Full text: ARCH+ : Zeitschrift für Architekten, Stadtplaner, Sozialarbeiter und kommunalpolitische Gruppen (1984, Jg. 17, H. 73-78)

Die Ausstellungen des IBA- leicht auch ein Indiz für eine gewisse 
Stadterneuerungs- und Stadtneu- Beliebigkeit der Gliederung ist). 
baubereichs werden durch zwei rie- Ein interessanter Ausstellungs- 
sige Figuren von John Heijduk im teil kann leicht übersehen werden: 
Lichthof des Martin-Gropius-Baus die Darstellung der Haustypologie 
vermittelt, oder besser: etwas ver- an einem Gebiet östlich des Askani- 
arscht. Die häßlich-grauen Groß- schen Platzes anhand historischer 
skulpturen „Maler” und „Musiker”, Pläne. Hier werden - ausnahmswei- 
die durch eine Schiene mit Wägel- se - Pläne in einem lokalen Zusam- 
chen - das „Symbol von Raum und menhang gezeigt; nicht der Archi- 
Zeit” laut Kleihues - getrennt wer- tekt, sondern der Ort ist das wesent- 
den, brechen die Raumstrukturen liche. Leider bringt - angesichts des 
des Lichthofs und stören die von knappen Kommentars - auch dieser 
Strecker inszenierte Erlebnisfolge Versuch wohl nur Experten etwas, 
von großen, verfremdeten Bildern und leider hat man nicht gewagt, die 
und marktähnlichen Szenen im Arbeit der Neubau-IBA heute mit 
Arkadenzgang. der Baugeschichte dieses Orts in 
Vielleicht hat die plumpe Exi- Verbindung zu bringen. 
stenz dieser Großobjekte auch Idee - Prozeß - Ergebnis: Für die 
einen tieferen Sinn: die Sicherung Neubau-IBA steht die Darstellung 
der optischen Dominanz eines riesi- [Bo | yerms der isolierten Idee - materialisiert ın 
gen Exponats, das die inneren Räu- Diepr« | der Architektenzeichnung - im Vor- 
me nicht vermittelt, sondern am In Abteilungen wie „Grundriß dient auch zur Reproduktion dieser dergrund, Die Realität, über die die- 
Ende einer Triumphtreppe axialund der Stadt”, „Stadt in der Stadt”, „De- Zunft - mittels Kooptation. Den se Ideen im Planungsprozeß stol- 
autoritär beherrscht. Der angeblich Komposition der Stadt” und „Stadt- alten „Meistern” werden - ohne daß pern, das Ergebnis - als dialekti- 
9x9 mgroße Plan von Kleihues-bis verschönerung” werden Ausstel- diese sich wehren können - die sches Produkt der (oft nicht beachte- 
zur Eröffnung der Ausstellung ge- !ungsstücke zelebriert, deren reale neuen (mit ihren Arbeiten für die ten) Realität - ist kein Thema. „Heu- 
heimgehalten und nach Aussage Bedeutung, Erklärung und Zusam- südliche Friedrichstadt und anders- te, nach 5jähriger Arbeit”, so Klei- 
des IBA-Geschäftsführers Nott- _Mmenhang meist ausgeklammert wo) an die Seite gestellt: Stirling, hues ausstellungsprogrammatisch 
meyer „kein IBA-Plan” - istein Mu- bleiben. Wunderschön - dieser Rob und Leon Krier, G. Böhm, Ros- im Katalog, „werden die ersten 
sterbeispiel des Stadtplanungsver- „Stadtverschönerungsplan der IBA- si, Gregotti usw. usf., und natürlich Ergebnisse und Erfolge sichtbar. 
ständnisses im Neubaubereich: Der Neubaugebiete mit Randveduten J.P Kleihues, übrigens auch überra- Was man aber nicht zeigen kann, ist 
Architekt als geniales Subjekt des ainzelner Projekte”, wunderschön - schenderweise Andreas Reidemei- der Prozeß. Und wem würde esauch 
Städtebaus präsentiert in einer diese Originale von Piranesi, I. Gar- ster. Die Auswahl dieses Olymps nutzen, die politischen, organisato- 
großen Geste seine Ideenkomposi- nier, Weinbrenner u. a., aber sie Wird nicht begründet, sondern ge- rischen und auch psychologischen 
tion als perfekt gestylten Plan, weit- sprechen nur zu dem, der sie bereits setzt. So sind z. B. (in unterschiedli- Probleme in Erinnerung zu rufen, 
gehend ungetrübt von den Widrig- kennt, der die Zeiten (nicht nur die chen Räumen!) einige Wettbe- welche diesen Prozeß begleitet und 
keiten der Bürgerbeteiligung, Bau- Daten) ihrer Entstehung kennt, der werbsarbeiten für das ehemalige oftmals behindert haben ... Und der 
Ökonomie, Bezirkspolitik, rechtli- den Ort kennt, für den sie entworfen Prinz-Albrecht-Gelände (darunter Erfahrung zum Trotz, daß heutzu- 
chen Verhältnisse usw. Umstrittene Sind, der weiß, was verwirklicht wor- natürlich der von Kleihues favori- tage Ideen und Meinungen meist 
bzw. problematische Elemente des den ist. „Dies ist wirklich realisiert” - sierte Grassi) zu sehen, der Gewin- nicht lange gelten, kann ich dem, 
Plans sind etwa so ein Protestvermerk eines Besu- ner wirdabernichtgezeigt. Dagegen was ich vor mehr als 7 Jahren zur 
® der ideell vollzogene Abriß des chers unter einem Exponat. Und ist eine Zeichnung wohl so bedeu- Zielsetzung der damals in Planung 
Excelsiorhochhauskomplexes der Zusammenhang zu den Proble- tend, daß sie gleich zweimal ausge- begriffenen IBA notiert habe, nicht 
am Askanischen Platz zugunsten men des Städtebaus heute? Er wird stellt werden muß: Maurice Culots viel hinzufügen.” Sicher ist richtig, 
einer Blockrandbebauung, erst existent durch die Abstraktion unmöglicher Stadtrekonstruktions- daß die Darstellung des Prozesses 
® die offensichtliche Nichtberück- vom Kontext der Ausstellungsstük- versuch für das Gebiet beim Martin- nur dem nutzen würde, der gewillt 
sichtigung einer vom Bezirk ge- ke, er wird erst durch die Sozialisa- Gropius-Bau. Zweimal die gleiche ist, aus den Problemen und Hinder- 
planten Schule an der Schöneberger tionsriten einer vernetzten Archi. Zeichnung - das hat sonst keinerge- nissen zu lernen 
Straße, tektenzunft zur scheinbaren Reali- SCOb nicht einmal J. P. K. (Die 
® die Wiederherstellung des zuge- lät. eichnung erscheint in den -Abtei- Tätigkeit: 
schütteten Schöneberger Hafen. Die Methode des über Zeichnun- lungen „Stadt in der Stadt” und % em der BA TEEN 
beckens am Landwehrkanal, gen vermittelten Personenkults „Stadtverschönerung” - was viel- ussteilungen im Usten Kreuz- 
® die Wohnbauten zwischen Kul- bergs 
turforum und einem neu geform- PS * 4 enrechene Tür in die teilzerstörte Var-Ort-Ausstellung Oranienst “ 
ten Potsdamer Platz, Wer die Arbeit der IBA wirklich und 
9 der planerische Zugriff hinter die im Detail kennenlernen will, darf 
Mauer im Falle des Potsdamer, sich nicht mit einem Besuch im 
Leipziger und Pariser Platzes Martin-Gropius-Bau begnügen, 
® und vor allem natürlich die große denn dort werden im „Neubauteil” 
neue Nord-Südachse. zur Arbeit im Gebiet nur ausge- 
Der mit einer außerordentlichen Ra- wählte Wettbewerbsentwürfe ge- 
finesse exponierte Kleihues-Plan ist zeigt, im „Altbauteil” einige exem- 
nicht identisch mit den Planungen, plarische, aber nicht unbedingt 
die im Nachbarraum bei einem Mo- immer repräsentative Projekte. Die 
dell der IBA-Neubaubereiche im eigentliche Ausstellung der IBA- 
weißen Sande zu erkennen sind. Projekte erfolgt für den Stadterneue- 
Eine Erklärung für die Widersprü- rungsbereich im Gebiet, im Östli- 
che sucht man vergebens. Über- chen Kreuzberg, für den Stadtneu- 
haupt ist man im Obergeschoß des baubereich leider nirgendwo, oder 
Martin-Gropius-Baus, in den von genauer: nur auf „Projektmarkie- 
Johannes Gachnang verantworteten rungen” in Form von Masten, wo auf 
Räumen, in einer völlig anderen winzigen Hinweistafeln aus IBA- 
Welt. Während unten der Stadter- Sicht kurz erläutert wird, was an je- 
neuerungsbereich auf die Besonder- weiliger Stelle von der IBA geplant, 
heiten eines jeden Raums eingeht aber noch nicht zu sehen ist. 
und diese zur Voraussetzung der IBA vor Ort: Für das „Strategiege- 
Ausstellungsarchitektur macht, ist biet” Kreuzberg SO 36 werden im 
oben die vorgegebene Raumstruk- Gebäude des U-Bahnhofs Schlesi- 
tur oft nur eine Störung, die 1gno- sches Tor die Projekte nördlich und 
riert werden muß. Während unten in der Regenbogenfabrik (Lausitzer 
symbolistische Inszenierungen die Str. 22) die Projekte südlich des Gör- 
Ausstellung zu ordnen und gliedern litzer Bahnhofs in ihrem Kontext 
versuchen, ist die Gliederung oben und Prozeß zur Schau gestellt - 
nicht a priori erlebbar. Der Kombi- schön säuberlich auf Tafeln mon- 
nation von Plänen, Fotos und diver- tiert, nicht gerade im Vor-Ort-De- 
sen Materialien unten steht im sign, aber sehr informativ (etwas 
Obergeschoß die asketische Reduk- Ahnliches hätte man sich im Mar- 
tion der Exponate auf originale tin-Gropius-Bau gewünscht!). Über 
Architektenzeichnungen und Pläne die Projekte im Sanierungsgebiet 
gegenüber um das Kottbusser Tor wird entlang
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.