Full text: ARCH+ : Zeitschrift für Architektur und Städtebau (1987, Jg. 20, H. 88-92)

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gnazio Gardella, Vorschlag zur " 
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Terni zu besuchen, eine Stadt, 
der der Architekt einen großen 
Teilseines Lebens widmete. Hier 
konstruierte er mit Passıon sein 
kleines Domizil „Lina“ (Vgl. 79 
ARCH*, S. 4 ff) Danach werden 
die kleineren Zentren der Toska- 
na besucht, Radicofani, San Gi- 
mignano und Colle Val d’Elsa, 
bis man zur Certosa die Ema al 
Galluzuo kommt, die grundle- 
gend Le Corbusier in seiner Def- 
inition der Immeubles-Villas be- 
einfluBte. Danach erreichen wir 
die Reiseroute Florenz, die Stadt 
des „monumentalen Modells“, 
durchsetzt von großen Kirchen 
und Palästen, erbaut im Inneren 
des mittelalterlichen Gewebes 
aus dem 15. und 16. Jahrhundert. 
Die Originalmodelle des Palazzo 
Strozzi von Giuliano da Sangallo 
und von der Lanterne von S. Ma- 
ria del Fiore sind gemeinsam mit 
den Originalzeichnungen des 
Ammannati und des Buontalenti 
für die Anbauten am Palazzo Pitti 
ausgestellt. Aber die Stadt wird 
auch mit den Augen des 19. Jahr- 
hunderts gesehen. durch die 
städtischen Eingriffe von Giu- 
seppe Poggi, aber auch durch das 
Relief der Rennaissancebauten, 
die ihrerseits architektonische 
Modelle wurden, die nach ganz 
Europa exportiert wurden, wie in 
das München des Leo von Klenze 
und Carl von Fischer. 
Die Reise von Florenz nach 
Bologna geht im Zug weiter. Sie 
beginnt mit dem Florentiner 
Bahnhof Santa Maria Novella, 
Beispiel ante litteram einer kon- 
textualistischen Architektur, ge- 
baut im goldenen Zeitalter der 
Moderne; sie setzt sich fort mit 
den Entwürfen für die Gebäude 
der Eisenbahnlinie Direttissima, 
die so stark in die appeninische 
Landschaft zwischen Florenz und 
Bologna eingeschnitten haben. 
Bologna, die Stadt .der vorsich- 
tigen Experimente“ wird unter 
dem Aspekt der Kontinuität des 
Systems ihrer Arkaden gesehen, 
die im Mittelalter gebaut wur- 
den, und die, wie ein einigendes 
stádtisches Element. für die wei- 
tere Geschichte der Stadt stehen; 
oder unter dem Gesichtspunkt 
gesehen der Geschichte der Fas- 
sade der gotischen Kirche von 
San Petronio, Frucht unzähliger 
Vorschläge aus dem 16. und 17. 
Jahrhundert seitens der größten 
Architekten der Zeit, von Pro- 
jekten des 19. Jahrhunderts und 
eines Wettbewerbes des Jahres 
1935 — trotzdem blieb sic bis heu- 
te unvollendet. Fast eine Ge- 
schichte nicht gebauter Architek- 
tur. 
Nach einem kurzen Besuch auf 
dem Friedhof von Aldo Rossi bei 
Modena, der eine Metapher für 
eine von den Lebenden verlasse- 
ue Stadt ist, verliert sich Vittorio 
Valori Perduti in den kleinen Or- 
ten der Tiefebene von Padua, die 
mit dem Objektiv des magischen 
Realismus von Luigi Ghirri foto- 
graphiert wurden. Die Reise geht 
weiter in Richtung Norden und 
berührt die Gipsoteca canoviani 
von Possagno und den Friedhof 
von Carlo Scarpa bei S. Vito di 
Altivole. 
Venedig, anormale und un- 
wahrscheinliche Stadt wird unter 
dem Gesichtspunkt der Normali- 
tät, der „Angleichung ans Nor- 
male“ gesehen; vom Versuch, sie 
in eine klassische Stadt des San- 
sovino, des Palladio, des Sca- 
mozzi zu reformieren, bis zu den 
Plànen des 19. Jahrhunderts, die 
Kanäle unterirdisch zu legen, 
und bis zu den modernen Projek- 
ten von Louis Kahn und Le Cor- 
busier. 
Eine sehr große Karte aus dem 
19. Jahrhundert vom Podelta be- 
gleitet den Reisenden nach Sü- 
den, der adriatischen Küste fol- 
gend — bis nach Ancona, der 
Stadt der „bescheidenen Befesti- 
gungsanlagen^. eine kleine 
Stadt, die durch den Hafen und 
das Krankenhaus Pentagonale 
von Luigi Vanvitelli von den gro- 
Ben Befestigungsanlagen des 16. 
Jahrhunderts losgekauft werden 
mußte. 
Vorbei an Bari und seinem 
Borgo murattiano geht es nach 
Süden weiter und die Reiseroute 
berührt Stádte wie Granmichele, 
deren Anlage einem sechsecki- 
gen Plan oder wie Niscemi, deren 
Anlage einem rechtwinkligen 
Plan folgt. Palermo prásentiert 
sich als Stadt der ,mitteleuropái- 
schen Träume“, eine Stadt, die 
fortwährend die Einflüsse von 
Debatten und architekonischen 
Bewegungen aufzunehmen 
scheint, die anderswo geboren 
wurden. Das schöne Holzmodell 
des Teatro Massimo von Giovan 
Battista Basile, das von einer Ju- 
ry ausgezeichnet wurde, zu der 
Gottfried Semper gehörte, oder 
die Jugendstil-Zeichnungen des 
Sohnes Ernst, bezeugen in wie- 
weit der nordische Einfluß das 
Gesicht des modernen Palermo 
mitbestimmt hat. 
Durch die Meerenge von Mes- 
sina trifft der Reisende auf die 
Überreste von Paestum, auf die 
weise Rekonstruktion von La- 
brouste, sieht Pompej und seine 
Ruinen durch die kolorierten Ta- 
fein des 19. Jahrhunderts und die 
Skizzen des jungen Le Corbu- 
sier. Neapel, „die Stadt des 
Chaos“, erscheint wie eine spon- 
tane Stadt, der man wiederholt 
eine Ordnung aufzuzwingen ver- 
sucht hat durch philantropische 
Projekte wie die Albergo dei Po- 
veri von Ferdinando Fuga oder 
durch „sanierende“ Einschnitte 
in das städtische Gewebe wie der 
Corso Maria Teresa oder Corso 
Umberto. 
Der Reiseroute nach Norden 
folgend, trifft man auf die, von 
Mussolini gegründeten Städte 
des Agro Pontino, im Besonde- 
ren auf das Zentrum von Sabau- 
dia, ein kleines aber organisches 
Beispiel des italienischen Stád- 
tebaus der dreißiger Jahre. Vor- 
bei an Grosseto, Livorno und Pi- 
sa, den langen Stránden und Bà- 
derkomplexen der Versilia: vor- 
bei an Genua mit seinen massi- 
ven Mietskasernen; vorbei an 
Alessandria. aber nicht ohne die 
großartigen Architekturen von 
Ienazio Gardella betrachtet zu
	        

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