Full text: ARCH+ : Zeitschrift für Architekten, Stadtplaner, Sozialarbeiter und kommunalpolitische Gruppen (1984, Jg. 17, H. 73-78)

A n mein Studium bei Christopher Alexan- 
der bin ich eigentlich mehr durch Zufall z 
gekommen. Mein Lehrer, Prof. Vargas, hatte Susanne Siepl 
mich auf Alexander und seine Pattern- 
Sprache aufmerksam gemacht, und ich war 
damals fasziniert von der Tatsache, daß ein N B k I — 
Architekt eine Entwurfsmethode entwickelt eueSs aus er CC cc 
hatte, mit deren Hilfe sowohl die Diskussion . ° 
um soziale und funktionelle Probleme beim 
Entwurf als auch ihre Umsetzung in die mein Studium 
Dreidimensionalität so wesentlich faßbarer 
und anschaulicher ablaufen konnte, als ich ® ® I d 
- n 
das En einen Gebäudekunde-Seminare bei Christopher A EeXan er 
Nach dem Abschluß meines Studiums 
reiste ich in die Vereinigten Staaten und g B ; en 
besuchte Alexander auf der Durchreise in Erfahrungsbericht über ein Studienjahr am Center for 
Berkeley, um mal zu schauen, ob es an dem - 
von ihm geleiteten „Center for Environ- Environmental Structure (CES) 
mental Structure“ nicht eine Arbeitsmög- 
lichkeit für mich gäbe. Das Center, das den 
Status der Gemeinnützigkeit hat, ist Alexan- 
ders Büro, in dem er mit einem relativ kleinen vor, ganz behutsam an die Problematik Diskussionen schon sehr früh mit Geordnet- 
Mitarbeiterstab seine Forschungsarbeit be- heranzuführen und uns Studenten dieses heit in Verbindung gebracht worden waren, 
treibt. Allerdings erfuhr ich dort, daß Wissen in von ihm geleiteten Diskussionen ausdrücken. Andererseits hatte es aber auch 
Alexander ausschließlich mit seinen ehema- selbst erarbeiten zu lassen. Die zweimal mit etwas zu tun, was viel schwieriger faßbar 
ligen Studenten zusammen arbeitet. Da er wöchentlich stattfindenden Gruppensitzun- war, nämlich mit Schönheit, Gefühl und 
wohl mit mir keine Ausnahme machen wollte, gen wurden durch Hausübungen ergänzt, in sogar Spiritualität - alles Qualitäten, die 
riet er mir dazu, mich zunächst um einen denen wir viel zeichneten - Gegenstände, unserer zeitgenössischen Architektur so of- 
Studienplatz und um ein Stipendium zu Pflanzen, Ornamente - um so deren spezi- fensichtlich fehlen. 
bemühen, und im darauffolgenden Jahr 1981 fische Geordnetheit zu erkennen und dann Beim Betrachten von Gegenständen oder 
konnte ich dank seiner Hilfe und Unter- auf die allgemeinere Geordnetheit aller Dinge Zeichnungen war es uns nach einiger Zeit 
stützung mein Studium in Berkeley beginnen. zu schließen. Und allmählich entstand vor möglich, relative Einigkeit über deren Grad 
Alexander bietet in jedem Studienjahr, das unseren Augen ein immer deutlicher werden- an Geordnetheit zu erzielen. Wenn wir nun 
aus drei Quartern besteht, eine Sequenz von des Bild darüber, was Geordnetheit aus- davon ausgehen, daß Schönheit sich durch 
Kursen an, die sich vom übrigen Lehrange- macht, ohne daß wir jedoch eine eindeutige einen besonders hohen Grad an Geordnet- 
bot an der Architekturabteilung sehr unter- Definition dafür gehabt hätten. heit auszeichnet, dann haben wir ein Mittel 
scheidet, weil sie sich nicht so recht in das Es war offensichtlich, daß Geordnetheit gefunden, das es uns erlaubt, eine Beurtei- 
übliche Schema, das die Kurse ganz eindeutig einerseits etwas mit Geometrie zu tun hatte; lung über den Grad an Geordnetheit/Schön- 
in Vorlesungen, Seminare und Entwurfsklas- einer Geometrie allerdings, die wesentlich heit eines Gegenstandes anzustellen und 
sen unterteilt, einreihen läßt. Obwohl Alexan- komplexer war als die Begriffe „Symmetrie“, damit auch eine Aussage über seinen Wert 
ders Kurs offiziell unter der Überschrift „Hierarchie“. „Addition“ etc.; die in den bzw. seine Qualität machen zu können, z.B., 
Entwurfsklasse läuft, handelt es sich in Wirk- 
lichkeit doch eher um eine Mischung aller drei 
Kategorien, wobei manchmal durchaus auch S ) 
handwerkliche Tätigkeit oder ein Bauprakti- Ca Seite oben: 
) Wr uni . iM er Basar von Aleppo 
kum Teil dieses Kurses sein können. Grundriß 
Zunächst einmal war ich aber vielmehr 
darüber erstaunt, daß die Pattern-Sprache in rechte Seite unten: 
der ausgehängten Kursbeschreibung keines- Hedared Stabkirche, 
wegs den Rang einnahm, den ich erwartet Schweden 
hatte. Mir wurde dann aber schnell klar, daß Seitenansicht und 
ich hier die Möglichkeit hatte, etwas sehr Grundriß 
Ungewöhnliches und mir bis dahin völlig : 
Unbekanntes zu lernen, so daß mein Interesse OR ON 
an den Grundprinzipien und Anwendungs- Schnitte und 
möglichkeiten der Pattern-Sprache ganz in Rückansicht 
den Hintergrund trat. 
Laut Kursbeschreibung wollte Alexander 
im ersten Quarter eine neue Haltung der 
Architektur gegenüber vermitteln und ein 
neues Verständnis für die Probleme der 
Architektur und des Bauens schaffen, das 
dann in den folgenden beiden Quartern 
Grundlage für die weitere Arbeit sein würde. 
Er versteht unter Architektur und Bauen das 
Schaffen von „geordneten Zuständen“. In 
seinem neuen Buch „Zhe Nature of Order“, 
das bisher nur in Manuskriptform existiert, 
beschreibt er, was er unter diesen „geordne- 
ten Zuständen“ versteht. Im weiteren Verlauf 
des Textes werde ich das englische Wort 
„order“ mit „Geordnetheit“ übersetzen. Ob- 
wohl die Begriffe „Ordnung“, „Struktur“, 
„Anordnung“ und „Harmonie“ auch alle 
irgendwie etwas damit zu tun haben, treffen 
sie dennoch nicht genau die Bedeutung von 
„order“ in Alexanders Sinne, die auf jeden 
Fall umfassender ist. 
Die Aufgabe im ersten Quarter bestand 
also darin, ein gutes Verständnis dafür zu 
entwickeln, was „Geordnetheit“ ausmacht Alhambra 
und wie sie als integraler Bestandteil einer Saal der Gesandten 
Entwurfsmethode entstehen kann. Anstatt Ornament 
sein Wissen nun aber in Form einer Vor- der seitlichen 
lesung direkt zu vermitteln, zog Alexander es Alkovenwand
	        

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