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heit verschwunden ist, was jedenfalls nicht sobald geschieht. Aber ich bin
doch froh, daß einmal eine Aenderung eingetreten ist, und so kann die Ge-
nesung nicht ausbleiben. Sie haben recht: man muß eben Geduld haben.
Meine Affektfestigkeit, bei mir ein schwacher Punkt, hat sich troßdem ge-
hoben. J< bin bei gutem Muth. Noch etwas über die Kleidung:
Zhr Aufsaß über die Beinbekleidung hat mir ungemein gefallen und
alles ist mir aus der Seele geschrieben. Je länger ich die enge Hose trage,
um so entzückter bin ich darüber, und ich kann gar nicht begreifen, daß
man je diese herrliche Tracht hat verlassen und sich zu einem solchen Un-
sinn hat versteigen können, die Beine in Säcke zu steken. Diese Erkennt-
niß des Richtigen und Schönen gibt mir auch den Muth, mich überall in
der engen Hose zu zeigen und souverain auf alles Gaffen und Lachen
herabzusehen.
Die richtige Beinbekleidung hat mich zur richtigen naturgemäßen
Armbekleidung geführt. J< habe mir an meinen beiden Anzügen enge,
vorn geschlossene Aermel machen lassen, und die Sache behagt mir so gut,
daß ich nicht mehr davon abgehen werde. Wenn man den engen Aermel
eine Zeit lang sieht, wie ich hier, wo ihn die Bauern ohne Ausnahme
tragen, so findet man sie viel schöner als die weiten. Nach meiner An-
sicht gebührt demselben nicht blos vom hygienischen, sondern auch ästheti-
shen Standpunkt der Preis. Auch die mittelalterliche Tracht hatte ja
diese Aermelform. =- Ferner habe ich auch die Taschen in den Kleidern
abgeschafft, wie ich Ihnen schon im letzten Brief schrieb, und trage wenig-
stens zu Hause eine am Gürtel hängende Ledertasche , gerade wie es im
Mittelalter war. J< halte das für das naturgemäßeste bei der Sanitäts-
kleidung. Namentlich finde ich Taschen in der engen Hose unpraktisch.
Auch im Sanitätsro> beeinträchtigen auch nur wenig umfangreichere Gegen-
stände die Bewegung und das Ansehen. =- Sie sehen daraus, daß ich der
mittelalterlichen Tracht ziemlich nahekomme und deshalb interessirt es mich
sehr, wie die bei der Hygieneausstellung in Berlin. gewesenen Aquarell-
bilder, welche die Zukunfts8-Normalkleidung darstellen, aussehen. Könnte
un sie nicht durch Vervielfältigung den Wollenen zugänglich machen ?
ird geshehen. Jäger.
' & B M Se K. L., Lehrer.
3) Verzeihen Sie, wenn ich mir erlaube, Sie mit einigen Zeilen
zu belästigen : | .
Jh bin ein viel und namentlich mit Landpraxis beschäftigter Arzt,
29 Jahre alt und stets gesund gewesen; ich kleide mich seit einem halben
Jahr genau nach Jhrem Systeme, wozu mich in erster Linie veranlaßte
eine sehr bedeutende Schweißabsönderung bei körperlicher Anstrengung und
dadurch veranlaßte häufige Erkältungen, weil ich gezwungen bin, oft durch-
näßt von Schweiß auf offenem Wagen bei allen Witterungsverhältnissen
weite Stre>en zu fahren. Die Folge hievon waren rheumatische Be-
schwerden und wiederholt im Jahre phlegmonöse und abscedirende Anginen ;
seit ich in der Wolle bin und schlafe -- haben alle diese lästigen Erkran-
kungen, die mich oft wochenlang an der Ausübung meiner Praxis hinderten
-- absolut aufgehört und ich bin so durchdringend überzeugt, daß ich dies
nur dem Wollregime zu verdanken habe und bin Ihnen -- hochverehrter
Herr Professor, ewig zum Dank verpflichtet. Dr. Ernst Angerer.