Full text: ARCH+ : Zeitschrift für Architekten, Stadtplaner, Sozialarbeiter und kommunalpolitische Gruppen (1979, Jg. 11, H. 43-47, [48])

3. MIETBEGRENZUNG UND 
INSTANDHALTUNGSINVESTI— 
TIONEN 
Fragt man danach, unter welchen Bedin- 
gungen ein Hausbesitzer mehr in sein 
Haus investieren würde, so finden 42% 
die Aufhebung von Mietbegrenzungen 
„wichtig”. Korreliert man jedoch die Hö- 
he der Mieteinnahmen pro qm und die 
Höhe der Instandhaltungsaufwendungen 
der letzten zehn Jahre pro qm, so erge- 
ben sich keine oder doch nur geringe Zu- 
sammenhänge (r = 0,10). Dagegen variie- 
ren die Instandhaltungen erheblich damit, 
ob Eigennutzung vorliegt (1,— DM/qm) 
oder nicht (0,70 DM/qm). Zugleich sind 
bei Eigennutzung des Miethauses die Mie- 
ten signifikant niedriger, Es muß daher 
bezweifelt werden, ob Mietbegrenzungen, 
selbst wenn sie vorhanden wären, die In- 
standhaltungs- und Modernisierungsinvesti- 
tionen derart, wie oft behauptet, beein- 
flussen. 
4. DIE RELEVANZ DES MIET- 
SPIEGELS 
In Mannheim sind mit relativ großer 
publizistischer Begleitung bislang drei 
Mietspiegel veröffentlicht worden (1973, 
1975, 1977). Dennoch nennen nur 12% 
der Hausbesitzer als Grund zu einer Miet- 
erhöhung den Mietspiegel. Kostengesichts- 
punkte oder einfach die Gelegenheit zur 
Mieterhöhung bei Mieterwechsel werden 
weit häufiger genannt (33% bzw. 20%). 
33% der befragten Hausbesitzer kennen 
den Mietspiegel nicht — bei den Hausbe- 
sitzern, die jünger als 50 Jahre sind, sind 
dies 28,9%, bei denen, die älter als 65 Jah- 
re sind, 41,9%. Die zweitgrößte Gruppe 
hält den Mietspiegel! für unerheblich (29%): 
als Erleichterung für Mieterhöhungen 
empfinden 24% den Mietspiegel, eine Er- 
schwerung geben lediglich 10,3% an. Die 
Mietspiegel sind also entweder unbekannt 
oder werden als unerheblich empfunden 
oder als ein Instrument zur Mieterhöhung. 
5. MIETSPIEGEL: INSTRUMENT ZUR 
MIETERHÖHUNG ODER MIET- 
BEGRENZUNG? 
Nur wer schon relativ hohe Mieteinnah- 
men erzielt, gibt an, daß die ortsübliche 
Vergleichsmiete die Mieterhöhung er- 
schwert. Die Gruppe, die den Spiegel als 
Erleichterung empfindet, hat unterdurch- 
Schnittliche Mieten. Das Instrument der 
ortsüblichen Vergleichsmiete führt so zu 
einer Kappung von Mietspitzen, zugleich 
zu einer Erhöhung eines Großteils von 
Mieten. 
6. SELEKTIVE EFFEKTE AUF BE- 
STIMMTE HAUSBESITZER- 
GRUPPEN 
Das Urteil, ob der Mietspiegel eine Miet- 
erhöhung erleichtert oder erschwert, 
steht in keinem Zusammenhang mit der 
Qualität des Hausbesitzes, dagegen ist 
der Anteil derer, die den Mietspiegel als 
eine Behinderung empfinden, in der Grup- 
pe von Hausbesitzern mit neueren Häu- 
sern (jünger als 18 J.) größer als in der 
mit älteren Häusern. Dies liegt jedoch 
nicht nur an der Höhe der Mieten in neue: 
ten Häusern, sondern mehr noch daran, 
daß neuere Häuser in einem stärkeren 
Ausmaß erwerbsmäßig bewirtschaftet 
werden, während etwas ältere Häuser zu 
einem höheren Anteil der Eigennutzung 
dienen. 
nach oben bewegt. Dem vom Interessen- 
standpunkt der Mieter her gesehen doppel- 
deutigen Charakter des Gesetzes kann 
man m.E, nur dadurch begegnen, daß 
man die positive Seite verteidigt (Verbes- 
serung der Wohnsicherheit) und alles un- 
ternimmt, die negativen Seiten (Mieten- 
anstieg) zu bekämpfen. 
Nachtrag 
7. EFFEKTE AUF DEM IMMOBILIEN- 
MARKT 
Nach Mitteilung des Bonner Städtebau- 
instituts sind die Mieten im letzten Jahr 
seit längerem wieder stärker gestiegen als 
die Lebenshaltungskosten. Während der 
Index für die Gesamtlebenskosten um 
2,3% stieg, lagen die Mieten um 2,75% 
höher als im Vorjahr. Die Verteuerung 
der Altbauwohnungen war besonders 
hoch (3,2%), die der Sozialwohnungen 
mit 2,4% relativ niedrig. Die Mieten von 
Neubauwohnungen stiegen um 27%. 16 
Die geringere Rentabilität des Hausbesit- 
zes müßte sich in einer geringeren Nei- 
gung niederschlagen, ein Haus zu erwer: 
ben. Die Bereitschaft, ein Miethaus zu 
<aufen, ist dagegen über die Jahre hin- 
weg konstant. Von den untersuchten 
Hausbesitzern haben ihr Haus gekauft: 
1968/69 9,9% (14) 
1970/71/72 10,6% (15) 
1973/74 10,6% (15) 
1975/76/77 10,6% (15) 
Das heißt mit anderen Worten, daß die 
Bereitschaft, ein Miethaus zu kaufen, 
nach Inkrafttreten des Wohnraumkündi- 
gungsschutzgesetzes nicht gesunken ist. 
Anmerkungen 
1. 
2 
Süddeutsche Zeitung, Jan. 1979 
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 
16. Dez. 1978 
Handelsblatt (HB), 19. April 1978 
HB, 11. Mai 1975 
HB, 30. Mai 1978 
Die Welt, 1. Juni 1978 
Mannheimer Morgen, 2. Juni 1978 
Johann Eekhoff, Gerhard Werth, Der 
gegenwärtige Mieterschutz und eine 
Alternative in Wirtschaftsdienst 1978 
X1,S.557 
Mannheimer Morgen, 8. Juni 1978 
HB, 22. Juni 1978 
HB, 23. Juni 1978 
Die Welt 24. Juni 1978 
Die Welt 1. Januar 1979 
Im einzelnen wurden folgende Unter- 
suchungen durchgeführt: 1. Sekundär- 
analyse der GWZ 1968 für Mannheim; 
2. Mieterumfrage 1973; 3. Mieterumfra- 
ge 1975; 4. Sekundäranalyse der Mieter 
umfrage 1977 des Zentrums für Umfra- 
gen, Methoden und Analysen (ZUMA); 
5. Umfrage bei Vermietern 1978 — diese 
Umfrage wurde vom Ministerium für 
Raumordnung, Bauwesen und Städte- 
bau finanziert; die hier berichteten Ergeb. 
nisse waren nicht Gegenstand der vertrag- 
lichen Vereinbarungen mit dem BM-Bau. 
Befragt wurden 438 Hausbesitzer. 
Die Berechnung der Rendite wurde wie 
folgt vorgenommen: Nettomeiteinnah- 
men 1977 minus durchschnittliche jähr- 
liche Instandhaltungs- und Modernisie- 
rungsaufwendungen der letzten 10 Jahre 
minus durchschnittliche Fremdkapital- 
kosten bezogen auf die nominellen Eigen- 
mittel, Nicht-berücksichtigt wurde die Ab- 
schreibung, da in der Regel mit einem 
realen Wertzuwachs und nicht mit einem 
realen Wertverlust bei Mietgebäuden ge- 
rechnet werden muß. Berücksichtigt man 
die Abschreibungen, so liegt die Bruttoren 
dite bei ca. 6%. Die Berechnung der Ren- 
dite beruht auf den Angaben von 138 
Hausbesitzern,. 
Die Welt, 8. Januar 1979 
3 
3. DIE WIRTSCHAFTLICHKEIT DES 
HAUSBESITZES 
Q 
Berechnet man die Rendite des Miethaus- 
besitzes, so ergibt unsere Kalkulation bei 9 
Berücksichtigung von Instandhaltungs- 10. 
Kosten und den Kosten für das Fremd- 11 
Kapital einen Wert von 7,6%. Allein durch 12 
steuerliche Effekte ist eine Steigerung Ne 
der Rendite zwischen 50 und 70% in 
Rechnung zu stellen. So ist auch ohne 
den Wertzuwachs Miethausbesitz nach 
wie vor eine äußerst rentable Investition ! 5 
Fazit 
Die Argumentation gegen das Wohnraum- 
kündigungsschutzgesetz gehen weitge- 
hend an der Realität vorbei. Weder kann 
man sagen, das Gesetz habe faktisch zu 
einem Mietpreisstop geführt, noch kann 
man es schlechthin mieterfreundlich 
nennen. Teile der Hausbesitzer werden 
durch das Gesetz gehindert, besonders 
flexibel auf Marktchancen zu reagieren 
und besonders hohe Renditen zu erwirt- 
schaften. Für die Masse der Hausbesitzer 
ist das Gesetz ohne Bedeutung, für einen 
nicht unerheblichen Teil ist es nützlich, 
um Mieterhöhungen durchzusetzen. Ins- 
gesamt bedeutet das Gesetz für die Mieter 
einen kontinuierlicheren Mietanstieg. Es 
schützt sie in Ausnahmefällen vor beson- 
ders hohen Mieten (Mietwucher) und 
verbessert die Wohnsicherheit. Vom Ge- 
sichtspunkt der Wohnversorgung her ist 
das Gesetz problematisch, da es mit dem 
Instrument des Mietspiegels (zur Operatio 
nalisierung der ortsüblichen Vergleichs- 
miete) nicht nur — eventuell — die Miet- 
spitzen kappt, sondern tendenziell zu 
einer Anhebung der niedrigeren Mieten 
auf den Mittelwert führt, der sich seiner- 
seits durch dauernde Neuabschlüsse gera- 
de in dem Teilwohnungsmarkt der unte- 
ren Einkommensschichten relativ schnell 
15. 
16 
21
	        
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