Full text: ARCH+ : Zeitschrift für Architekten, Stadtplaner, Sozialarbeiter und kommunalpolitische Gruppen (1979, Jg. 11, H. 43-47, [48])

9 Einbahnstraßen sind nur dort sinnvoll, 
wo durch andere Hindernisse das 
Tempo erheblich verlangsamt wird. 
Andernfalls fahren die Autos 
schneller, weil die Fahrer wissen, daß 
niemand entgegenkommt. 
Juristische Hindernisse: 
Die realen Hindernisse sollten mit recht- 
lichen Verkehrsbeschränkungen verstärkt 
werden: 
8 Schilder verbieten die Durchfahrt und 
erlauben nur den Anliegern die Zu- 
fahrt. 
2 Die Geschwindigkeit wird auf 30 km/ 
Stunde begrenzt. 
Schilder zeigen an, daß der Fußgänger 
auf diesen Straßen bzw. im gesamten 
Wohngebiet (niederländisch: Woonerf, 
dort 1976 gesetzlich eingeführt) das 
Vorrecht vor dem Autofahrer hat. 
Wichtig ist, daß die Schilder stets in Ver- 
bindung mit realen Hindernissen stehen. 
Andernfalls ist die Einhaltung des Ver- 
kehrsrechtes der Willkür des Autofahrers 
überlassen — und funktioniert dann häu- 
fig nicht, wenn die polizeiliche Kontrolle 
fehlt. (In solchen Straßen sieht man die 
Polizei merkwürdigerweise nur selten). 
Zu den realen und juristischen Hin- 
dernissen kommt eine dritte Kategorie 
von Hindernissen — die subjektiven, 
psychologischen Hindernisse: 
2 Die Fußgänger-Überwege werden zu: 
- sätzlich markiert: mit farbig abgeho- 
Ehe Pflasterung oder mit Ornamen- 
teh (variierande Straßenpflasterung). 
Die Bereiche vor den Haustüren wer- 
den durch Pflasterungen in die Straße 
hineingezogen, so daß der Autofahrer 
unsicher wird, ob er auf der Fahrstraße 
oder über den Bürgersteig fährt. 
Die Fahrstraße wird mit Mustern und 
Ornamenten gepflastert, damit der 
Autofahrer denkt, er befände sich in 
einem Fußgängerbereich. 
In kurzen Abständen werden Sicht- 
behinderungen angebracht: Bäume, 
Ziersträucher, Blumenkästen (mit 
schlichten Holzeinfassungen), kleine 
Pfähle, kleine gepflasterte Hügel, Ver- 
kehrsinseln mit einem Baum u.a. 
Das Prinzip: Wenn der Autofahrer sicher 
ist, seinen eigenen hindernisfreien Be- 
reich zu haben, ‚dreht er auf”. Wird er 
psychologisch unsicher gemacht, fährt 
er automatisch lanasam. 
Beispiele: Seit 1970 in Delft (vor allem im 
Westerquartier), heute in vielen niederländi- 
schen Städten (u.a. Haarlem, Utrecht, Rotter- 
dam, Amsterdam, Lelystad, Amersfoort). 
Empfehlung der Arbeitsgruppe „Wohnbe- 
reichsstraßen” des Verbandes Niederländi- 
scher Gemeinden. Seit 1977 in der BRD in 
Essen, Bochum, Oberhausen, Stuttgart, Frank- 
N CR Osnabrück, Bremen. München, Norwich 
ZUGEWINN VON FREIFLÄCHEN 
DURCH SCHRÄGPARKEN (3.8) 
In Wohnstraßen ist nicht einsehbar, 
warum die Straßenfläche zwei Fahrspu- 
ren breit ist. Eine Fahrspur kann leicht 
umgewandelt werden: zu einer platzar- 
tigen Erweiterung des Bürgersteiges. 
Dort wird Spielfläche gewonnen. Oder 
Abstellfläche für Fahrräder. Oder Bewe- 
gungsfläche für Fußgänger und für Leute, 
die miteinander reden (vgl. die Wirkung 
der alten, sehr breiten Berliner Bürger- 
steige). Oder für Baumbepflanzung. 
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Oder Blumenbeete in.schlichten Holzein- 
fassungen (keine Betonorgien! oder Aus- 
stellungen von Kunststoffprodukten!). 
Nun müssen auf der Straße auch Fahr- 
zeuge zum Parken untergebracht wer- 
den. Jeder Fünfte besitzt ein Auto (sta- 
tistischer Durchschnitt 1:4; Firmenwa- 
gen und Lkw’s stehen anderswo) — d.h. 
es müssen große Mengen von Autos un- 
tergebracht werden. Meist stellen sie 
links und rechts die gesamte Straße voll. 
Um den Parkraum in der Länge zu ver- 
kleinern, sollen die Autos dadurch gesam- 
melt werden, daß sie schräg oder senk- 
recht nebeneinandergestellt werden. Sie 
können dann zu „‚Paketen‘” zusammen- 
gefaßt werden. Dadurch bleibt ein Teil 
der zweiten Fahrbahn für die platzarti- 
gen Erweiterungen des Bürgersteiges 
frei. 
Wenn man die schrägparkenden Fahr- 
zeug-Pakete wechselnd links und rechts 
an der Straße anordnet, zwingt man die 
Autofahrer zum Kurvenfahren, d.h. zur 
Verlangsamung ihres Tempos. 
Die parkenden Fahrzeuge können 
teilweise dem Blick entzogen werden, 
wenn man auf die vorgezogenen kleinen 
Flächen, die die Straße einengen bzw. 
die Buchten bilden, Bäume oder Sträu- 
cher pflanzt. 
Lerer Parkraum kann auch zum Spie- 
len verwandt werden, 
Beispiele: Niederländische Städte. 
Literatur: 
— C.F.H. HEIMESSEN, Het spelende Kind 
in en bij de woning. T.H. Delft, afdeling 
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landse Toeristenbond ANBW. 1973. 
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menselijk woongebdied. Stichting Ruimte 
voor de Jeugd, ’s-Gravenhage 1974. 
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Woonerven. Rapport van de Werkgroep 
woonerven van de Vereniging van Neder: 
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J.,W. BAKKER/D. ten GROTENHUIS/ 
K. HAVINGA/M. de JONG, De voetgan- 
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{ANBW) 5/1975. 
Rüdiger LINDE/Edgar STREICHERT, Si- 
cherheit für den Fußgänger. Vorschläge 
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und J. 
Roland GÜNTE R/Manfred SCHOMERS 
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des Autoverkehrs durch Schrägparken, 
Straßenmöblierung und Schwellen — Maß- 
nahmen zur Verbesserung der Lebensquali- 
tät in Wohnvierteln, Werkbund Materialien- 
Dienst. Verkehr in Wohngebieten (Rosenstra- 
ße 19, 4 Düsseldorf 30). 1976. 
Roland GÜNTE R/Manfred SCHOMERS, 
Sackgassen: Werk und Zeit 25, 1976, Nr. 2 
(Kurzfassung des vorgenannten Materialien- 
Dienstes). 
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ontwerp en.omgeving 4/1976, S. 24/33. 
C. VISSER, Woonerf, oase van groen, maar 
ook van veiligheid? : Verkeerskunde 
(ANBW) 6/1976. 
Max EICHENAUER/Edgar STREICHERT/ 
Hans Henning WINNING, Stadtstraßen — 
Tradition und Erneuerung: Baumeister 6, 
1977, S. 566/70 (Verkehrsverlangsamung 
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Bureau gemeente Enschede. 1976. 
Stadt Frankfurt (Herausgeber), Verkehrs- 
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(Stadt Frankfurt) Frankfurt 1977. 
Konrad PFUND T/Volker MEWES/Rein- 
hold MAIER, Verkehrsberuhigung in Wohn- 
gebieten. Modell Köln. Mitteilungen der 
Beratungsstelle für Schadenverhütung Nr.14 
(HUK). Köln 1977. 
ADAC, Sicherheit für Fußgänger Il. Ver- 
kehrsberuhigung. Erfahrungen und Vor- 
schläge für die Verkehrsplanung in Städten 
und Gemeinden und Schlußfolgerungen 
aus dem Städtewettbewerb 1977. Heraus- 
geber: Bundesminister für Verkehr Bonn 
und ADAC München. 0.0. und J, 
Fußgängerstadt. (Callwey) München 1977 
(Sammelband). 
Rapport van de Provinciale planologische 
dienst in Zuide Holland (12 Planstudien 
u.a. Wohnbereichsstraßenanlage). 
Auskünfte über niederländische Verkehrsver- 
langsamungs-Maßnahmen: 
— Ministerie van Verkeer, afdeling Voorlich- 
ting, Plesmanweg 1/6, den Haag; Tel. 
0031-70-747474 
Gemeente Delft, afdeling Voorlichting, 
Stadhuis, Markt, Delft; Tel. 0031-15-133 
111. 
Koninklijke Nederlandse Woeristenbond 
ANBW, Verkeersafdeling, postbus 2200, 
Den Haag; Tel. 0031—70—26 44 26. 
Stop de Kindermoord, Postbus 5058, Am- 
sterdam; Tel. 0031-20-799505, 
Nederlandse Vereniging Bescherming Voet- 
gangers, Passage 61, Den Haag; Tel. 0031- 
70-450008. 
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