Archäologischer Fahrstuhl (Zeitma-
schine)
Im Inneren des Säulenschaftes, unter
dem Cafe, führt ein Fahrstuhl in einem
gläsernen Schacht durch die einzelnen
Schichten der Müllablagerungen bis hi-
nab zur Endmoräne, beginnend im Jah-
re 1967 und endend 1950. Ein TV-ge-
schnittenes Fenster (oder ein TV-Moni
tor) gewährt einen realen Eindruck (o-
der eine Illusion) des Zurückgleitens in
die Geschichte des Wiederaufbaus.
tell einer riesigen dorischen Säule ist frei-
gelegt worden. Fragen sind offen über
den Standort der Säule, den Boden, auf
dem sie steht, die Dimension der Säule
und der An/age, deren Teil sie möglicher
weise war, die Gese//schaft , die sie her-
vorgebracht hat, die Natur und Konsi-
stenz der Ab/agerungen, durch die sie ver
schüttet wurde. Kommentar von Bewoh-
nern: „Ist doch ganz klar. Die Berliner
haben ihre Siegessäule, und wir haben
dann unsere Lübarser Säule1”
DAS KONZEPT:
Funktional: Das Restaurant ist als Rund-
bau ausgebildet. Die Säulen-Kanneluren
sind mit Fenstern nach allen Seiten hin
durchbrochen und lassen den Besuchern
die Wahl der Aussicht.
In der Mitte des Restaurants Tresen,
Garderobe, WC, darüber für stark frequen-
tierte Zeiten eine Galerie. Wirtschafts- und ©
Personalräume im Untergeschoß. Große
Freiterrassen sind nach SW orientiert. Die
Kopfplatte der Säule (Abakus) ist als
Aussichtsplattform ausgebildet, die über
eine Außentreppe erreichbar ist. 8 m hoch
über dem Gelände, gestattet sie einen
herrlichen Rundblick über Fließ-Tal und
Spree-Tal. Im Inneren der Säule ist ein
Schacht (mit Treppen oder Fahrstuhl)
aus Plexiglas vorgesehen, der bis zur End- ©
moräne herabführt und die einzelnen
Schichten der Müllablagerung freilegt.
Symbolisch: Die Aura der Säule ver-
weist auf einen fiktiven Mythos, durch
dessen Entschlüsselung (Deutung) die rea-
len Bedeutungsebenen des Ortes sichtbar
werden:
o Eine dorische Säule — erste architekto-
„
“ische Ausprägung der klassischen
abendländischen Kultur und zugleich
deren Symbol — ist plaziert im kon-
zeptuell-geographischen Schnittpunkt
zwischen Alt- und Neu-Berlin, Natur
und Kultur, West und Ost, ...
Sie steht auf uraltem geologischem
„Müll’’: einem Findlingsfeld als Ge-
röllablagerung der Endmoräne.
Ihre Dimension löst surrealistische
Assoziationen aus. Historische Vor-
läufer sind: Ledoux (Nachfolge) —
Säulen-Fuß-Ruine als Wohnhaus
(um 1800). Adolf LOOS, Dorische
Säule als Wettbewerbsentwurf für das
Hochhaus der Chicago Tribune, 1928,
als Fragment steht sie für SCHINKELs
klassizistisch-metropolitanes Berlin und
für dessen Zerstörung.
Kultur-Ruinen-Stätte vom Abfall der
Nachkriegskultur verschüttet: Symbol
der Stadtkultur erstarrt zur Müll-Säule.
Heiratsstempel der Frisch-Vermählten
der neuen Gesellschaft.
Berlin-Punk: Geo-Müll, Kultur-Müll,
Wohlstands-Müll, Ideologie-Müll (Mauer)
Architekten-Müll (MV) — Heimat Ka-
putt? Berlin-Schizzo!
JURY-ENTSCHEIDUNG:
Die Jury glaubt fest an das, was der Name
Gipfelplateau assoziieren soll. Und folge-
richtig fügt man unserem Symbolzeichen
eine aggressive Wertigkeit zu, indem man
die „Geste, eine Säule umgekehrt, mit
dem Fuß nach oben (!), in einen Berg
zu stecken, zutheatralisch” findet. Daß
man sich dabei eines peinlichen Tricks be-
dient und den von uns so konzipierten
dorischen Säulenkopf (die Assoziation
der Zuschüttung der Säule war schon be-
absichtigt) als Säulenfuß bezeichnet (die-
se Unterscheidung sollte wenigstens den
Leuten vom Bau geläufig sein), wird ver-
ständlich, da durch die Umkehrung un-
seres Symbolbildes zu einem der aggres-
siven Penetration jeder die Hände schüt-
zend vor die von uns symbolisch so be-
drohte Natur halten muß.
Die Entscheidung fällt zugunsten
einer konventionell guten Architektur,
die dem gewollten Bild von gewachsener
Natur entspricht und sich der Bergkuppe
unauffällig einfügt, ohne auch nur an-
nähernd auf die power des Ortes zu rea-
gieren.