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eben schon ein wenig um die E>e herum denken können und medizinische
Lehrbücher haben deren gewöhnlich viere. Uebrigens schlafen von 100
Menschen, welche eine Lungenentzündung bekommen, 99 beim geschlossenen
Fenster und nur einer beim offenen. Woher haben die übrigen 99 ihre
Lungenentzündung bekommen ? U. A. w. g.
Diese schlimme Erfahrung am eigenen Leib hat mich denn auch gar
nicht an einer einmal als richtig erkannten hygienischen Maßregel irre ge-
macht. J< schlafe troß alledem wieder beim offenen Fenster und seitvem
ich in dieser Weise abgekühlt, Jedermann, welcher des Nachts klingelt, so
lange klingeln lasse, bis ich nothdürftig bekleidet bin, habe ih auch keine
Urfaihe mehr, mich über nachtheilige Folgen meiner Schlafmethode zu be-
lagen.
I< habe diesen konkreten Fall absichtlich ausführlicher behandelt, als
nothwendig gewesen wäre, um die Gefahren des „gewöhnlichen“ Denkens
zu illustriren. Geimpftsein und Poc>ensicherheit stehen ja ungefähr in dem-
jelben ursächlichen Verhältniß, wie das Schlafen beim geschlossenen Fenster
und das Verschontbleiben von einer Lungenentzündung. Wer es nicht
glaubt = ich kann ihm nicht helfen!
Nun aber weiter zu Herrn Verfassers andern Gründen gegen die
Nachtluft. „Sie zeichnet sich durch größere Kühle aus.“ Das danke ihr
der Kukuk! Dafür ist auch die Tagluft hell und läßt sih von der Sonne
besc<heinen resp. durch die von der Erde zurücgestrahlte und geleitete Wärme
erwärmen und die Nachtluft ist dunkel und kann sich in Abwesenheit der
Sonne diesen Luxus nicht erlauben. Und diese geringere Wärme hat außer-
dem noh eine ganze Reihe von dem Herrn Verfasser nicht erwähnter,
physikalisch sehr scharf qualifizirbarer Verschiedenheiten der Nachtluft von
der Tagluft im Gefolge, aber diese Verschiedenheiten als ebensoviele Krank-
heitsursachen genommen, haben nicht entfernt die Bedeutung eines mit
Lungenexkrementen gesättigten geschlossenen Schlafraumes. Gerade eben
habe ich noc< gemessen: 13"? Reaumur im Freien, 20* Reaumur im geschlos-
jenen Arbeit5zimmer. Was meinen Sie? Wollen wir nicht ein wenig
kühlere'Nachtluft einlassen! Sie bekommen keine Lungenentzündung davon
und ich werde die athmosphärische Brühe lo8! Einverstanden? Uebrigens
bin ich auch gleich fertig.
Wegen seiner übrigen Bedenken gegen das Schlafen beim offenen
Fenster kann ich Herrn Verfasser beruhigen. J< habe einige Erfahrung
darin. Bis jezt hat mich noch kein Nachtsc<hmetterling gebissen. Was bei
Nacht herumkreucht und fleucht, das höre ich nicht, weil ich dazu beim
offenen Fenster viel zu gut und tief schlafe. Mit einem Vampyr, der mir
mein Herzblut ausgesaugt hätte, habe ih auch noh keine Bekanntschaft
gemacht, es sei denn ausnahmsweise einmal so ein kleiner brauner Springer,
welcher in einem geschlossenen Patientenschlafzimmer das Licht der Welt
erblickt und sich leichtsinniger Weise an meine Fersen geheftet hat.
Gegen das „Beoperngu>ertwerden“ gibt es ebenfalls eine sehr sinn-
reiche Präventivmaßregel in Form der einfachen Klappläden alten deutschen
Modells. Sie lassen ausreichend Luft durch ihre Spalten dringen. Nur
keine sogenannten Stuttgarter Jalousieläden! Die sind alle schlecht
=- flappern beim leichtesten Zephyr. Die jetzt bei Neubauten mit Vor-
liebe benußten, hermetisch schließenden Rollläden sind eine Satanzerfindung,
notabene für Denjenigen , welcher dahinter schlafen muß, für uns Aerzte
kann es kaum eine segenSreichere geben. Wir sind wirklich in diesem einen