Full text: ARCH+ : Zeitschrift für Architektur und Städtebau (1987, Jg. 20, H. 88-92)

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Hamburger-Allermöhe 
wohner müssen Bestandteile und Funktionen ihrer Häuser ken- 
nen, um sachgerecht mit ihnen umgehen zu können. Partizipa- 
tion der Baufamilien auf allen Planungsebenen ist daher selbst- 
verständlicher Anspruch jedes Öko-Projektes. 
Nebenbei ist der Architekt auch noch Privatmensch und als sol- 
cher in einem Alter, in dem er auch für sich mal ein Haus bauen 
möchte. Was liegt da näher, als auch das eigene Haus in experi- 
menteller Öko-Weise zu errichten. Dabei verbinden sich berufli- 
che, persönliche und gesellschaftspolitische Interessen in schein- 
bar idealer Weise: Man demonstriert am eigenen Beispiel, daß 
ökologisches Bauen möglich ist, schafft damit Vertrauen zu die- 
ser Bauweise und wirbt auf diese Art neue Bauherren. 
Gehört der Architekt noch dazu zur gleichen Generation wie 
die Baufamilien, hat im Studium ähnliche Ideen von alternativer 
Lebensweise und Gemeinschaft geträumt, hängt einem Berufs- 
bild an, daß ihn als gleichwertigen Partner des Bauherren sieht, 
so liegt es nahe, sich mit dem eigenen Haus in die Bauherrenge- 
meinschaft zu integrieren. In Herford, Hannover und Kassel sind 
deshalb Architekten gleichzeitig auch Bauherren. 
ZEITVERZÖGERUNGEN BIS ZUM BAU- 
BEGINN UND IHRE KONSEQUENZEN 
Planungszeiträume ökologischer Siedlungsprojekte 
Initiative 
Baubeginn 
Planungs- 
zeitraum 
Bamberg 
Kempten 
Kassel 
Hannover 
Hamburg 
Herford 
1980 
1980 
1981 
1982 
1982 
1982 
1986 
1983 
1984 
1983 
1986 
9 
6 Jahre 
3 Jahre 
3 Jahre 
1Jahr 
4 Jahre 
9 
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Ökologische Siedlungsprojekte haben bekanntlich mit langen 
Zeiträumen zwischen Bauidee und Baurealisierung zu kämpfen. 
Ursache hierfür ist die Anhäufung von Problemen, die sich dar- 
aus ergeben, daß es sich immer um eine Kombination aus techni- 
schem und sozialem Experiment handelt. Denn bevor man mit 
dem Bau beginnen will, 
® muf sich eine Bauwilligengruppe finden und konsolidieren, 
® muß gemeinsam ein ökologisches Konzept entwickelt wer- 
den, das von allen getragen wird, 
® müssen spezifische Rechtsfragen geklärt und 
® umfassende Auseinandersetzungen mit Behörden und politi- 
schen Gremien geführt werden. 
Gruppenbildung 
Erster Schritt jedes ökologischen Projektes ist zunächst die Bau- 
willigen-Findung. 
In den meisten Fällen ging die Idee und Initiative zum Projekt 
von den Architekten aus (Bamberg, Kassel, Hannover, Ham- 
burg). Seltener von interessierten Baufamilien (Kempten, Her- 
ford). die sich aber dann sehr schnell mit befreundeten Architek- 
ten zusammentaten, um das Konzept gemeinsam zu entwickeln. 
Die Interessentenwerbung lief über Mundpropaganda im Be- 
kanntenkreis, über Zeitungsartikel und Ausstellungen zum The- 
ma. Einzig in Hamburg wurde die Initiative der Architekten von 
der Baubehörde aufgegriffen und in ein Pilotprojekt überführt. 
Egal, ob die Initiative von Architekten oder Baufamilien aus- 
geht, in jedem Fall besteht der Anspruch an die Interessenten, 
daß sie sich aktiv mit dem Problem des Hausbaus auseinanderset- 
zen, daß sie sich für das Projekt engagieren und sowohl in der Pla- 
nungsphase als auch im späteren Wohnalltag als Mitglied einer 
Gruppe fühlen, die eine gemeinsame Sache in Angriff nimmt. 
Das schon erwähnte Partizipationsverständnis der Architekten 
und der Selbstbestimmungsanspruch der Bauherren haben zur 
Folge, daß alle Fragen des Siedlungskonzeptes gemeinsam disku- 
tiert werden sollen. 
Viele dieser Fragen ziehen bauordnungs- und planungsrechtli- 
che Konsequenzen nach sich. 
Politische und administrative Hürden 
Der Bebauungsplan ist die entscheidende Hürde eines ökologi- 
schen Projekts auf kommunalpolitischer Ebene. Taktisches Ge- 
schick, Beziehungen und ein gutes Gespür für Durchsetzbarkeit 
sind hier entscheidend für den Erfolg. Projekte mit hohem Parti- 
zipationsanspruch, weitreichendem ökologischen Konzept, gro- 
ßer Prinzipientreue und/oder geringer kommunalpolitischer Er- 
fahrung hatten es in dieser Phase besonders schwer (Herford, 
Bamberg). 
Umgekehrt haben sich gute Beziehungen zur Stadtverwaltung 
kombiniert mit frühzeitiger Kompromißbereitschaft grundsätz- 
lich positiv auf die Planungszeitráume ausgewirkt (Kassel, Han- 
nover). 
Zeitverzógernd wirken sich weiterhin die Genehmigungsver- 
fahren der Behörden aus. Auch hier hat sich frühzeitige Kontakt- 
aufnahme mit den Béhórden sowie Verzicht auf umstrittene óko- 
logische Mafinahmen (insbesondere alternative Abwasserbesei- 
tigung und Grauwassernutzung) zeitverkürzend ausgewirkt. 
Besondere Probleme bereitete immer die alternative Abwas- 
serbeseitigung und Grauwassernutzung. Projekte mit diesen 
Konzeptpunkten hatten mit den Behórden besonders harte 
Kämpfe auszufechten. 
Rechtsfragen 
Eine konsequente Verfolgung des ökologischen Gedankens legt 
es nahe, das einzelne Haus nicht isoliert zu betrachten, sondern 
Konzepte für eine ganze Siedlungseinheit zu entwickeln. Dies be- 
trifft vor allem die Verkehrserschließung und den Wasserkreis- 
lauf. 
Will eine Gruppe keine Autos in der Siedlung zulassen und 
möglichst wenig Flächen versiegeln, um das Regenwasser versik- 
kern lassen zu können, so ist sie im allgemeinen gezwungen, die 
wegemäßige Erschließung ihrer Häuser selbst zu übernehmen, 
denn bei öffentlichen Straßen und Wegen müssen Bestimmungen 
hinsichtlich Breite und Belag eingehalten werden, die nicht im 
Sinne ökologischer Konzepte sind. 
Die Gemeinschaft muß dann die Flächen für Erschließungswe- 
ge kaufen und in privater Regie herrichten. Möchte sie noch dazu 
ihre Abwässer selbst über eine Pflanzenkläranlage klären und 
aus diesem Grund auf den Anschluß an die öffentliche Kanalisa- 
tion verzichten, stehen weitere Maßnahmen an, die von der 
Gruppe gemeinsam geregelt werden müssen. 
Parallel zur Auseinandersetzung mit Behörden und politi- 
schen Gremien müssen sich. daher Baufrauen und -herren als 
Gruppe einen rechtlichen Rahmen geben, um die notwendigen 
Verträge abschließen zu können. 
Die Wahl der angemessenen Rechtsform ist häufig mit zeitauf- 
wendigen und frustrierenden Diskussionen formaljuristischer 
Sachverhalte verbunden, bei denen nicht nur ideologische 
Grundsatzfragen über die Intensität der angestrebten Gemein- 
schaft erörtert werden müssen, sondern zusätzlich auch noch 
Auseinandersetzungen mit den Vertragspartnern zu bewältigen 
sind. So scheiterte zum Beispiel in Hamburg die Organisation der 
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