Full text: ARCH+ : Zeitschrift für Architekten, Stadtplaner, Sozialarbeiter und kommunalpolitische Gruppen (1984, Jg. 17, H. 73-78)

bseits von der allgemeinen politi- 
Ayen Öffentlichkeit - ja fast von die- 
ser unbemerkt - tobt ein wohnungspoliti- Klaus Novy 
scher Streit über die Beurteilung und Zu- 
kunft der gemeinnützigen Wohnungsun- ® 
ternehmen (g WU). Der äußere Anlaß ist, Eine Zukunft 
daß das noch geltende, aus dem Jahr 
1940 stammende Wohnungsgemeinnüt- %. ® so ® e. 
zigkeitsgesetz (WGG) novelliert werden für gememmnnutzıge Träger 
soll. Im Auftrag der Ministerkonferenz 
der ARGEBAU hat eine Bund-Länder- 
Kommission am 14.10.83 „Vorschläge 
zur Änderung des Wohnungsgemeinnüt- Anmerkungen zur Reform 
zigkeitsrechts“ vorgelegt. Parallel dazu des Wohnungsgemeinnützigkeitsrechts 
gaben die einzelnen Regionalverbände 
der gemeinnützigen Wohnungswirt- 
schaft gesonderte Stellungnahmen ab, 
die am 8.11.83 auf einem außerordentl”.gn (Apschreibungen, — Verlustzuwei- viele ist schon ausgemacht, daß die Ver- 
lungnahme“ des Gesamtverbandes Ge- Sungen usw.), so daß eine „quantitativ gleichsmiste die Kostenmiete ablösen 
meinnütziger Wohnungsunternehmen belegbare‘ steuerliche Bevorzugung der wird, daß dann auch die mietenpolitische 
(Köln) zusammengefaßt wurden. Wäh- Gemeinnützigen wohl schwerlich abge- Spaltung des Wohnungsmarktes besei- 
ıend die Bund-Länder-Kommissions- leitet werden kann“ (Krischausky/ tigt ist. Für die herrschende konservative 
Vorschläge als zerstörerisch, als Entzug Mackscheid 1984, S. 140). Der Berliner wirtschaftspolitische Öffentlichkeit ist es 
der Geschäftsgrundlage von den Verbän- Verband geht in seiner Stellungnahme ausgemachte Sache, daß die Marktwirt- 
den der gemeinnützigen Wohnungsun- Zum WGG sogar soweit, zu schreiben: schaft endlich eine Chance in der 
ternehmen bekämpft werden, hält der „Steuereinnahmen sind durch eine Auf- Wohnungswirtschaft haben müsse (so 
Bundesverband Freier Wohnungsunter- hebung der Steuerbefreiung nicht zu er- der Sachverständigenrat, der wissen- 
nehmen (in seiner Stellungsnahme v. warten ... Der Fiskus erspart sich durch schaftliche Beirat beim BMW‘). 
20.12.83) eben diese Vorschläge für einen die Steuerbefreiung Steuerminderein- „Faßt man das Novellierungsvorhaben 
Erfolg der Gemeinnützigen selbst, die nahmen en Der Fiskus müßte die Mittel, nicht als bloßes Gesetzesflickwerk, son- 
ihre zunehmend unlegitimierbaren. Be- die desinvestiert würden (nach Aufhe- dern interpretiert es in dem Kontext 
sitzstandsinteressen zu Lasten der Allge- bung der Steuerbefreiung; K.N.), selbst langfristiger Entwicklungen, so bieten 
Mmeinheit durchsetzten. Während. die ln diesen Markt investieren“ (Jahresbe- sich zur Orientierung folgende zwei 
2WU im Prinzip den Status-Quo vertei- richt 1982/83, S.14). Wie dem auch sei, Szenarien über die Zukunft der gemein- 
digen, die freien Wohnungsunternehmen die Undurchsichtigkeit des jetzigen För- nützigen Wohnungswirtschaft an: 
einer Politik der „Vermarktwirtschaftli- derungssystems vor allem in Bezug auf . 
chung“ und gegen Wettbewerbsverzer- die verteilungspolitischen Konsequenzen Szenario I: Armenhaussektor 
rungen durch „privilegierte gWU“ das wird offensichtlich. Der WOHNBUND Die Arbeitslosipkelt. ni de 
W »P 5 5 fordert ein Zurück zum Primat der direk- je ATIENSIOSIEKEI  MMME ZU, CA AST 
ort reden, hat der WOHNBUND auf ten. Förd d hließlich Rückzug der Industrien anhält, neue Techno- 
seiner Tagung vom 10.3.84 in Hannover EN EOTCCTUNE, UNO ZWAT AUSSCHACHNE logien eher Arbeit freisetzen. Die Soziallei- 
Vorschläge zur Reform der gemeinnützi- an Träger, die ihre Förderungswürdig- stungen nehmen ab, werden unbezahlbar. Die 
gen Wohnungswirtschaft (siehe Doku- keit, d.h. auch Subventionseffizienz Gesellschaft spaltet sich in das Lager der Ar- 
mentation) vorgelegt, die als einzige die durch Bindungen und Leistungen bele- beitsplatzinhaber und der Arbeitslosen. Auf- 
Idee gemeinnütziger Trägerformen als 3° und absichern, also nur an Träger, grund des Auslaufens der Bindungen schwin- 
zentralen Bestandteil einer zukünftigen 9! einen modernisierten WGG genügen Baer die Zahl dr SOON (0 1795 
qualitativen Wohnpolitik offensiv ver- WC das ja im Prinzip bis zum 1. WoBauG EN ET NEO RAN n 
EV I \ 1950 der Fall war. menlegung und Modernisierung schrumpft 
treten. Dabei wird vor allem die Entwick- Doch welche wirklichen Probi auch sonst der Markt preiswerter Woh- 
lung von kleinteiligen Trägerformen für och welche wirklichen Probleme er- ungen. Die Kommunen erhöhen notge- 
„selbstnutzende Gemeinschaften als Z°UgCN den Problemdruck, der die ak- qgrungen den Belegungsdruck auf die kommu- 
Bauherrn oder Erwerber“ gefordert, tuelle Novellierungsdebatte ausgelöst nalen und sonstigen gWU. Letztere, vor allem 
sowie deren Ergänzung durch gemein- hat. Geht es nur um die Berechtigung der die Genossenschaften, versuchen durch Aus- 
nützige Betreuungs- oder Entwicklungs- Steuerbefreiung, um die Verschärfung stieg aus der Gemeinnützigkeit, durch Priva- 
gesellschaften. “ der Belegungsbindung und um den Ge- em und andere Ausweichstrategien sich 
. . . N . schäftskreis der gWU, wie man zu glau- dieser berforderung zu entziehen, wodurch 
Die genannten Streitschriften über die ben versucht ist, überfliegt man die ge- Srneut die Verfügungsreserve der Wohnungs- 
Zukunft der Gemeinnützigen geben aber nannten Papiere. wer SAMEN Nena AS 
ein verzerrtes Bild wieder, denn der poli- in Ei i A za wOHNUNKEN. WITE NICH MENT EEIOTCENT. 
tisch wichtigste Mitstreiter hat sich Tech ah EHEN Al Een Schließlich ist aus dem großen Projekt eines 
nicht zu Wort gemeldet: der Finanzmini-M nut N Schul wi — sozial, kulturell attraktiven und vielfältigen 
. 8 x { n nützige Wohnungswirtschaft wird zu gemeinnützigen Wohnungsbau ein kleiner 
ster. Sein ‚Bericht über die Höhe des sammen mit dem System des sozialen fremdverwalteter Armenhaussektor übrig ge- 
Steuerverzichts, den der Staat aufgrund Wohnungsbaues, der Wohnraumbin- blieben (vgl. die Politik der Torries gegen- 
der Steuerbefreiung der gWU leistet, dung und dem Mieterschutz insgesamt über dem council-housing). Sonst verbleibt 
steht noch aus und, laut letzter Auskunft, als Teil der nachkriegsbedingten Wohn- ein sich zunehmend segmentierender freier 
dürfte noch bis Jahresende auf sich war- raumbewirtschaftung interpretiert- und Markt mit anonymen Wohnquartieren von 
ten lassen, so daß noch erhebliche Zeit heute als gänzlich überflüssig erachtet. unverbundenen Einzeleigentümern und Mie- 
gewonnen ist, um diese Debatte zu politi- Die letzten Reste der „Wohnraum- tern 
sieren. zwangswirtschaft“ sollen in die „soziale ;a: 11: ; ; 
Allerdings sei hier angemerkt, daß die Wohnungsmarktwirtschaft“ aufgelöst Szenario 11: Huckepack durch die Krise 
ganze Debatte um eine vermeintliche werden. Vieles ist schon im Gange: Der Ausgang ist wie oben: steigende Arbeits- 
steuerliche „Privilegierung“ der gWU Lockerung des Mieterschutzes, Abbau losigkeit, verschärfte Probleme bei der „So- 
- sie sind ja von der Körperschafts-, der Objektförderung, Auslaufen der Bin- Zialabsicherung“. Der ursprüngliche Ansatz 
Gewerbe- und Vermögenssteuer befreit- dungen im sozialen Wohnungsbau (bis m An OO akt Selbsthilfe- 
deshalb schief geführt wird, da meistens 1995 soll der Bestand halbiert sein). en sbanduh N Drusrwoh a 
dabei übersehen wird, daß sich die freien Pfeiffer verblüfft bei jeder Gelegenheit stenmiete tern. Ausgleichsfonds, Si- 
Wohnungsunternehmen durch eine ent- mit der Frage, welche Legitimation es ei- cherung sozialer Gemeinschaften - entspricht 
sprechende Investitionspolitik ebenfalls gentlich dafür gäbe, daß ein Mieter eines genau den Basisstrukturen, auf die man in der 
erhebliche steuerliche Vorteile verschaf- gWU preiswerter wohnt als andere. Für Krise angewiesen ist, zwar nicht zur Arbeits-
	        

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.