hängigkeit von der Miethöhe, Re-
gelung der Umsetzung oder des
Wohnenbleibens, Entschädigungs-
eistungen etc., und für die Verwal-
‚ung, einschließlich der IBA, Infor-
mationen über Haushaltstrukturen,
Mietzahlungsbereitschaft, ge-
wünschten Standard in Abhängig-
keit von der Miethöhe etc. Werden
Hausversammlungen vor der Maß-
nahmeplanung in einer Vorberei-
tungsphase hauptsächlich von den
vor Ort arbeitenden (türkischen
und deutschen) Mieterberatern
durchgeführt und durch Einzelge-
spräche mit Mietern vervollstän-
Jdigt, so schalten sich die IBA, die
Architekten, der Bezirk und die Ei-
zentümer in der Planungs- und
Durchführungsphase mit ein und
ıehmen an den Hausversammlun-
zen dieser Phasen teil. Eine Betrof-
fenenbeteiligung wird hauptsäch-
lich anhand der Hausversammlun-
zen praktiziert, und zwar ohne Prä-
ferenzen nach ethnischer oder na-
ijonaler Zugehörigkeit der Betrof-
’enen.
Anders sieht es aus, was die so-
genannten Bürgerversammlungen
in Bezug auf übergreifende Maß-
nahmen (Verkehrs- und Infrastruk-
turmaßnahmen, Platzgestaltungen
etc.) anbelangt: hier reduziert sıch
der Kreis der Beteiligten nahezu
völlig auf die aktiven Gebietsbe-
wohner. Die Mehrheit der Betrof-
fenen, die Arbeitsimmigranten und
‚hre Familien sowie die alten Men-
schen, erfährt von solchen Ver-
sammlungen und somit Maßnah-
men kaum. Ahnlich sieht die Situa-
tion in Gremien aus; in der für die
Betroffenen vielversprechenden
Erneuerungskommission treffen
sich, neben Verwaltung und Eigen-
tümer, nahezu ausschließlich die
Insider als Betroffene zusammen.
Schließlich bleibt ein Großteil der
Betroffenen von einer umfassen-
den Beteiligung mehr oder minder
ausgeschlossen — mit Ausnahme
der direkt Betroffenen, d.h. derje-
nigen, in deren Häusern konkrete
Maßnahmen entweder laufen oder
anvisiert sind und deshalb Hausver-
zammlungen durchgeführt werden.
Ein wesentlicher Grund hierfür
st das bei der Öffentlichkeit und
jer aktivierenden, animierenden
Gemeinwesenarbeit für die Betrof-
fenen vorhandene Manko, das in.
der Mitarbeiterstruktur der Alt-
bau-IBA angelegt ist. Daß sich un-
ier Mitarbeitern der Altbau-IBA
sine Gruppe zusammen mit bezirk-
lichen Sozialämtern darum be-
müht, der Installierung einer Ge-
meinwesenarbeit im genannten
Sinne auf die Beine zu helfen, die
das Defizit in der Betroffenenver-
sammlung abzumildern helfen und
sie auf eine breitere Basis stellen
soll, und daß hierzu wichtige Schrit-
te bereits getan sind, kommt in die-
sem Heft nicht zu Sprache — auch
das Kapazitätsdefizit in zweispra-
chigem sachkundigen Personal
wird hier nicht angesprochen, des-
sen Abbau für eine auf die kulturel-
len Attribute der Arbeitsimmigran-
ten gerichtete Betroffenbeteiligung
unerläßlich sein dürfte.
Dies sind Fragen und Inhalte, de-
ren intensive Erörterung in einem
Arch ” -Heft für die Arbeit der Alt-
bau-IBA im Treuhandbereich (in
dem förmlich festgelegten Sanie-
rungsgebiet, in dem IBA treuhän-
derischer Sanierugsträger ist) mei-
nes Erachtens wesentlich wichtiger
ist als die Darstellung eines Kita-
Projektes in einem Parkhaus, das
merkwürdigerweise in diesem Heft
der einzige Beitrag aus dem Treu-
handbereich ist.
Ausländer als Sanierungsbetroffe-
ne: kein Thema für IBA?
Als sogenannter Ausländerbeauf-
tragter der IBA und vor allem als
Ausländer scheint mir besonders
wichtig zu problematisieren, wie
leichtfertig in diesem Heft mit der
Thematik umgegangen wird: die
Tatsache, daß etwa die Hälfte der
Betroffenen aus europäischen Peri-
pherieländern stammen und daß
die Stadterneuerung, will sie dem
Anspruch der Behutsamkeit ge-
recht werden, auf die mitgebrach-
ten Kulturen und auf die stattfin-
denden Akkulturationsprozesse
Rücksicht zu nehmen hat, taucht
außer den Nebenbemerkungen nir-
gendwo auf -und wird nahezu von
allen Autoren sauber vermieden.
Deshalb möchte ich hierauf kurz
und kritisch eingehen. _
Das wichtigste inhaltliche Pro-
blem in diesemHeft ist, daß, anstatt
ler erzwungenen Ansiedlung von
Arbeitsimmigranten und ihrer Fa-
milien in Erneuerungsgebieten der
Altbau-IBA, die zum großen Teil
Anfang bis Mitte der 70er Jahre er-
folgte, die Arbeitsimmigranten
selbst als ein „Problem” an sich
präsentiert werden. Expliziert wird
‚das Problem Ausländer” in Bei-
ırägen von van Geisten: „... buntes
Türkenleben und soziales Grau-
seln...”, „...(die behutsame Stadt-
erneuerung lehnt) eine Verbesse-
rung der Bevölkerungsstruktur
durch Austausch der Bewohner,
d.h. Verdrängung des Problems in
andere Stadtgebiete (ab)...” (beide
Zitate: S. 58). Dies sind Aussagen,
denen die Selbstverständlichkeit
des „Problem-Seins” der Arbeits-
immigranten und ihrer Familien zu-
grundeliegen. Van Geisten lehnt
zwar eine „Verbesserung der Be-
völkerungsstruktur” und den damit
verbundenen Bevölkerungsaus-
tausch ab, will aber die Ausländer
sprich die Bevölkerungsstruktur.
als ein „Problem” definieren, dem
Herr zu werden gilt. Unmißver-
ständlich kommt diese fragwürdige
Sichtweise auf S. 67 zum Ausdruck:
„(Die) soziale und bauliche ’Idylle’
hat jedoch in den letzten Jahren er-
heblichen Schaden genommen, so
daß hier vor wenigen Jahren das
Umkippen in den Slum veran-
schaulicht werden konnte, sich die
Symptome geradezu aufdrängten:
rapide Veränderung der Bevölke-
rung — der Ausländerteil schnell!
von 10 % auf über 40 % der Bevöl-
kerung in wenigen Jahren...”.
Was kippt eigentlich hier um?
Fallen solche Aussagen nicht in ein
Denkmuster mit stark national ge-
prägten Zügen? Sind dies unbe-
wußte Außerungen, wenn dem Au-
tor bewußtes Schüren von Frem-
denangst nicht unterstellt werden
kann? Das ist die gleiche quanti-
tätsbezogene Argumentationswei:
se, die zur Durchsetzung repressi
ver Maßnahmen in der Ausländer:
politik von der CDU und von Tei-
len der SPD herangezogen und so-
zar von rechtsextremen Gruppie-
sungen zur Grundlage ihrer Über:
fremdungsthesen gemacht wird:
Fragwürdig bleibt auch, warum
hier nicht die Tatsachen erwähnt
werden, daß der Bezirk Kreuzberg
gerade durch das Dasein der Ar-
beitsimmigranten und ihrer Fami:
lien eine gesunde Altersstruktur
und eine recht günstige Beschäfti-
zungsquote aufweisen kann (die
meisten „Ausländer”-Familien sind
eben einfache Arbeiterfamilien mit
Kindern, wie es sie in der Kreuz-
berger Geschichte als das Normale
immer gegeben hat); gerade da-
durch entsteht im Nahversorgungs-
bereich eine Nachfrage, die der
Existenzvernichtung bei Kleinge-
werbe und der Invasion dieses Be-
reiches durch Supermarktketten
EA HE All dies sind soziale
und wirtschafltiche Stabilisierungs-
faktoren im Gebiet und keine Sym-
ptome des Umkippens. Solche Au-
Berungen — ob sie bewußt gemacht
wurden oder unbewußt — entspre-
chen nur einer Auffassung, die die
Unterordnung, also Diskriminie-
rung von Nicht-Deutschen den
Deutschen gegenüber als etwas
Selbstverständliches ansieht.
= Auch in Bezug auf die Schulver-
sorgung definiert van Geisten den
hohen Anteil von Ausländerkin-
dern als Problem Nummer eins
(S.70), obwohl in der schulpoliti-
schen Diskussion längst der Begriff
„Sprachinländer” Anwendung fin-
det, der solche Ausländerkinder
bezeichnet, die hier geboren oder
aufgewachsen sind und keine be-
sonderen Probleme in der Schule
haben. Der Anteil solcher Kinder
ist in Kreuzberg nicht gerade ge-
ring. Es gibt also höchstens SEI
probleme solcher Ausländerkin-
der, die keine Deutschkenntnisse
haben und als solche in die Schule
integriert werden müssen, und
nicht „das Problem der Ausläder-
kinder”. Die Ausländerpolitik
sorgt ja seit 1973 — 1975 durch ver-
schiedene Instrumente (Zuzugs-
sperre für Ausländer u.a. auch in
Kreuzberg, Wohnungsnachweis-
pflicht für die Familienzusammen-
führung uns seit Ende 1981 durch
das Herabsetzen des Einreisealters
der Ausländerkinder praktisch auf
13 etc.) ohnehin dafür. den Ar-
beitsimmigranten die Familienzu-
sammenführung und das Nachho-
len der Kinder, das Zusammen-Le-
ben-Können mit der Familie also,
zu erschweren. Das sind die durch
die zentrale Ausländerpolitik ver-
ursachten Probleme, die eine mit-
telfristige Lebensplanung den Aus-
länderhaushalten erheblich er-
schweren und einer Betroffenenbe-
teiligung kraß entgegenstehen —
auch hiervon ist in diesem Heft kei-
nerlei Rede. — nn
Durch diese Kritik ist keineswegs
bezweckt, vorhandene Problemsi-
tuationen herunterzuspielen; Si
cherlich existieren enorme Probile-
me zwischen verschiedenen Teil-
kulturen, insbesondere zwischen
den in Berlin vorhandenen und aus
der Türkei dazugekommenen Teil-
kulturen. Es ist aber meines Erach-
tens wesentlich sinnvoller, für eine
behutsame Stadterneuerung die
Problemsituationen so differenziert
wie möglich anzugehen und jegli-
che Pauschalisierungen zu vermei-
den. Dabei hilft der Ansatz nach
kulturellen Kategorien wesentlich
mehr als solche nach nationalen
Kategorien, zumal die soziale
Orientierung der Stadterneuerung
zur Zeit an vielen Stellen gegen den
Strom schwimmen muß — nicht zu-
Jetzt wegen der ernsthaften Verun-
sicherung der Arbeitsimmigranten
und ihrer Familien durch die Ver-
schärfung der Ausländerpolitik und
durch die mit ihr zusammenhän-
gende Verschlechterung der allge:
meinen Stimmung gegen sie. _
= Sicherlich gibt es innerhalb der
IBA keine fertigen Rezepte, die die
Toleranz verschiedner Teilkulturen
füreinandern erweitern und die
Bewohner dazu bringen können,
das Existenzrecht ihnen fremder
Kulturen selbstverständlich anzuer-
kennen und darüber hinaus diese
für ihre Kulturen innovativ umzu-
setzen (gegenseitige Akkultura-
tion). Zumindest gibt es aber die
Kleinarbeit der Mieterberater vor
Ort, die eine wichtige Vermitt-
lungsrolle auch in kultureller Hin-
sicht spielen; diese Arbeit ist aber
sehr unzureichend und muß durch
eine gezielt für die Betroffenen zu
gestaltende Aufklärungsarbeit und
durch animierende Gemeinwesen-
arbeit erweitert werden. Hier hat
die IBA einiges nachzuholen, ins-
besondere was die personelle
Kapazität angeht, will sie ihren for-
mulierten Ansprüchen gerecht wer-
den. Cihan Arin