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Hamburger-Allermöhe
wohner müssen Bestandteile und Funktionen ihrer Häuser ken-
nen, um sachgerecht mit ihnen umgehen zu können. Partizipa-
tion der Baufamilien auf allen Planungsebenen ist daher selbst-
verständlicher Anspruch jedes Öko-Projektes.
Nebenbei ist der Architekt auch noch Privatmensch und als sol-
cher in einem Alter, in dem er auch für sich mal ein Haus bauen
möchte. Was liegt da näher, als auch das eigene Haus in experi-
menteller Öko-Weise zu errichten. Dabei verbinden sich berufli-
che, persönliche und gesellschaftspolitische Interessen in schein-
bar idealer Weise: Man demonstriert am eigenen Beispiel, daß
ökologisches Bauen möglich ist, schafft damit Vertrauen zu die-
ser Bauweise und wirbt auf diese Art neue Bauherren.
Gehört der Architekt noch dazu zur gleichen Generation wie
die Baufamilien, hat im Studium ähnliche Ideen von alternativer
Lebensweise und Gemeinschaft geträumt, hängt einem Berufs-
bild an, daß ihn als gleichwertigen Partner des Bauherren sieht,
so liegt es nahe, sich mit dem eigenen Haus in die Bauherrenge-
meinschaft zu integrieren. In Herford, Hannover und Kassel sind
deshalb Architekten gleichzeitig auch Bauherren.
ZEITVERZÖGERUNGEN BIS ZUM BAU-
BEGINN UND IHRE KONSEQUENZEN
Planungszeiträume ökologischer Siedlungsprojekte
Initiative
Baubeginn
Planungs-
zeitraum
Bamberg
Kempten
Kassel
Hannover
Hamburg
Herford
1980
1980
1981
1982
1982
1982
1986
1983
1984
1983
1986
9
6 Jahre
3 Jahre
3 Jahre
1Jahr
4 Jahre
9
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Ökologische Siedlungsprojekte haben bekanntlich mit langen
Zeiträumen zwischen Bauidee und Baurealisierung zu kämpfen.
Ursache hierfür ist die Anhäufung von Problemen, die sich dar-
aus ergeben, daß es sich immer um eine Kombination aus techni-
schem und sozialem Experiment handelt. Denn bevor man mit
dem Bau beginnen will,
® muf sich eine Bauwilligengruppe finden und konsolidieren,
® muß gemeinsam ein ökologisches Konzept entwickelt wer-
den, das von allen getragen wird,
® müssen spezifische Rechtsfragen geklärt und
® umfassende Auseinandersetzungen mit Behörden und politi-
schen Gremien geführt werden.
Gruppenbildung
Erster Schritt jedes ökologischen Projektes ist zunächst die Bau-
willigen-Findung.
In den meisten Fällen ging die Idee und Initiative zum Projekt
von den Architekten aus (Bamberg, Kassel, Hannover, Ham-
burg). Seltener von interessierten Baufamilien (Kempten, Her-
ford). die sich aber dann sehr schnell mit befreundeten Architek-
ten zusammentaten, um das Konzept gemeinsam zu entwickeln.
Die Interessentenwerbung lief über Mundpropaganda im Be-
kanntenkreis, über Zeitungsartikel und Ausstellungen zum The-
ma. Einzig in Hamburg wurde die Initiative der Architekten von
der Baubehörde aufgegriffen und in ein Pilotprojekt überführt.
Egal, ob die Initiative von Architekten oder Baufamilien aus-
geht, in jedem Fall besteht der Anspruch an die Interessenten,
daß sie sich aktiv mit dem Problem des Hausbaus auseinanderset-
zen, daß sie sich für das Projekt engagieren und sowohl in der Pla-
nungsphase als auch im späteren Wohnalltag als Mitglied einer
Gruppe fühlen, die eine gemeinsame Sache in Angriff nimmt.
Das schon erwähnte Partizipationsverständnis der Architekten
und der Selbstbestimmungsanspruch der Bauherren haben zur
Folge, daß alle Fragen des Siedlungskonzeptes gemeinsam disku-
tiert werden sollen.
Viele dieser Fragen ziehen bauordnungs- und planungsrechtli-
che Konsequenzen nach sich.
Politische und administrative Hürden
Der Bebauungsplan ist die entscheidende Hürde eines ökologi-
schen Projekts auf kommunalpolitischer Ebene. Taktisches Ge-
schick, Beziehungen und ein gutes Gespür für Durchsetzbarkeit
sind hier entscheidend für den Erfolg. Projekte mit hohem Parti-
zipationsanspruch, weitreichendem ökologischen Konzept, gro-
ßer Prinzipientreue und/oder geringer kommunalpolitischer Er-
fahrung hatten es in dieser Phase besonders schwer (Herford,
Bamberg).
Umgekehrt haben sich gute Beziehungen zur Stadtverwaltung
kombiniert mit frühzeitiger Kompromißbereitschaft grundsätz-
lich positiv auf die Planungszeitráume ausgewirkt (Kassel, Han-
nover).
Zeitverzógernd wirken sich weiterhin die Genehmigungsver-
fahren der Behörden aus. Auch hier hat sich frühzeitige Kontakt-
aufnahme mit den Béhórden sowie Verzicht auf umstrittene óko-
logische Mafinahmen (insbesondere alternative Abwasserbesei-
tigung und Grauwassernutzung) zeitverkürzend ausgewirkt.
Besondere Probleme bereitete immer die alternative Abwas-
serbeseitigung und Grauwassernutzung. Projekte mit diesen
Konzeptpunkten hatten mit den Behórden besonders harte
Kämpfe auszufechten.
Rechtsfragen
Eine konsequente Verfolgung des ökologischen Gedankens legt
es nahe, das einzelne Haus nicht isoliert zu betrachten, sondern
Konzepte für eine ganze Siedlungseinheit zu entwickeln. Dies be-
trifft vor allem die Verkehrserschließung und den Wasserkreis-
lauf.
Will eine Gruppe keine Autos in der Siedlung zulassen und
möglichst wenig Flächen versiegeln, um das Regenwasser versik-
kern lassen zu können, so ist sie im allgemeinen gezwungen, die
wegemäßige Erschließung ihrer Häuser selbst zu übernehmen,
denn bei öffentlichen Straßen und Wegen müssen Bestimmungen
hinsichtlich Breite und Belag eingehalten werden, die nicht im
Sinne ökologischer Konzepte sind.
Die Gemeinschaft muß dann die Flächen für Erschließungswe-
ge kaufen und in privater Regie herrichten. Möchte sie noch dazu
ihre Abwässer selbst über eine Pflanzenkläranlage klären und
aus diesem Grund auf den Anschluß an die öffentliche Kanalisa-
tion verzichten, stehen weitere Maßnahmen an, die von der
Gruppe gemeinsam geregelt werden müssen.
Parallel zur Auseinandersetzung mit Behörden und politi-
schen Gremien müssen sich. daher Baufrauen und -herren als
Gruppe einen rechtlichen Rahmen geben, um die notwendigen
Verträge abschließen zu können.
Die Wahl der angemessenen Rechtsform ist häufig mit zeitauf-
wendigen und frustrierenden Diskussionen formaljuristischer
Sachverhalte verbunden, bei denen nicht nur ideologische
Grundsatzfragen über die Intensität der angestrebten Gemein-
schaft erörtert werden müssen, sondern zusätzlich auch noch
Auseinandersetzungen mit den Vertragspartnern zu bewältigen
sind. So scheiterte zum Beispiel in Hamburg die Organisation der
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