Günter Nickel, Hans Joachim Meissner
D je Verarbeitung von landwirtschaftli- Kindertagesstättenneubau zu errichten. Ge- drei Lebensbereiche zu verknüpfen und als
chen Erzeugnissen war ein wichtiger gen diese Pläne der Stadt bildete sich eine Ini- Ganzes zu verwirklichen, sollte Aufgabe der
Produktionszweig in Braunschweigs indu- tiative mit dem Ziel, die Fabrikgebäude zu Architekturwerkstatt sein. Diese Aufgabe ist
strieller Entwicklung. So entstanden um die erhalten und diese zu einem Kommunika- nur durch die Beteiligung der Stadtteilbe-
Jahrhundertwende etliche Konservenfabri- tionszentrum umzunutzen. wohner und der zukünftigen Nutzer zu lösen.
kanten, u.a. die „Brunsviga”. g Wa X al In der Architekturwerkstatt bildeten sich
Die Fabrik liegt im östlichen Ringgebiet Aufgrund dieser Initiative gründete sichim Projektgruppen zu den verschiedenen Nut-
der Stadt. Charakteristisch für dieses Gebiet Februar 1981 ein Verein zur „Gründung ei- zungsbereichen. Daraus entwickelte sich das
ist eine gründerzeitliche Wohnbebauung mit nes Kommunikationszentrums in Braun- Modell, um einen Veranstaltungsbereich als
gewerblicher Durchdringung. Die vorher Schweig e.V.”. außerdem erteilte die Stadt Kern, einen Wohnungsbereich, Kleinbetrie-
schon existierenden Fabrikanlagen wurden dem Büro „Architektur und Forschung be, Stadtteilbibliothek, schulische Einrich-
dicht von Wohngebäuden umbaut. Auf den Braunschweig” (AFB), Kleineberg/Wolf, ei- tungen und überbetriebliche Lehrwerkstät-
hinteren Grundstücksteilen größerer Blöcke nen Gutachterauftrag zur Untersuchung von ten einzurichten.
befinden sich auch heute noch mittelständi- Umnutzungsmöglichkeiten der „Brunsviga”. In der Projektgruppe „Wohnen in der Fa-
sche Betriebe. Die vorhandenen Arbeitsplät- Unterstützt von der Stadt richteten Verein brik” wurde intensiv darüber diskutiert, wel-
ze bieten rechnerisch 3/4 der Erwerbstätigen Und AFB im ehemaligen Belegschaftshaus ei- che Trägerform für ihre gesellschaftspoliti-
des Gebietes wohnungsnahe Arbeitsmöglich- Ne Architekturwerkstatt und einen Bürger- schen und sozialen Ziele — experimentelles
keiten. treff mit Cafeteria ein. Die notwendigen Um- Wohnen in Verbindung mit Arbeit, Freizeit
nr En SE ; bauarbeiten wurden vom Verein in Selbsthil- sowie soziale Einrichtungen — geeignet wäre.
Die verhältnismäßig dichte Bebauung die- fe erbracht. Die Stadt gewährte einen Zu- Im Diskussionsprozeß kristallisiert sich die
ses Gebietes stellt ein Problem für die Errich- schuß für das Material und den technischen Genossenschaft als eine Rechtsform mit den
tung von fehlenden Gemeinbedarfseinrich- Ausbau. Desweiteren wurde für die Organi- meisten Vorzügen heraus: die basisdemokra-
tungen dar. Vacante Flächen, die sich durch sation des Bürgertreffs eine städtische Halb- tische Grundstruktur, jeder Genosse hat nur
die Auslagerung oder Einstellung von Betrie- tagsstelle für einen Sozialarbeiter eingerich- eine Stimme, unabhängig von seiner Einlage;
ben ergeben, bieten sich zur Nutzungsumän- tet. Bürgertreff und Architekturwerkstatt die gemeinsame Verfügungsgewalt über das
derung für dringend benötigte Einrichtun- wurden im November 1981 eröffnet. Das Mo- Kollektiveigentum; Ausschluß von individu-
gen, wie z.B. Kindertages-, Jugendfreizeit- tiv vieler Vereinsmitglieder war, in einer Fa- ellem Spekulationsgewinn; Selbsthilfearbei-
stätten u.a. an. brik nicht nur zu arbeiten, „Freizeit” gestal- ten in der Bau- und Bauunterhaltungsphase;
Die Stadt kaufte das Grundstück der aus- ten (sich bilden), sondern auch zu wohnen, weitere Projekte in der Stadt realisieren, aber
gelagerten Konservenfabrik „Brunsviga”, um anknüpfend an das Charakteristikum des als autarke Einheiten in der dezentralisierten
die Gebäude abzubrechen und darauf einen Stadtteils „wohnungsnahes Arbeiten”. Diese Genossenschaft.
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