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2) Gefärbte Stoffe schaden am wenigsten im Winter, in kalten
Klimaten und bei Gewändern, die man in den Arbeit5pausen bei mehr
ruhendem Körper trägt, also zum Sonntags8gewand, BesuchSanzügen 2c.,
sagen wir kurzweg Festgewand (zum Tanzen taugen sie allerdings
nicht, denn Tanzen ist Sport).
3) Unbedingt zu verwerfen sind alle abschießenden Farben; wenn
die Färber behaupten, wie neulich in mehreren Zeitungen zu lesen,
Anilin sei nur dann schädlich, wenn es Arsenik enthalte, so ist das
ganz falsc<, die Schädlichkeit des Anilin beruht der Hauptsache nach
in seiner Flüchtigkeit.
4) ächte, d. h. sich nicht verflüchtigende Farben sind zulässig,
aber nur dann, wenn kein ungebundener, unausgewaschener Rest oder
Veberschuß von Farbe in dem Gewand ste>t. Da sich ein solcher
Veberschuß durch Abfärben verräth, so ergibt sich die Prüfung von
selbst , und da die Auswaschung nur dann perfekt wird, wenn die
Färbung an der unverarbeiteten Wolle vorgenommen wird, so sind
eigentlich zulässig nur Stoffe, die „in der Wolle gefärbt“ sind,
verwerflich alle am Stück gefärbten oder mit Farben bedruckten Stoffe.
5) Je weniger Farbstoff ein Gewand enthält, d. h. je heller
es gefärbt ist, desto weniger gefährlich ist ver Farbstoff in ihm.
Bei der praktischen Durchführung des Farbstoffregimes wäre es
thöricht, sofort mit aller Kunstfarbe brechen zu wollen, und deShalb
sind einige Farben von mir aufgenommen worden, und zwar zunächst
Zudigo und Cochenille, und da wird es uns nun interessiren zu hören,
was die Prüfung Seitens der Homöopathie über diese Farbstoffe ergab.
Von Indigo gibt das Handbuch der homöopathischen
Arzneimittellehre von Mevicinalrath Dr. :C F.:Trinks
(Leipzig 1847) pag. 888 im Wesentlichen folgende Krankheitzerschei-
nungen an (wörtliche Anführung würde zu weitshweifig) :
Stechen, Reißen, Ziehen, Juen und Brennen in den verschiedensten Stellen
des Körpers, am schlimmsten in der Ruhe und im Siken, die sich oft durch Nei-
ben und Drucken, jowie durch Bewegung lindern oder vertreiben lassen ; Ange-
griffensein der Nerven, ähnlich wie bei Strychningenuß, Schwindel , Mattigkeit
und Abgeschlagenheit namentlich der Unterglieder, Verdrießlichkeit und Verstimmt-
heit bis zu Shwermuth,*) häufiges Gähnen und große Schläfrigkeit, Angstträume,
Frösteln über den ganzen Körper, Jucken in der Haut, vorzüglich im Gesicht,
öfters mit Bildung von Bläshen und Quaddeln, auch Blutschwären am Hals
und Hinterba>en ; Appetitlosigkeit, fader süßlicher Mundgeschmac>, Uebelkeit und
häufiges Aufstoßen, Diarrhoe mit viel Blähungen und Stuhlzwang, vermehrte
Harnabjonderung und Harndrang, heftiges Nießen und Husten.
Ueber Coccnille fagt das Handbuch der homöopathischen
Arzneiwirkungslehre von Dr. C. Heinigke:
E53 erzeugt Rheuma-ähnliche Schmerzen im Nacken, Rücken und Gliedern,
unruhigen Schlaf mit lebhaften Träumen, Schläfrigkeit bei Tage, Wechsel zwi-
*) Nach den Beobachtungen von Rush und Esquiro1 sollen JIndigo-
färber oft shwermüthig, Scharlach- (Cochenille-) Färber zornmüthig werden , eine
Beobachtung, die shon Paracelsus machte,