Full text: ARCH+ : Zeitschrift für Architektur und Städtebau (1987, Jg. 20, H. 88-92)

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HOHENRAUSCH: 
selbaliune ein ( &^b. 4). Beim oberitalie- 
nischen Feldzug wird die militärische 
Lage von zwei Generalen aus der Luft und 
«ontrolliert und kommandiert. Die Be- Italiener 
fehlshaber suchen aus der Hôhe die geg- kel, 
nerischen Schwachstellen mit Fernroh- NIE 
5 und befehlen die eigenen Truppen erst ır 
Info-Box. lie wie eine Luftseilbahn- gründe 
pine xpediert wird. Einfrü- — ten an 
aviation c’est tenter Dieu! (Corbusicis 
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In die Höhe steigen und von oben nach 
unten blicken heifit immer ai h icne Vä- 
ter überwinden, o 
Erscheinungen uns aut Distan» . 
und beherrschen, die allmáchtig 
stinktion betonen und einen parterre 
halten. Nicht anders sind die Mütter: 
Liebe erheischend, erdrücken sie durch 
‘Uberfülle und verzárteln subtil mit ihre: 
Zuneigung; entlassen den Nachwu- 
nicht aus der Zucht, verehren im Kin: 
Produkt und Miniatur der ihnen 
zerten Zuneigung. 
Uberväter und Ubermütter, Got 
staat und Erziehung, Patriarchat samt 
Nischen-Matriarchat: sie alle haben den 
Blick von oben, verfolgen argwôhnisch 
alle Bewegungen und Unternehmungen 
(Abb. 1, 2). Gegen die traditionelle All- 
macht sind die heutigen Kontrollmecha- 
nismen mit Video-Monitoren nur tech- 
nisch-eindimensionale Uberwachungs- 
Instrumente. Das ubiquitár-blickende 
göttliche Auge dringt selbst in dunkel 
pubertäre Einsamkeit: es sieht nicht nur 
mit dem Kontrollblick, sondern schafft 
auch jenes Gewissen, das als schlechtes 
moralisch-korrigierend wirkt. Ist zum 
eigenen Auge internalisiert: Blockwar 
in jedem, der sich zum Musterbeispiei 
stilisiert, andere mitüberwacht. Der 
Blick von oben wird umfassendes Sy- 
stem sozialer Kontrollen durch und in al. 
ien Ebenen. Max Ernst zeigt in seinem 
1934 erschienenen abgründig-surrealen 
Bilderbuch *Une semaine de bonté' die 
hinter bürgerlicher Rationalitát lauern- 
den Argus-Augen, die ein lückenloses 
System bilden und alle Wege und Bewe- 
gungen kontrollieren (Abb. 3). - Aut. 
nomie heift aber: diesen Herrschafi 
blick zu durchbrechen, die dritte 1 
mension, also die Vertikale zu erobert 
... Architektur als gebaute Welt ist zu 
bestehenden Wirklichkeit als normie 
rende Normalitát ein praktizierter Pro- 
test gegen Vorgefundenes und konstru 
lert gegen überlieferte Strukturen. 
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Wer oben sitzt, verfügt über den erhabe- 
nen Blick aus Gottes Position, hat 
Macht über Menschen und Sachen, die 
da unten liegen. (Charlie Chaplins Ses- 
sel-Elevationen im Barbiersalon des 
*Great Dictator' sind grandioses Lehr- 
beispiel.) Taktisch klug kombinierte Le 
Corbusier 1935, da der Blick von oben 
aus dem Flugzeug für das Militár strate- 
gisch entscheidend wird, L. C. schreibt: Abb. I: Max Ernst. Tafel 167, Collage-iadierung. 
man konnte endlich über die Grenzen des 280 x 220 mm in: .Une semaine de bonté (Paris 1934, 
. Jeanne Bucher): Ein strahlenbekränzter Heiliger 
Nachbarn schauen (Aircraft. The new blickt nach unten, in subtiler Abwandlung hat er toten- 
Vision). — Der vorteilhafte Blick aus der kopfartige Augenlôcher. Seine Position ist ambivalent; 
/ogelperspektive ist militärischer Neu- | “igenen ande. bt Cont tid eacleah intermalieres 
gierde nicht entgangen: die Franzosi- Über-Ich. — Max Ernst làfit den Betrachter nicht im 
: Armee setzte schon 1796/97 unter 231 kommenters dus Blu mine anche 
noleons Befehl luftschiffartige Fes- bist im Himel, bleibe dort! Upd wir bleioben hie» 
der erde, welche manchmal wunderschon sem kan 
® Ferdinand Hodler, ‚Der Auserwählte” (1893/94 
Li. T uf Leinwand. ?1- 4 296.m Kune + 
seum Ufried-Kceller-suttung): Sccns si 
bend 1 olicken von oben auf den Bubikop: 
ben, x A1 seinem Lebensbüumch«cn knieen-! 
schaur Wie Tiefgefrorenes stehen die Engel s 
Luft, abgestutzt durch den auf die Erde fete. 
ren-Umhang. Die üuferen beiden sche 
Füfien noch auf Hodlers Atelierboden = 
Qld fehlt eine» 'criceh.s- cogis ue A
	        

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