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selben einathmet. Daher stammt der Gebrauch, Haarlo>en sympathischer
Personen als Andenken aufzubewahren, in Medaillons oder sonst einer
Form zu tragen und als Kultusreliquien von „Heiligen“ zu benüßen.
3. Die dritte Form der Anwendung ist die, welche ich ihr ge-
geben habe: in Form von imprägnirten Streukügelchen, die man ent-
weder so verschluckt oder in einem beliebigen Getränk auflöst.
Cine der praktischen Aufgaben, die ich mir in Folge meiner Ver-
suchsergebnisse gestellt, ist die: Haar von sol<en Personen auf-
zutreiben, deren Sympathiebereich ein möglichst aus-
gedehnter ist, denn ein solches repräsentirt ein Arzneimittel, welches
mächtiger und wichtiger ist als alle die Thierdüfte wie Moschus,
Bisam, Bibergail, Ambra 2c., welche uns unsere Apotheker ver-
ji<hlu&en und unsere Parfümeure einathmen lassen.
Unter den Personen, mit deren Haarduft ich experimentirte, be-
finden sich bereits einige, deren Sympathiebezirk sehr ausgedehnt ist;
ich wünsche aber noch weiteres Material, und das ist der Haupt-
grund, warum ich jetzt schon im Blatte davon spreche. Weiß Jemand
eine sol<he Person =- Mann, Weib oder Kind -- die, wie man, um
es zu wiederholen, sagt, blos durch ihre Gegenwart alle Herzen be-
zaubert, von heiterem, fröhlichem, liebens8würdigem Gemüth, frei von
extremen Leidenschaften, eine sog. „reine Seele“ (Anima candida et
casta) ist, z. B. eine berühmte Samariterin und Krankenpflegerin oder
einen Seelsorger öder Arzt, der sich sehr großer persönlicher Beliebt-
heit bei Kranken erfreut, so wird er mir eine große Freude bereiten,
wenn er mich in den Besitz einer kleinen Haarlocke derjelben setzt unter
Angabe von Alter, Geschlecht und Beruf (den Namen brauche ich nicht
zu wissen). Wichtig ist, daß die betreffende Person keine Pomade,
Haaröle und dergl. benüßt. Wo dieß der Fall ist, kann man sich
bei erwachsenen Personen damit helfen, daß man die Haare der Achsel-
grube entnimmt.
Bom Geruchssinn.
(Aus: „Blätter für gerichtliche Anthropologie“.)
(Fortsezung und Schluß.)
Es wurde oben erwähnt, daß die Ausdünstung des Menschen riech-
bar ist, und daß es Menschen gibt, die einen eigenthümlichen Geruch um
sich her verbreiten. Dieses ist nun auch besonders bei gewissen Krankheiten
der Fall, und hier ergibt sich eine anderweitige Beziehung des Geruchs-
sinnes zur forensischen Praxis, nämlich die, mittelst desselben die Simulation
einer psychischen Krankheit zu entdeken. Man bemerkt nämlich in
der Umgebung fast aller psy<his<hen Kranken einen ganz
eigenthümlichen spezifischen Geruch. Es haben zwar Cinige den-
selben von der unwillkürlichen Ausleerung des Kothes und Urines dieser
Kranken und ihrer Unreinlichkeit hergeleitet und deßhalb keiner besonderen
Aufmerksamkeit gewürdigt; aber richtiger ist die Ansicht, nach welcher dieser
Geruch als den psychischen Kranken eigenthümlich, als aus dem Wesen