Die Ausstellungen des IBA- leicht auch ein Indiz für eine gewisse
Stadterneuerungs- und Stadtneu- Beliebigkeit der Gliederung ist).
baubereichs werden durch zwei rie- Ein interessanter Ausstellungs-
sige Figuren von John Heijduk im teil kann leicht übersehen werden:
Lichthof des Martin-Gropius-Baus die Darstellung der Haustypologie
vermittelt, oder besser: etwas ver- an einem Gebiet östlich des Askani-
arscht. Die häßlich-grauen Groß- schen Platzes anhand historischer
skulpturen „Maler” und „Musiker”, Pläne. Hier werden - ausnahmswei-
die durch eine Schiene mit Wägel- se - Pläne in einem lokalen Zusam-
chen - das „Symbol von Raum und menhang gezeigt; nicht der Archi-
Zeit” laut Kleihues - getrennt wer- tekt, sondern der Ort ist das wesent-
den, brechen die Raumstrukturen liche. Leider bringt - angesichts des
des Lichthofs und stören die von knappen Kommentars - auch dieser
Strecker inszenierte Erlebnisfolge Versuch wohl nur Experten etwas,
von großen, verfremdeten Bildern und leider hat man nicht gewagt, die
und marktähnlichen Szenen im Arbeit der Neubau-IBA heute mit
Arkadenzgang. der Baugeschichte dieses Orts in
Vielleicht hat die plumpe Exi- Verbindung zu bringen.
stenz dieser Großobjekte auch Idee - Prozeß - Ergebnis: Für die
einen tieferen Sinn: die Sicherung Neubau-IBA steht die Darstellung
der optischen Dominanz eines riesi- [Bo | yerms der isolierten Idee - materialisiert ın
gen Exponats, das die inneren Räu- Diepr« | der Architektenzeichnung - im Vor-
me nicht vermittelt, sondern am In Abteilungen wie „Grundriß dient auch zur Reproduktion dieser dergrund, Die Realität, über die die-
Ende einer Triumphtreppe axialund der Stadt”, „Stadt in der Stadt”, „De- Zunft - mittels Kooptation. Den se Ideen im Planungsprozeß stol-
autoritär beherrscht. Der angeblich Komposition der Stadt” und „Stadt- alten „Meistern” werden - ohne daß pern, das Ergebnis - als dialekti-
9x9 mgroße Plan von Kleihues-bis verschönerung” werden Ausstel- diese sich wehren können - die sches Produkt der (oft nicht beachte-
zur Eröffnung der Ausstellung ge- !ungsstücke zelebriert, deren reale neuen (mit ihren Arbeiten für die ten) Realität - ist kein Thema. „Heu-
heimgehalten und nach Aussage Bedeutung, Erklärung und Zusam- südliche Friedrichstadt und anders- te, nach 5jähriger Arbeit”, so Klei-
des IBA-Geschäftsführers Nott- _Mmenhang meist ausgeklammert wo) an die Seite gestellt: Stirling, hues ausstellungsprogrammatisch
meyer „kein IBA-Plan” - istein Mu- bleiben. Wunderschön - dieser Rob und Leon Krier, G. Böhm, Ros- im Katalog, „werden die ersten
sterbeispiel des Stadtplanungsver- „Stadtverschönerungsplan der IBA- si, Gregotti usw. usf., und natürlich Ergebnisse und Erfolge sichtbar.
ständnisses im Neubaubereich: Der Neubaugebiete mit Randveduten J.P Kleihues, übrigens auch überra- Was man aber nicht zeigen kann, ist
Architekt als geniales Subjekt des ainzelner Projekte”, wunderschön - schenderweise Andreas Reidemei- der Prozeß. Und wem würde esauch
Städtebaus präsentiert in einer diese Originale von Piranesi, I. Gar- ster. Die Auswahl dieses Olymps nutzen, die politischen, organisato-
großen Geste seine Ideenkomposi- nier, Weinbrenner u. a., aber sie Wird nicht begründet, sondern ge- rischen und auch psychologischen
tion als perfekt gestylten Plan, weit- sprechen nur zu dem, der sie bereits setzt. So sind z. B. (in unterschiedli- Probleme in Erinnerung zu rufen,
gehend ungetrübt von den Widrig- kennt, der die Zeiten (nicht nur die chen Räumen!) einige Wettbe- welche diesen Prozeß begleitet und
keiten der Bürgerbeteiligung, Bau- Daten) ihrer Entstehung kennt, der werbsarbeiten für das ehemalige oftmals behindert haben ... Und der
Ökonomie, Bezirkspolitik, rechtli- den Ort kennt, für den sie entworfen Prinz-Albrecht-Gelände (darunter Erfahrung zum Trotz, daß heutzu-
chen Verhältnisse usw. Umstrittene Sind, der weiß, was verwirklicht wor- natürlich der von Kleihues favori- tage Ideen und Meinungen meist
bzw. problematische Elemente des den ist. „Dies ist wirklich realisiert” - sierte Grassi) zu sehen, der Gewin- nicht lange gelten, kann ich dem,
Plans sind etwa so ein Protestvermerk eines Besu- ner wirdabernichtgezeigt. Dagegen was ich vor mehr als 7 Jahren zur
® der ideell vollzogene Abriß des chers unter einem Exponat. Und ist eine Zeichnung wohl so bedeu- Zielsetzung der damals in Planung
Excelsiorhochhauskomplexes der Zusammenhang zu den Proble- tend, daß sie gleich zweimal ausge- begriffenen IBA notiert habe, nicht
am Askanischen Platz zugunsten men des Städtebaus heute? Er wird stellt werden muß: Maurice Culots viel hinzufügen.” Sicher ist richtig,
einer Blockrandbebauung, erst existent durch die Abstraktion unmöglicher Stadtrekonstruktions- daß die Darstellung des Prozesses
® die offensichtliche Nichtberück- vom Kontext der Ausstellungsstük- versuch für das Gebiet beim Martin- nur dem nutzen würde, der gewillt
sichtigung einer vom Bezirk ge- ke, er wird erst durch die Sozialisa- Gropius-Bau. Zweimal die gleiche ist, aus den Problemen und Hinder-
planten Schule an der Schöneberger tionsriten einer vernetzten Archi. Zeichnung - das hat sonst keinerge- nissen zu lernen
Straße, tektenzunft zur scheinbaren Reali- SCOb nicht einmal J. P. K. (Die
® die Wiederherstellung des zuge- lät. eichnung erscheint in den -Abtei- Tätigkeit:
schütteten Schöneberger Hafen. Die Methode des über Zeichnun- lungen „Stadt in der Stadt” und % em der BA TEEN
beckens am Landwehrkanal, gen vermittelten Personenkults „Stadtverschönerung” - was viel- ussteilungen im Usten Kreuz-
® die Wohnbauten zwischen Kul- bergs
turforum und einem neu geform- PS * 4 enrechene Tür in die teilzerstörte Var-Ort-Ausstellung Oranienst “
ten Potsdamer Platz, Wer die Arbeit der IBA wirklich und
9 der planerische Zugriff hinter die im Detail kennenlernen will, darf
Mauer im Falle des Potsdamer, sich nicht mit einem Besuch im
Leipziger und Pariser Platzes Martin-Gropius-Bau begnügen,
® und vor allem natürlich die große denn dort werden im „Neubauteil”
neue Nord-Südachse. zur Arbeit im Gebiet nur ausge-
Der mit einer außerordentlichen Ra- wählte Wettbewerbsentwürfe ge-
finesse exponierte Kleihues-Plan ist zeigt, im „Altbauteil” einige exem-
nicht identisch mit den Planungen, plarische, aber nicht unbedingt
die im Nachbarraum bei einem Mo- immer repräsentative Projekte. Die
dell der IBA-Neubaubereiche im eigentliche Ausstellung der IBA-
weißen Sande zu erkennen sind. Projekte erfolgt für den Stadterneue-
Eine Erklärung für die Widersprü- rungsbereich im Gebiet, im Östli-
che sucht man vergebens. Über- chen Kreuzberg, für den Stadtneu-
haupt ist man im Obergeschoß des baubereich leider nirgendwo, oder
Martin-Gropius-Baus, in den von genauer: nur auf „Projektmarkie-
Johannes Gachnang verantworteten rungen” in Form von Masten, wo auf
Räumen, in einer völlig anderen winzigen Hinweistafeln aus IBA-
Welt. Während unten der Stadter- Sicht kurz erläutert wird, was an je-
neuerungsbereich auf die Besonder- weiliger Stelle von der IBA geplant,
heiten eines jeden Raums eingeht aber noch nicht zu sehen ist.
und diese zur Voraussetzung der IBA vor Ort: Für das „Strategiege-
Ausstellungsarchitektur macht, ist biet” Kreuzberg SO 36 werden im
oben die vorgegebene Raumstruk- Gebäude des U-Bahnhofs Schlesi-
tur oft nur eine Störung, die 1gno- sches Tor die Projekte nördlich und
riert werden muß. Während unten in der Regenbogenfabrik (Lausitzer
symbolistische Inszenierungen die Str. 22) die Projekte südlich des Gör-
Ausstellung zu ordnen und gliedern litzer Bahnhofs in ihrem Kontext
versuchen, ist die Gliederung oben und Prozeß zur Schau gestellt -
nicht a priori erlebbar. Der Kombi- schön säuberlich auf Tafeln mon-
nation von Plänen, Fotos und diver- tiert, nicht gerade im Vor-Ort-De-
sen Materialien unten steht im sign, aber sehr informativ (etwas
Obergeschoß die asketische Reduk- Ahnliches hätte man sich im Mar-
tion der Exponate auf originale tin-Gropius-Bau gewünscht!). Über
Architektenzeichnungen und Pläne die Projekte im Sanierungsgebiet
gegenüber um das Kottbusser Tor wird entlang