3. MIETBEGRENZUNG UND
INSTANDHALTUNGSINVESTI—
TIONEN
Fragt man danach, unter welchen Bedin-
gungen ein Hausbesitzer mehr in sein
Haus investieren würde, so finden 42%
die Aufhebung von Mietbegrenzungen
„wichtig”. Korreliert man jedoch die Hö-
he der Mieteinnahmen pro qm und die
Höhe der Instandhaltungsaufwendungen
der letzten zehn Jahre pro qm, so erge-
ben sich keine oder doch nur geringe Zu-
sammenhänge (r = 0,10). Dagegen variie-
ren die Instandhaltungen erheblich damit,
ob Eigennutzung vorliegt (1,— DM/qm)
oder nicht (0,70 DM/qm). Zugleich sind
bei Eigennutzung des Miethauses die Mie-
ten signifikant niedriger, Es muß daher
bezweifelt werden, ob Mietbegrenzungen,
selbst wenn sie vorhanden wären, die In-
standhaltungs- und Modernisierungsinvesti-
tionen derart, wie oft behauptet, beein-
flussen.
4. DIE RELEVANZ DES MIET-
SPIEGELS
In Mannheim sind mit relativ großer
publizistischer Begleitung bislang drei
Mietspiegel veröffentlicht worden (1973,
1975, 1977). Dennoch nennen nur 12%
der Hausbesitzer als Grund zu einer Miet-
erhöhung den Mietspiegel. Kostengesichts-
punkte oder einfach die Gelegenheit zur
Mieterhöhung bei Mieterwechsel werden
weit häufiger genannt (33% bzw. 20%).
33% der befragten Hausbesitzer kennen
den Mietspiegel nicht — bei den Hausbe-
sitzern, die jünger als 50 Jahre sind, sind
dies 28,9%, bei denen, die älter als 65 Jah-
re sind, 41,9%. Die zweitgrößte Gruppe
hält den Mietspiegel! für unerheblich (29%):
als Erleichterung für Mieterhöhungen
empfinden 24% den Mietspiegel, eine Er-
schwerung geben lediglich 10,3% an. Die
Mietspiegel sind also entweder unbekannt
oder werden als unerheblich empfunden
oder als ein Instrument zur Mieterhöhung.
5. MIETSPIEGEL: INSTRUMENT ZUR
MIETERHÖHUNG ODER MIET-
BEGRENZUNG?
Nur wer schon relativ hohe Mieteinnah-
men erzielt, gibt an, daß die ortsübliche
Vergleichsmiete die Mieterhöhung er-
schwert. Die Gruppe, die den Spiegel als
Erleichterung empfindet, hat unterdurch-
Schnittliche Mieten. Das Instrument der
ortsüblichen Vergleichsmiete führt so zu
einer Kappung von Mietspitzen, zugleich
zu einer Erhöhung eines Großteils von
Mieten.
6. SELEKTIVE EFFEKTE AUF BE-
STIMMTE HAUSBESITZER-
GRUPPEN
Das Urteil, ob der Mietspiegel eine Miet-
erhöhung erleichtert oder erschwert,
steht in keinem Zusammenhang mit der
Qualität des Hausbesitzes, dagegen ist
der Anteil derer, die den Mietspiegel als
eine Behinderung empfinden, in der Grup-
pe von Hausbesitzern mit neueren Häu-
sern (jünger als 18 J.) größer als in der
mit älteren Häusern. Dies liegt jedoch
nicht nur an der Höhe der Mieten in neue:
ten Häusern, sondern mehr noch daran,
daß neuere Häuser in einem stärkeren
Ausmaß erwerbsmäßig bewirtschaftet
werden, während etwas ältere Häuser zu
einem höheren Anteil der Eigennutzung
dienen.
nach oben bewegt. Dem vom Interessen-
standpunkt der Mieter her gesehen doppel-
deutigen Charakter des Gesetzes kann
man m.E, nur dadurch begegnen, daß
man die positive Seite verteidigt (Verbes-
serung der Wohnsicherheit) und alles un-
ternimmt, die negativen Seiten (Mieten-
anstieg) zu bekämpfen.
Nachtrag
7. EFFEKTE AUF DEM IMMOBILIEN-
MARKT
Nach Mitteilung des Bonner Städtebau-
instituts sind die Mieten im letzten Jahr
seit längerem wieder stärker gestiegen als
die Lebenshaltungskosten. Während der
Index für die Gesamtlebenskosten um
2,3% stieg, lagen die Mieten um 2,75%
höher als im Vorjahr. Die Verteuerung
der Altbauwohnungen war besonders
hoch (3,2%), die der Sozialwohnungen
mit 2,4% relativ niedrig. Die Mieten von
Neubauwohnungen stiegen um 27%. 16
Die geringere Rentabilität des Hausbesit-
zes müßte sich in einer geringeren Nei-
gung niederschlagen, ein Haus zu erwer:
ben. Die Bereitschaft, ein Miethaus zu
<aufen, ist dagegen über die Jahre hin-
weg konstant. Von den untersuchten
Hausbesitzern haben ihr Haus gekauft:
1968/69 9,9% (14)
1970/71/72 10,6% (15)
1973/74 10,6% (15)
1975/76/77 10,6% (15)
Das heißt mit anderen Worten, daß die
Bereitschaft, ein Miethaus zu kaufen,
nach Inkrafttreten des Wohnraumkündi-
gungsschutzgesetzes nicht gesunken ist.
Anmerkungen
1.
2
Süddeutsche Zeitung, Jan. 1979
Frankfurter Allgemeine Zeitung,
16. Dez. 1978
Handelsblatt (HB), 19. April 1978
HB, 11. Mai 1975
HB, 30. Mai 1978
Die Welt, 1. Juni 1978
Mannheimer Morgen, 2. Juni 1978
Johann Eekhoff, Gerhard Werth, Der
gegenwärtige Mieterschutz und eine
Alternative in Wirtschaftsdienst 1978
X1,S.557
Mannheimer Morgen, 8. Juni 1978
HB, 22. Juni 1978
HB, 23. Juni 1978
Die Welt 24. Juni 1978
Die Welt 1. Januar 1979
Im einzelnen wurden folgende Unter-
suchungen durchgeführt: 1. Sekundär-
analyse der GWZ 1968 für Mannheim;
2. Mieterumfrage 1973; 3. Mieterumfra-
ge 1975; 4. Sekundäranalyse der Mieter
umfrage 1977 des Zentrums für Umfra-
gen, Methoden und Analysen (ZUMA);
5. Umfrage bei Vermietern 1978 — diese
Umfrage wurde vom Ministerium für
Raumordnung, Bauwesen und Städte-
bau finanziert; die hier berichteten Ergeb.
nisse waren nicht Gegenstand der vertrag-
lichen Vereinbarungen mit dem BM-Bau.
Befragt wurden 438 Hausbesitzer.
Die Berechnung der Rendite wurde wie
folgt vorgenommen: Nettomeiteinnah-
men 1977 minus durchschnittliche jähr-
liche Instandhaltungs- und Modernisie-
rungsaufwendungen der letzten 10 Jahre
minus durchschnittliche Fremdkapital-
kosten bezogen auf die nominellen Eigen-
mittel, Nicht-berücksichtigt wurde die Ab-
schreibung, da in der Regel mit einem
realen Wertzuwachs und nicht mit einem
realen Wertverlust bei Mietgebäuden ge-
rechnet werden muß. Berücksichtigt man
die Abschreibungen, so liegt die Bruttoren
dite bei ca. 6%. Die Berechnung der Ren-
dite beruht auf den Angaben von 138
Hausbesitzern,.
Die Welt, 8. Januar 1979
3
3. DIE WIRTSCHAFTLICHKEIT DES
HAUSBESITZES
Q
Berechnet man die Rendite des Miethaus-
besitzes, so ergibt unsere Kalkulation bei 9
Berücksichtigung von Instandhaltungs- 10.
Kosten und den Kosten für das Fremd- 11
Kapital einen Wert von 7,6%. Allein durch 12
steuerliche Effekte ist eine Steigerung Ne
der Rendite zwischen 50 und 70% in
Rechnung zu stellen. So ist auch ohne
den Wertzuwachs Miethausbesitz nach
wie vor eine äußerst rentable Investition ! 5
Fazit
Die Argumentation gegen das Wohnraum-
kündigungsschutzgesetz gehen weitge-
hend an der Realität vorbei. Weder kann
man sagen, das Gesetz habe faktisch zu
einem Mietpreisstop geführt, noch kann
man es schlechthin mieterfreundlich
nennen. Teile der Hausbesitzer werden
durch das Gesetz gehindert, besonders
flexibel auf Marktchancen zu reagieren
und besonders hohe Renditen zu erwirt-
schaften. Für die Masse der Hausbesitzer
ist das Gesetz ohne Bedeutung, für einen
nicht unerheblichen Teil ist es nützlich,
um Mieterhöhungen durchzusetzen. Ins-
gesamt bedeutet das Gesetz für die Mieter
einen kontinuierlicheren Mietanstieg. Es
schützt sie in Ausnahmefällen vor beson-
ders hohen Mieten (Mietwucher) und
verbessert die Wohnsicherheit. Vom Ge-
sichtspunkt der Wohnversorgung her ist
das Gesetz problematisch, da es mit dem
Instrument des Mietspiegels (zur Operatio
nalisierung der ortsüblichen Vergleichs-
miete) nicht nur — eventuell — die Miet-
spitzen kappt, sondern tendenziell zu
einer Anhebung der niedrigeren Mieten
auf den Mittelwert führt, der sich seiner-
seits durch dauernde Neuabschlüsse gera-
de in dem Teilwohnungsmarkt der unte-
ren Einkommensschichten relativ schnell
15.
16
21