i i ü i ° ° Zeitgenössische Karrikatur
HoPalire ATECEtUr der DeIChEn und SymbCIE: Michael Wilkens zum Hau am Michaelerplatz, Wien
Architektur als „‚dekorierter Schuppen” von Adolf Loos
dtv-atlas zur Baukunst. letzte Seite
nsere Berufsgeschichte ist mit einer 28
UÜ ziemlich traurigen Tatsache verbun- Plädoyer
den, der nämlich, daß die Häuser und Wie -
Bauwerke irgendwann den Schuppen
weichen mußten, großen und kleineren A) a die
Schuppen, meist aber großen, flachen
und hohen, meist flachen, manchmal t
aber auch sehr hohen, vielgeschossigen rortse ZUR
Hochhausschuppen ... Das mußte plötz-
lich alles sehr schnell gehen: Schuppen ad M d
werden nicht „gebaut“, solide fundamen- er oO erne
tiert. Sie werden einfach hingestellt, e
montiert, zusammengetackert, genietet. 5 t d
Und das Traurige ist vor allem, daß sie + A an eren
innen eigentlich keine Räume haben. Ob- 1@
wohl - und das ist merkwürdig - obwohl Yüätteln
sie hohl sind: sehr hohl sogar. Unsere
Aufgabe war es nun, diese Schuppen ein
bißchen nett zu gestalten. „Sehen Sie zu“, „Da die Dekoration nicht mehr orga- Evolution der Kultur ist gleichbedeutend
sagten unsere Auftraggeber immer, wenn nisch mit unserer Kultur zusammen- mit dem Entfernen des Ornamentes aus
sie uns nach der ersten Verhandlung an hängt, ist sie auch nicht mehr der Aus- dem Gebrauchsgegenstand.“ Mit unse-
die Tür brachten, „daß das Ganze ein druck unserer Kultur. Die architektoni- ren Worten. „Die Evolution der Kultur
bißchen nett wird. Besonders vorne sche Dekoration, die heute geschaffen führt zum Schuppen“. Aber das hätte er
heraus. Hinten ... na, Sie wissen schon.“ wird, hat keinen Zusammenhang mit nie gesagt, sich nicht einmal vorgestellt.
Und dann machten wir uns an die Arbeit. uns, hat überhaupt keine menschlichen Obwohl sein gleichzeitig gebautes Haus
Die, wie man sieht, immer schon ziemlich Zusammenhänge.“ (In Wirklichkeit in Wien am Michaelaplatz so von einer
„postmodern“ war. Wir mußten die heißt es in dem Zitat nicht „Dekoration“, geradezu hysterisch reagierenden Öffent-
Schuppen dekorieren. Mit Häusern, sondern „Ornament“. Doch der Unter- lichkeit kritisiert wurde: Das war schon
richtigen, fest im Boden verwurzelten schied spielt in unserem Zusammenhang ein Schuppen. Aber Loos war kein Zyni-
Häusern, hat unser Berufsstand nie zu keine Rolle. Es ist klar, was hier gemeint ker. Er bearbeitete das Problem auf einer
tun gehabt. Häuser werden nicht entwor- ist). Ebene, auf der ihm das selbst besser zu-
fen. Sie wurden gebaut. Nein, wir müssen In diesem Zeitungsartikel von Adolf gänglich war. Auf der Ebene der Ge-
uns das eingestehen: Unsere Aufgaben Loos aus dem Jahre 1908, überschrieben Dbrauchsgegenstände. Und so war das
waren seit Schinkel diese billigen, mit „Ornament und Verbrechen“ findet sich schon vorher in England auch gelaufen.
Hypothekengeldern finanzierten Schup- auch der bemerkenswerte Satz: „Die Überall, wo man sich an die Entkleidung
pen, da sollten wir uns nichts vormachen.
Seit Schinkel? - daß wir da stutzen, be-
weist nur, wie sehr unser Beruf schließ- Foto links:
lich auf seine eigenen Tricks hereingefal- Werkstatt-Stuhl,
len ist. Natürlich! Schinkel: Ein Meister We
in der Verschönerung der Schuppen.
Den „Marmor“ der Säulen am Portikus
lieferte ihm ein Malermeister aus Pots-
dam, die prächtigen „goldenen“ Kan-
delaber ließ er bei einer Manufaktur fer-
tigen, die sonst Zinnsoldaten herstellte,
(und dann hauchdünn vergolden), und Zeichnung En nt
die mächtigen „Quadersteine“ des kron- Hugo Häring a
prinzlichen Palais in Glienicke, die ließ er BT Urt ‚Emm ASBESTSCHIERE Km
aufnageln! (Sie wurden nämlich aus gyaht. 1949 RUNTER
Blech tiefgezogen und dann später über- 1 ; | b
geschlämmt). Man stell’ sich vor, wie es Eier
darunter aussieht: das kronprinzliche MV una AH
Palais - ein hölzerner Schuppen! Man Fe Hi
kann natürlich heute darüber lachen. Be- TRANSPORTABLER
sonders über die Andacht, mit der die OPEN EEE
Kunsthistoriker später diese tempelför- UNOLEUM EEE hu
migen Schuppen gefeiert haben, so als He
seien sie wirklich den alten griechischen Ze! EHE
Häusern ebenbürtig - Architektur. Doch a eh
hat diese Maskerade auch etwas trauri- u
ges. Denn auf die Dauer ließ sich die Tat- ARKIMATTE 18CM nn EN
sache nicht mehr verheimlichen: Unsere GOUDRONIERT
Kultur verlor ihre Häuser, ihre Räume,
ja: ihr Zuhause. Schon dringt der inter- Hugo Häring SA
nationale Schuppenbau in ‚die letzten Entwurf für eine Flachsiedlung DO
Dörfer vor. Dekorierte Kisten zwar, aber mit treppenlosen Häusern R ZEeTORKRET ARMIERT 4cm }
eben doch bloß Kisten. Und so ist eskein 230/31 = 7 „, STAHLDRAHTGEW. SCHALF)
Wunder, daß die Geschichte unseres “wndriß, Schnitt, Modellfoto
Berufs früh ein paar Leute auf den Plan
rief, die bei dieser Maskerade nicht mehr
mitspielen wollten. Und die argumentier-
ten etwa so: Zitat: NOEFM _, __ASPHAITPLATTNRELAG]L