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| Satire ‘
Kumpel Anton zur Ruhrgebiets-
konferenz
„Antoan”, sachtä Cervinsky für mich, „„has-
se neulich dat Interfju mit mich in dat
Blättchen vonne Landesregierung gelesn? ”
„Wat”’, sarich, „‚Interfju mit dich beidä
Landesregierung? Wegen Schalke?”
„Nä, wegen dä Ruhrgebiezkonferenz.
In dat Hudelblättchen ‘Unsa Land’ odaso
wat imma vor die Wahlen unters Volk ge-
mischt werden tut. Weiße wat da drinnen
steht? Ich soll gesacht ham: „Wenn dä
Johannes Rau dat kla kricht, watter sich
forgenommen hat mit die Ruhrgebiezkon-
ferenz, für uns alle isser ’n Märchenprinz!”
„Wennze dat man glauben tun köns”,
sarich.
„Döskopp”, sachtä Cervinsky für mich,
„überlech doch ma! Seitse die Pütts zuge-
macht ham, erzälnse von die Monostruktur,
dat wa zufiel Pütts ham tun und zu wenich
Butieken undso. Noch forn paar Tagen hat
dä Johannes Rau inne WAZ gesacht, dattet
drauf ankommt, dä Monostruktur aufzulok-
kern,vonwegen die Krisenanfälligkeit. Undat
machen se jezz. Kuck doch ma! Ne runde
Miljade wolnse in die Kraftwerke stecken.
Ärstens wird dä Pütt jezz widda dä Kohlen
los, dä Stahlindustrie kricht auch widda wat
zu beißen und dä Energiewirtschaft kann
die Funzeln am brennen lassen.”
„Tja”‘, sarich, „‚abba wo ist dat denn
gegen die Monostruktur? ”
„Is doch ganz einfach”, sachtä Cervins-
ky, „die tun einfach ’n paar Kernkraftwer-
ke dazwischen, nach Unna undso, dat is
nich so mono. Und wennwa ersma „Ener-
giezentrum der Bundesrepublik” sind, wie
dä Johannes Rau dat vor hat, dann komm
die Butieken undso fonselbs.’”
„Ich denk, die woln mär für dä Umwelt-
schutz tun, hammse doch dick inne WAZ
geschriebn”’, sarich.
„Na kla!’”, sachtä Cervinsky, „damit wa
nich so fon die Industrie belästicht wärn,
tunse unsre Zechenhäuskes abreißen, von-
wegen die Abstände.”
„Abba”, sarich, „‚für dä Lebensqualität
inne Stadt wollnse echt wat tun. 500 Mil-
jonen, damit dä alten Zechengesellschaften
nich so auf die Grundstücke glucken.”
‚Jau”’, sachtä Cervinsky. „Die Pütts,
die wo in die Miesen warn, die durfte der
Staat schon 69 ham, damit die Zechenge-
sellschaften noch schön zum Wohle von
uns Kumpels die Zechenhäusken an dä
Schpekulanten verschärbeln. Und da se für
ihre Zechenplätze mit dem ganzen Müll
und Kram drauf keinen Dooven finden,
darf die Stadt se jezz kaufen. en
Und dä jungen Familien, wo die Oberbür-
germeisters so schaaf drauf sind, ham auch
wat, wose stolz drauf sein könn. ’n eigenes
Häusken, vastehse! Dä Vatta weiß wofüa
morns aufer Beeins inner Schlange steht
und amns Überstunden kloppt; die Mutta
weiß, warumse für fierfufzich putzen geht
und dä Blagen wissen, warum dat Leben
schön is. Und dat alles vonne Ruhrgebiez-
konferenz vom Johannes Rau.”
‚‚Junge”, sarich, „‚wat hasse denn nu
bei dem Interfju mit dat Hudelblättchen
von dä Landesregierung gesacht? ”
„Anton”’, sachtä Cervinsky, „‚is doch
kla, wat ich gesacht hab: ‘Wenn da Jo-
hannes Rau dat kla kricht, dat ihm die
Leute die Kiirmes mit der Ruhrkonferenz
so for den Wahlen abnämn, dann isser für
uns alle der größte Märchenonkel.” U.H.
| TEEN
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„RA - * * aus: F MM
Ruhr-Milliarden - ohne Konzept a ee Form NEW
Hilferufe an der Ruhr. Oberbürgermeister Arbeiter-Siedlungen preisgünstige und le-
konferieren, wie es im Technokraten- benswerte Wohnungen vor dem langsamen
Deutsch heißt. Mit großem Troß beraten Vergammeln geschützt werden müssen.
sie im Rathaus Castrop — insgesamt 160 Gebt ihnen eine Milliarde, macht ver-
Mann holen sich die Spesen ab. Milliarden nünftige Richtlinien, die Übermodernisie-
sollen auf das Ruhrgebiet herunterrau- rungen verhindern, schreibt als Gegenlei-
schen. Die bürgerlichen Zeitungen infor- stung für die öffentlichen Gelder die Wohn
mieren so schlecht, daß kaum ein Kumpel rechte der Bewohner fest, hindert die Bü-
im Revier begreifen kann, worum es wirk- rokratien, einen großen Teil der Summen
lich geht. selbst zu schlucken — und eine der wich-
Daß das Ruhrgebiet überhaupt „‚ent- tigsten Fragen des Ruhrgebietes läßt sich
deckt” wurde, verdankt es den Bürgerini- in den nächsten 10 Jahren klären. Zum
tiativen. Sie haben nicht nur Zechenhäu- Nutzen der Ruhr-Kumpels, _ 4 :
ser vor dem Abbruch gerettet, sondern Wenn der Bundestag zusätzlich die auf
auch das Image der Landschaft gründlich Kante liegenden unverbrauchbaren Fern-
verändert. Per Presse und Fernsehen wurde straßengelder (rund 1,6 Milliarden) für
seit 1972 offenkundig, was jeder Ruhr- Verkehrsberuhigungen in Wohnvierteln
kumpel natürlich längst wußte: daß esim (nach dem Delfter Modetl) freigibt, dann
Ruhrgebiet Lebensqualitäten in den Wohn- werden unschätzbare Lebensqualitäten
vierteln gibt, weil die Menschen kamerad- gewonnen. .
schaftlich miteinander leben, sich nicht Aber die Stadtoberhäupter lassen sich
auf ihre Obrigkeit verlassen, sondern auf vom Kumpel nicht reinreden, so sieht es
sich selbst und die Kollegen. aus. Über dem Volk, auf den Wolken
Nun haben sich die Politiker des The- schwebend, sind sie schon so weit ent-
mas Ruhrgebiet angenommen. Aber nicht, rückt, daß sie die Probleme der Menschen
um Zechenhäuser zu retten oder zu moder in der Vorstadt nicht mehr wahrnehmen.
nisieren — dieses Thema erscheint im Ka- Sie interessiert nur das Prestige der Innen-
talog der Milliarden-Forderungen bislang städte, das Interesse einiger Kaufhaus- und
an keiner Stelle. Nein, die Politiker werden Baukonzerne und ihr eigenes Denkmal, ;
vom Wahlkampf bedrängt und müssen den So werden die konzeptionslosen Milliar-
Anschein der Aktivität wahren. Daher den dem Ruhrgebiet mehr Probleme brin-
werden nun auf Teufel komm raus Sprü- gen als zuvor. Die wirklichen Verbesse-
che über das Ruhrgebiet gekloppt. Je mehr rungen werden auf der Strecke bleiben.
Konferenzen, desto mehr kostenlose Wer- Wahl-Krampf. Wetten wir, daß das
bung in den bürgerlichen Zeitungen — Thema spätestens nach der Bundestags-
desto mehr Steuern aber auch für diesen wahl vom Tisch ist? .
bombastischen Leerlauf an Spesen und Es ist zu hoffen, daß sich immer wenI-
Bürokratie. ger Menschen die Augen mit diesem Sand
Wie konzeptionslos die Milliarden rau- blind streuen lassen.
schen sollen, zeigt der „‚Wunschzettel”
der Stadtoberhäupter. Zunächst mal wird
Steuergeld verlangt, um Zechengelände
aufzukaufen — für neue Betriebe und, wie
es dann immer so schön heißt, damit also
für neue Arbeitsplätze. Doch bislang
konnte nicht einmal das vorhandene Ge-
lände an den Mann gebracht werden. Es
ist halt eine schlechte Zeit für neue Be-
triebe. Viel eher muß man vermuten, daß
mit den Steuergeldern die Zechenbarone
ihren Alt-Besitz noch einmal günstig ver-
werten können.
Die meisten Städte wollen jedoch Rats-
herren-Denkmäler bauen — wie gehabt.
Mülheim zum Beispiel: eine teure Wohn-
anlage für den gehobenen Mittelstand, na:
türlich mit Steuergeldern der Allgemein-
heit subventioniert, Eissport-Halle, Frei-
bad, Hockey-Halle, Abbruch des leerste-
henden Neckermann-Kaufhauses und Neu-
bau einer städtischen Sparkasse (statt die
Sparkasse in den Kaufhaus-Bau ziehen zu
lassen). Essen will ein neues Theater
bauen — als ob der Millionen-Etat für we-
nige Privilegierte nicht schon längst ein
Skandal sei.
Von der Wohnungsfrage redet niemand
Daß nämlich für eine Million Menschen in
Mietnebenkosten
Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß
sämtliche Kosten der Vermietung mit dem
vereinbarten Mietzins abgegolten werden;
die. Erhebung und Umlage von Nebenko-
sten durch den Vermieter ist nur aufgrund
einer klaren Vertragsvereinbarung möglich.
Unklarheiten im Mietvertrag gehen zu La-
sten des Vermieters, wenn er einen Formu-
larmietvertrag verwendet. Aus einer einmä-
ligen Zahlung von Nebenkosten kann noch
kein rechtgeschäftlicher Bindungswille des
Mieters entnommen werden, dies auch zu-
künftig zu tun.
(Amtsgericht Köln — 151 C 5191/78)
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