für 
die Bodenpreisentwicklung abzulehnen. 
Die Erwerbskosten müssen i.a. dem Kapi- 
talwert der Mieten des jeweiligen Gebäudes 
entsprechen. Zur Deckung und zur Befrie- 
dung des Wohnbedarfs der Mitglieder, 
die eine neue Wohnung suchen, ist außer- 
dem eine Mindestzahl von verfügbaren 
Wohnungen des Vereins erforderlich. 
Die Prüfung beider Bedingungen (Preis 
und Mindestzahl der angebotenen Grund- 
stücke bzw. Wohnungen) erfordert eine 
Analyse des betreffenden Mietwohnungs- 
und Immobilienmarktes. Eigene Erhebun- 
gen4 zu Punkt 1 geben Hinweise, daß der 
Grundstückspreis von älteren Mietwohn- 
gebäuden minderer Wohnungs- und Wohn- 
umfeldqualität in der Tat in etwa dem 
Ertragswert, errechnet auf der Basis der 
ortsüblichen Vergleichsmieten, entspricht 
und bei Ausländerhäusern aufgrund der 
dort um ca. 1,— DM/qm überhöhten Mie- 
ten z.T. noch unter dem Kapitalwert der 
Mieterträge liegt5. 
Grundstücke bzw. Altbauwohnungen, 
die ‘nach Lage, Schnitt und Größe’6 den 
Ansprüchen gehobener Einkommensgrur- 
pen genügen, erzielen dagegen Preise, die 
um 30—40 v.H. über dem Ertragswert auf 
Vergleichsmietenbasis liegen. Finanzierung 
des Grunderwerbs aus den Mieten wie 
oben vorausgesetzt und marktkonformes 
Verhalten der Veräußerer unterstellt, sind 
folglich nur minderwertige Objekte, die 
gehobenen Wohnansprüchen nicht genügen. 
für den Aufkauf geeignet. 
Die Preisdifferenz bei den Grundstücks- 
typen ist Ausdruck der Differenz zwischen 
der Zahlungsfähigkeit der vorhandenen Be- 
wohner (Vergleichsmiete) und der der neu- 
en Nachfrager. Soweit bei solchen Objek- 
ten der im Kaufpreis vorprogrammierten 
Verdrängung der vorhandenen Bewohner 
nicht planungsrechtlich durch M//jieusat- 
zung! vorgebeugt wird, tritt eine ‘Anhe- 
bung der Mieterstruktur’8 ein, Bei konse- 
quenter Anwendung der Satzung in Ver- 
bindung mit dem Vorkaufsrecht zur Siche- 
rung städtebaulicher Erhaltungsziele nach 
8 24a BBauG, nähert sich der Grundstücks 
wert dem Ertragswert. Wenn die Aufkauf- 
lösung oben auf durch Ratsbeschluß fest- 
gelegte Erhaltungs- und Sanierungsgebiete 
beschränkt wurde, entfaltet diese Zielset- 
zung eine Rechtswirkung für die Grund- 
stücksbewertung nach & 142 BBauG als 
‘rechtliche Gegebenheit’ nur, wenn sie in 
Form einer Milieusatzung konkretisiert 
wird, Die dadurch bewirkte Limitierung 
der Grundstückspreise auf den Kapitalwert 
der Miete ist Voraussetzung für jede Auf- 
kauflösung. Andernfalls wird der Kreislauf: 
Förderung des Grunderwerbs, Anziehen 
der Bodenpreise, etc. in Gang gesetzt und 
der Ansatz hebt sich vermittels Auslösen 
der Bodenpreisschraube selbst auf. Erheb- 
liche Verdrängungsprozesse sind dann 
nicht mehr zu vermeiden. Unter dieser Be- 
dinaung ist die Aufkauflösung im qgesam- 
ten Geltungsbereich der Satzung möglich 
und zugleich notwendiger Bestandteil der 
Erhaltungspolitik. Denn umgekehrt kann 
die Gemeinde vom Vorkaufsrecht wiede- 
rum nur Gebrauch machen, wenn sie nicht 
auf den Grundstücken sitzen bleibt und 
ihren Etat mit den Aufkäufen nicht bela- 
stet, d.h. wenn ein kaufbereiter Dritter vor 
handen ist, zu dessen Gunsten die Gemein- 
de das Vorkaufsrecht nach 8 27a BBauG 
ausüben kann und der Gewähr für die Ein- 
haltung der gemeindlichen Erhaltungsziele 
bietet. Da außerdem das Vorkaufsrecht 
nach 8 24a i.V. mit 8 39h Abs. 3, Ziff. 3 
BBauG das einzige Rechtsinstrument zur 
Durchsetzung des Milieuschutzes, d.h. zur 
Verhinderung von Verdrängungsprozessen 
ist, bedarf wirksamer Milieuschutz in jedem 
Fall ergänzend zur Anwendung des Vor- 
kaufsrechts einer funktionierenden Auf- 
kauflösung. 
Durch Restriktion, daß der Grunder- 
werbspreis den Kapitalwert der Mieten 
nicht übersteigen darf, ist der Anwendungs- 
bereich der Aufkauflösung 
a) auf einen Immobilien-Teilmarkt minder- 
wertiger Objekte oder 
b) auf den Geltungsbereich einer Milieu- 
satzung, förmlich festgelegten Sanie- 
rungsgebiete jeweils inbegriffen9, be- 
schränkt. 
Im ersten Fall ist der Erwerb durch freien 
Vertrag möglich, im zweiten durch Ausü- 
bung des Vorkaufsrechts und in Sanie- 
rungsgebieten qua gemeindlichem Grund- 
erwerbsrecht. 
Die Übertragung im Rahmen des Vor- 
kaufs- bzw. Grunderwerbsrechtes und von 
Sanierungsgrundstücken der Gemeinde an 
den Verein bzw. die Bewohnergenossen- 
schaft ist an folgende Voraussetzungen ge- 
bunden: 
Erwerb durch Vorkaufsrecht nach S 24a 
BBauG10O 
Das Vorkaufsrecht ist qua Gesetz im gesam- 
ten Gemeindegebiet gültig und nicht an eine 
Erhaltungssatzung gebunden. Die Erhaltungs- 
satzung wirkt sich als ‘rechtliche Gegebenheit 
jedoch im Falle der Verkehrswertermittlung 
analog einem Bebauungsplan grundstückspreis 
limitierend aus, 
Als objektive Anwendungsvoraussetzung 
genügt die Festsetzung der Erhaltungsziele 
durch Ratsbeschluß. Das Vorkaufsrecht wird 
bei jeder Art von Beeinträchtigung der Wohn: 
bedingungen der vorhandenen Bevölkerung, 
die in Zusammenhang mit dem Grundstücks- 
verkauf stehen (nicht nur baulichen, wie Ab- 
bruch), wirksam, das ergibt & 24a, Satz 1 i.V 
m, & 39h Abs. 3, Ziff. 3. 
Es müssen seitens des Erwerbers jedoch 
Tatsachen vorliegen ‚, ... die die Annahme 
rechtfertigen, daß durch den Erwerb des 
Grundstücks und der damit verfolgten 
Zwecke die in & 39h bezeichneten Belange 
beeinträchtigt werden” (& 24a BBauG). Für 
diese Tatsachen ist die Gemeinde beweis- 
pflichtig. Der Auffassung von DYONG, wo- 
nach die Zurückweisung einer Verpflichtungs- 
erklärung, in der dem Erwerber die Erhaltungs 
ziele auferlegt werden sollen, nicht bereits Tat 
sache i.S. des & 24a ist, sondern solche Tatsa- 
chen ohne äußeres Dazutun vorliegen müssen. 
ist jedoch nicht zuzustimmen, Denn auf die- 
se Weise kann ein Erwerber durch Stillschwei- 
gen während der zweimonatigen Vorkaufs- 
frist das Vorkaufsrecht umaehen obwohl er 
eine den Erhaltungszielen zuwiderlaufende 
Grundstücksverwertung beabsichtigt und nach 
Fristablauf mangels weiterer Sanktionsmög- 
lichkeiten auch realisiert. 
Die Vorkaufsrechte nach 88 24, 25 und 
25a BBauG sind für den Erwerb von entspre- 
chend dem geltenden Planungsrecht bebau- 
ten und genutzten Grundstücken ausgeschlos- 
sen (& 24 Abs. 2, Ziff. 1 BBauG). 
Erwerb über Grunderwerbsrecht der Ge- 
meinde nach 8 18 StBauFG 
+ 
Die Gemeinde kann „die rechtsgeschäftliche 
Veräußerung eines Grundstückes’’ (& 15 Abs. 1 
Ziff. 1 und 8 18 Abs. 1, Satz 1 StBauFG) ver- 
sagen, „wenn Grund zu der Annahme besteht, 
daß ... der Rechtsvorgang oder die mit ihm er- 
kennbar bezweckte Nutzung ... dem Sanierungs: 
zweck zuwiderlaufen’” (& 15 Abs. 3, Satz 1 
StBauFG). 
Soweit nun das Sanierungsgebiet im Gel- 
tungsbereich der Milieusatzung liegt oder der 
Milieuerhalt explizit Sanierungsziel ist, sind 
damit für die Ausübung des Grunderwerbs- 
rechts nach 8 18 StBauFG als auch des Vor- 
kaufsrechts nach 8 24a BBauG die gleichen 
objektiven Anwendungsvoraussetzungen (kom: 
munale Ziele) gegeben. Auch die subjektiven 
Anwendungsvoraussetzungen (Beeinträchti- 
gung der Ziele in Zusammenhang mit der 
Grundstücksveräußerung) gleichen sich nach 
dem Wortlaut beider Paragraphen (S 18 
StBauFG: ‚, ... wenn Grund zu der Annahme 
besteht, ...‘”; 8 24a BBauG: ‚, ... wenn Tatsa- 
chen die Annahme rechtfertigen, ...”’), so 
daß bei gleich gelagerten Fällen im Sanierungs- 
gebiet alternativ zum Vorkaufsrecht nach 
S& 24a BBauG auch das Grunderwerbsrecht 
ausgeübt werden kann und umgekehrt. Das 
Grunderwerbsrecht nach & 18 StBauFG stellt 
daher gegenüber dem Vorkaufsrecht nach 
8 24a BBauG keine neue Variante des Grund- 
erwerbs dar. 
Erwerb von Sanierungsgrundstücken der 
Gemeinde 
Nach dem StBauFG (825) unterliegt die Ge- 
meinde bezüglich von ihr erworbener Grund- 
stücke gegenüber den Alteigentümern der 
Reprivatisierungspflicht, wenn 
® die Grundstücke nach der förmlichen 
Festlegung freihändig und nicht durch 
Vorkaufsrecht bzw. Enteignung erwor- 
ben worden sind, 
die Alteigentümer ein Reprivatisierungs 
interesse haben und 
in dem Umfang bauwillig und baufähig 
sind, wie das zur Erreichung der Sanie- 
rungsziele notwendig ist. 
Sind die Reprivatisierungsbedingungen nicht 
gegeben, kann die Gemeinde die Veräuße- 
rung „, ... nach Möglichkeit vor einer Be- 
bauung an Bauwillige vornehmen, die glaub- 
haft machen, daß sie die Grundstücke inner- 
halb angemessener Frist ... bebauen ...”” (S 25 
Abs. 2 StBauFG), wobei die Modernisierung 
dem Bebauen gleichzusetzen ist. Der Verein 
fungiert in diesem Falle als bauwilliger Drit- 
ter, dem das Grundstück durch Bestellung 
z.B. eines Erbbaurechts übertragen wird. 
Verkaufsbereitschaft der Eigentümer 
Darüber hinaus muß eine gewisse Verkaufs- 
bereitschaft der Eigentümer von minderwer- 
tigen Objekten bestehen, um den Mitglie- 
dern des Vereins laufend Wohnungen be- 
reitstellen zu können. Minderwertige Wohn- 
grundstücke wurden bisher, soweit sie über- 
haupt auf den Markt kamen, überwiegend 
von der Gemeinde aufgekauft. Unter Bei- 
behaltung der Wohnnutzunag des Gebäudes
	        

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