Full text: ARCH+ : Zeitschrift für Architekten, Stadtplaner, Sozialarbeiter und kommunalpolitische Gruppen (1983, Jg. 15, H. 67, 68, [69/70], 71, 72)

1 942 im vierten Kriegsjahr erschien die 
erste Baufibel, auch „ABC der einfachen 
Bauformen und Baukonstruktionen” 
genannt, für die Hauslandschaft Oberpfalz. 
Herausgegeben wurde sie vom Arbeitskreis 
Baugestaltung in der Fachgruppe Bauwesen 
des Nationalsozialistischen Bundes Deut- 
scher Technik (NSBDT) — er war 1938 von 
Fritz Todt als angeschlossener Verband der 
NSDAP gegründet worden; in ihm waren 
praktisch alle Architekten zusammenge- 
schlossen —, der Arbeitsgemeinschaft „Hei- 
mat und Haus” und dem Bayerischen Hei- 
matbund. Während des Baustopps für alle 
nicht Kkriegswichtigen Bauten erarbeitet, 
sollte sie Richtlinien geben für das gewaltige 
Bauschaffen nach dem Kriege: „Alle berufe- 
nen Kräfte müssen also in dieser ... Atem- 
pause vereint, einschneidende Maßnahmen 
vorbereiten. Andernfalls schlägt die Riesen- 
welle eines Werkschaffens über uns zusam- 
men, das einen neuen vernichtenden 
Schlamm der ebenso schlechten Durch- 
schnittsleistung wie bisher über unseren 
schon genug mißhandelten Heimatraum 
ergießt.”” 
Angestrebt wurde eine anständige innere 
und äußere Baugesinnung, die sich in „land- 
schaftsgebundenem und handwerksgerechten 
Schaffen, frei von engem Spezialistentum 
kundtut.”? 
Diese erste Baufibel wurde von Karl Erd- 
mannsdorffer bearbeitet. Er war lange in der 
Bauberatung des Bayerischen Landesvereins 
für Heimatschutz leitend tätig und hatte zu 
diesem Zweck eine Reihe von Werkblättern 
erstellt, die er Ende der 30er Jahre in überar- 
beiteter Fassung als „Bauberater für Siedlung 
und Eigenheim. Die Baugestaltung” heraus- 
gab. 
In dem grau hervorgehobenen Kerngebiet der 
Oberpfalz hat eindeutig die Oberpfälzer Bauweise 
Geltung, wie sie in dieser Baufibel beschrieben ist. 
in den mit grauer Schraffur versehenen Übergangs: 
zonen herrscht diese Bauweise zwar vor, doch machen 
) sich dort daneben auch stärkere Einflüsse der 
jeweils benachbarten Hauslandschaften bemerkbar. 
Die weiß gelasssenen Randgebiete der Oberpfalz 
gehören dagegen mit geringen örtlichen Ausnahmen 
zu den Nachbarlandschaften 
Das landschaftsgebundene Bauen 
Mit der Herausgabe von Baufibeln hoffte 
man, „ein wertvolles Rüstzeug für die Aufga- 
ben des Alltags, für die Erziehung des Fach- 
Nachwuchses und zur Ausrichtung der Laien- 
schaft zu gewinnen”.” Das in Wort und Bild 
so einfach und sachlich wie möglich darge- 
stellte ABC der Baugestaltung sollte inhalt- 
lich abgeleitet sein aus den Besonderheiten 
und charakteristischen Erscheinungsformen 
der verschiedenen Hauslandschaften, deren 
spezifische Merkmale einführend gekenn- 
zeichnet wurden. Die Elemente des ”land- 
schafts- oder heimatgebundenen Bauens’ 
wurden dabei definiert durch die Bindungen 
der natürlich-landschaftlichen Gegebenhei- 
ten: Klima, Baustoffe und topografische 
Situation, Wohnsitten, soziale Verhältnisse, 
Bauformen”. Ausdrücklich wurde an Haus- 
formen aus der Zeit vor 1850 angeknüpft, ehe 
die „Landflucht zur Zeit der Industrieent- 
wicklung ... einsetzte und zur Entwurzelung 
großer Menschenmassen führte und diese 
gesunde Bauentwicklung jäh unterbrach ... 
Die Geschmacksverirrung (hatte) das Haus 
und seine Einzelheiten ... und selbst die 
Möbel und kleinsten Gebrauchsgegen- 
stände”” ergriffen, so daß „in den bewußten 
6 bis 7 Jahrzehnten jede Tradition so gut wie 
völlig vernichtet”® wurde, Diese „abgeris- 
Sid Auffarth 
Baufibeln 
oder die Stabilisierung 
der „Inneren Front” 
Eine Übersicht 
sene Kette einer gesunden Entwicklung wie- 
der zu flicken, das Bindeglied einzufügen zur 
Weiterarbeit für die Aufgaben der Zukunft 
ist nun Aufgabe und Zweck der Baufibel””. 
Genauso hatte schon zu Beginn des Jahrhun- 
derts Paul Schultze-Naumburg für den Bund 
Heimatschutz argumentiert und einen 
Zusammenhang von Heimatschutz und Bie- 
dermeierstil hergestellt. 
Die Baufibeln betreffen nicht die „großen 
Denkmale der Baukunst ... Diese werden als 
höchste Spitzenleistungen einer Zeit nur ent- 
stehen können, wenn eine allgemeine Bau- 
kultur vorhanden ist, die sich im selben 
Grade bei jeder anderen, auch der unschein- 
barsten Bauaufgabe äußert”®”. Es geht dabei 
um die Werke des Alltags, schrieb Paul 
Schmitthenner: „Solange nicht der Durch- 
schnitt besser wird, nützt die beste Einzellei- 
stung nichts, die nur Höchstleistung werden 
kann, wenn sie nicht durch schlechtes Mittel- 
maß erdrückt und geschädigt wird””. 
Äußere Ordnung 
Der Aufbau der Baufibeln war einheitlich 
bestimmt worden. Auf der Grundlage einer 
qualifizierten Beschreibung der Hausland- 
schaft mit Untergruppen und Sondergebie- 
ten, Baustoffvorkommen und Ausarbeitung 
einer Karte sollte der Haustyp vorgestellt 
werden mit Grundrissen, Abmessungen, 
Dachneigungen, Baustoffen und durch cha- 
rakteristische Beispiele erläutert. Daran 
schloß sich eine reich bebilderte Darstellung 
einzelner Elemente des Hauses und des 
nahen Umfelds an, in der landschaftstypische 
Beispiele „wohlanständiger Baugestaltung” 
den häßlichen, unerwünschten gegenüberge- 
stellt sind — in der wirkungsvollen, wenig dif- 
ferenzierenden Methode, die zum erstenmal 
von P. Schultze-Naumburg in seinen Aufsät- 
zen über Kulturarbeiten im ’Kunstwart’ ab 
1900 angewandt wurde. 
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