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LUCIEN KROLL IM GESPRACH MIT KAY FRIEDRICHS
UND HANS-JURGEN SERWE
ARCH” : Herr Kroll, vor einem Jahr haben wir in unserem ersten ARCHT*: Vom belgischen Staat haben Sie keine Unterstützung
CAD-Heft Auszüge aus Ihrem Buch „Composants”!), das jetzt erfahren?
auch in der deutschen Fassung vorliegt, veröffentlicht. Sie warenei- Kroll: Nein, ich habe es versucht, aber sie haben mir nur geantwor-
ner der ersten Architekten, die sich praktisch mit der neuen Techno- tet, daß der Staat nicht dazu da wäre, Architekten zu unterstützen,
logie auseinandergesetzt haben, sowohl offen für die neuen Mög- qj;e sich EDV-mäßig ausrüsten wollten. Ich habe darauf nur geant-
lichkeiten, wie auch kritisch gegenüber den ihr innewohnenden wortet, daß ich als regelmäßiger Steuerzahler und rechtmäßiger
Gefahren. Wie kamen Sie überhaupt zu CAD, ein nächtlicher Gei- Bürger zumindest das Recht auf intelligente Antworten von der
stesblitz, durch Kollegen oder haben Sie’s im Fernsehen gesehen? verwaltung hätte und mir nicht diesen Schwachsinn bieten lassen
Lucien Kroll: Durch unsere langjährige Erfahrung mit dem indu- müßte.
striellen Bauen, YUSET Plädoyer für die Verwendung x Kompo- ARCHT : Ist das nun ein Programm ‚Kroll’ oder universelle Soft-
Sa NEE SOUND USE Kun han Hr RA ware, was Sie da mit Ihrem Informatiker ausgeknobelt haben?
nennen: ein Projekt mit industriellen Fertigteilen im Jahre 1980 Kroll: Das ist eine gute Frage. Nun, da ich ja nicht im Ruf stehe, nur
und parallel dazu ein günstiges Angebot eines gebrauchten CAD- auf mich zugespitzte Lösungen zu suchen, ist das Programm prinzi-
Computers samt Software und der Betreuung durch einen Informa- piell universell angelegt. Ich würde sagen, es ist etwas universeller
tiker. als die meisten anderen. Um es an einem Beispiel zu belegen. Ich
Nach der Bearbeitung einiger Projekte auf der Apparatur und ge- habe auf einer Ausstellung die Software-Spezialisten von Compu-
wissen Modifikationen des Programms waren wir bald - selbst mit ter-Vision mit folgendem Problem konfrontiert: „Die erste Wand
unseren bescheidenen zwei oder besser gesagt zweieinhalb Dimen- Soll 7,23 m lang sein” - „7,30 m” - „Nein, 7,23 m und beispielsweise
sionen - bei besseren Dingen angelangt als das, zu dem etwa Auto- !Mm Winkel von 26 Grad 43 Minuten zur nächsten stehn.” - „Das
CAD damals in der Lage war. Ich sagte mir dann, daß ich im Besitz geht nicht” - „Schade, danke und auf Wiedersehen!” Das Pro-
von Modulen eines Programmes sei, das zwar schon einiges konn- ramm war gar nicht mal so schlecht, aber scheinbar war ich der
te, aber immer noch ungenügend war, bei entsprechender Bearbei- erste, der nach dieser Möglichkeit gefragt hatte. Bei unserem Pro-
tung aber auch für andere interessant werden könnte. Im französi- Sramm ist das alles überhaupt kein Problem, deshalb meine ich,
schen Städtebauministerium unterbreitete ich dann meinen Plan: daß es universeller ist.
Der französische Staat sollte mir meine alte Erwerbung abkaufen ARCHT:Baut Ihr Programm auf einem Modul auf, auf einem 3 M-
und eine neue Anlage und den Informatiker subventionieren hel- oder einem anderen Rastersystem?
fen. Als Gegenleistung bekäme das Ministerium dann das Pro- | a ES . -
gramm, das es wiederum kostenlos an alle interessierten Architek- Kroll: Ja und nein, hier beispie Isweise auf einem Rastermaß von 60
ten weitergeben könnte. cm, aber das muß nicht so sein. Der kleinstmögliche Schritt ist der
Es ging mir ja darum zu verhindern, daß wieder einmal die Indu- Zentimeter. Hier in diesem Fall mußten wir beispielsweise den Mo-
strie bestimmen sollte, was möglich sei und was nicht. Vielmehr "on folgen, die das Fertigteilunternehmen vorgegeben hat. D CT
sollten Architekt und Informatiker zusammen ein Programm ranzösische Staat hat eine Normierung von 30 cm-Modulen m
entwickeln, das der Architektur Rechnung tragen sollte und nicht EEE und © ON SET bei B etonteilen vorgesehen, Aber wir
der Eigengesetzlichkeit der Apparatur. Damals kostete die Softwa- önnen auch völlig ohne Modul arbeiten.
re etwa viermal so viel wie heute. Die von mir angestrebte Gratis- ARCHT : Wie stufen Sie Ihr Angebot innerhalb der Konkurrenz
Software hätte einen großen Vorsprung der Informatisierung unter ein?
Frankreichs Architekten bedeutet, denn nicht vier CAD-Anlagen Kroll: Es ist das billigste und nach oben hin ausbaubar. Die Disket-
machen den Fortschritt aus, sondern 1000. tenstation ist mit ihrer begrenzten Speicherkapazität leider nicht
Nun, im Ministerium war man begeistert und sagte mir Unter- sehr komfortabel. Man muß ständig die Disketten wechseln. Mit
stützung zu. Ich kaufte mir also den neuen Rechner und bezahlte der Hard-disk ist das kein Problem mehr. Aber die ist in unserem
weiterhin den Informatiker, aber bis heute habe ich das Geld noch Hardware-Software-Paket nicht enthalten, die kommt hinzu, eben-
nicht bekommen. Nun sind wir inzwischen soweit, daß das Pro- so wie die Programme für Textverarbeitung, Kalkulation, etc. Das
gramm verkäuflich ist und vermarkten es nun, um unsere Entwick- sind die Extras.
ENGE GL Ae CE sehn kommen. Wir haben es „PAY- ARCH en N man hört, sind Sie mit Olivetti wegen der Hardware
im Geschäft?
ARCH*- Wieviele Versionen des Programms hat es Pedurf BiSSie. Ko: Nein, ganz und ar nicht. Das Programm läuft auf vielen
E ? Kompatiblen. Ich habe „PAYSAGE” auch einer belgischen Archi-
Kroll: Unsere erste Version entstand noch auf dem HP-Rechner, +ekturfachhochschule zur Verfügung gestellt.
2 1/2 Dimensionen und noch etwas mehr. Dann mußte das Ganze
auf den Seiko umgeschrieben werden. Es kam noch die Farbe hin- ARCHT : Haben Sie keine Angst vor Raubkopien und damit ver-
zu, er ist außerdem mehrplatzfähig, also schon ein größeres Werk- bundenen finanziellen Einbußen?
zeug. Es hat sich dann aber herausgestellt, daß man diese Dinge K79//: Das Risiko ist da, aber ich wünsche mir eine weite Verbrei-
nicht unbedingt braucht und daß sie Hard- und Software-Investitio- +1ng des Programms. Ich kann mir auch vorstellen, es einer deut-
nen auf ein Preisniveau treiben, das wir eigentlich unterbieten woll- schen Hochschule zur Verfügung zu stellen.
ten. Nun sind die (IBM-)Kompatiblen inzwischen so etwas wie ein . . . |
Standard geworden, und wir haben das Programm darauf umge- ARCHT : Konkret zur Arbeitsweise von „PAYSAGE*“ Die geometri-
schrieben, also insgesamt dreimal die ganze+Arbeit geleistet, was Sche Datenstruktur scheint ein Drahtmodell zu sein?
eigentlich idiotisch ist, aber offensichtlich unvermeidbar war. Kroll: Jedes Haus wird einzeln mit CAD aufgenommen und dann
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