Full text: ARCH+ : Zeitschrift für Architekten, Stadtplaner, Sozialarbeiter und kommunalpolitische Gruppen (1985, Jg. 18, H. 79-83)

BAUAUSSTELLUNGEN IN BERLIN 
Nur in Ansätzen realisierter Vorschlag Poelzigs für den Plan mit der durch Schraffur gekennzeichneten Gebiets- 
Abschluß der Sanierungsmaßnahmen am Bülowplatz abgrenzung des vom City-Ausschuß 1930 vorbereiteten 
im Scheunenviertel, 1927; die Sanierungsmaßnahmen Wettbewerbs zur Sanierung der südlichen Berliner Alt- 
im Berliner Scheunenviertel wurden im Raum 42 der stadt; unter der Schraffur sind die von der BVG 1926/27 
Deutschen Bauausstellung Berlin 1931 gezeigt (Plan- erwogenen Straßendurchbrüche zu erkennen (aus: 
sammlung der UB/TUB, Inv. Nr. 3592) Scarpa 1983, Abb. 71) 
der Slumbeseitigung werden in der bühne und der Parteizentrale der KPD _ Lothringerstraße abgerissen und neu 
„Deutschen Abteilung für Wohnungs- inzwischen nationale Bedeutung errichtet. Mit der Verfolgung und De- 
wesen”, Abschnitt „Die Beseitigung erlangt hat. Die neuen glatten, wohlge- portation der ostjüdischen Einwohner 
von Wohn- und Verkehrsmißständen” rundeten Gebäude repräsendieren den des Scheunenviertels erhält das Kon- 
(Raum 42), deutsche Sanierungspläne Versuch der Stadt Berlin, aus dem ver- zept der „sozialen Sanierung” seine 
gezeigt, darunter die Berliner Pläne zur rufenen Scheunenviertel ein Wohn- furchtbarste Bedeutung. 
Sanierung des Scheunenviertels und Aquartier für die moderne tertiäre City- Zielt das Projekt von Poelzig auf die 
der südlichen Altstadt. Bourgeoisie zu machen: „Die größeren Umstrukturierung eines begrenzten 
Die Sanierung des Scheunenviertels, Wohnungen sind hauptsächlich von Cityrandgebietes, so hat die - nicht rea- 
einer Gegend nördlich des Alexander- Ärzten, Rechtsanwälten und Kaufleu- lisierte - Planung der Sanierung der 
platzes mit proletarisch-ostjüdischem ten, die in der Nähe ihre Büros haben, südlichen Altstadt nichts weniger als 
Charakter, hat 1931 bereits eine lange gemietet worden - während in die klei- die treibhausmäßige Formung der 
Geschichte hinter sich. Diese beginnt neren Wohnungen Angestellte und modernen City selbst zum Gegen- 
mit dem Durchbruch der Kaiser-Wil- Beamte eingezogen sind. Es ist dadurch stand. Der Sanierungsplan „Altstadt” 
helm-Straße durch die Berliner eine ganz neue Bewohnerschaft in die hateine Vorgeschichte, die das „Prinzip 
Altstadt in den 80er Jahren des 19. Gegend am Bülowplatz gekommen, Heimlichkeit” des Städtebaus der 20er 
Jahrhunderts. Der Durchbruch erhält die in kurzer Zeit dem ganzen Viertel Jahre in geradezu klassischer Form ver- 
aber nur dann einen verkehrsplaneri- ihren Charakter aufprägen dürfte” deutlicht. 
schen Sinn, wenn er im Nordosten, im (Berliner Morgenpost, 5. 4. 1929, zit. Ausgangspunkt der Altstadtplanung ist 
Scheunenviertel, fortgesetzt wird. Plä- nach Autzen u. a. 1984, S. 7). Die Hoff- das Jahr 1926. In diesem Jahr wird 
ne in dieser Richtung werden erst Ende nung auf eine Fortsetzung der Vertrei- innerhalb des Vereins Berliner Kauf- 
des 19. Jahrhunderts ernsthaft disku- bung der unerwünschten alten Bewoh- leute und Industrieller ein City-Aus- 
tiert. Der Abriß eines größeren Gebie- ner aber wird enttäuscht, es gelingt schuß gegründet, der der drohenden 
tes in städtischer Regie, Straßendurch- nicht, das „ganze Viertel” aufzuwerten relativen Entwertung der Altstadt 
brüche und die Anlage des Bülowplat- und partiell zu tertiarisieren. Der Brük- durch den „Zug nach Westen” entge- 
zes sowie der Bau eines Theatergebäu- kenkopf der Cityerweiterung jenseits genwirken soll. „Der City-Ausschuß ... 
des für die Volksbühne kennzeichnen des ‚Alexanderplatzes zündet nicht. bezeichnet als seine Aufgabe in erster 
die Entwicklung bis zum Ersten Welt- Erst nach der Machtübergabe: an die Reihe die Mitarbeit an der Lösung der 
krieg. Die vor 1914 eingeleitete Sanie- Nationalsozialisten wird die Sanierung Verkehrsfrage, der baulichen Ausge- 
rung kann in der Weimarer Republik des Scheunenviertels mit einer propa- staltung und der Umsiedlung der Be- 
zunächst nicht fortgesetzt werden. Erst gandistischen Inszenierung von natio- wohner der Berliner Innenstadt nach 
die Baumaßnahmen im Gefolge der naler Dimension fortgeführt: Der den Vororten” (Zentralblatt der Bau- 
Planungen von Poelzig nach 1927 be- Bülowplatz wird zu einem Kultplatz verwaltung, 20. 1. 1926, S. 35) Führen- 
decken die durch die Kahlschlagsanie- den neuen Regimes, zum „Horst-Wes- des Mitglied des City-Ausschusses wird 
rung vor dem Krieg entstandenen Wun- sel-Platz” umgebaut. In diesem Zu- der Architekt und Stadtplaner Martin 
den am Bülowplatz, der durch die sammenhang werden nach Plänen von Mächler. Ebenfalls 1926 werden die 
Inszenierungen Piscators an der Volks- Ermisch Häuser an der Linien- und Stadträte Ernst Reuter und Martin Wa-
	        

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