Full text: Professor Dr. G. Jägers Monatsblatt : Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre (Jg. 1883, Bd. 2, H. 1/15)

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Diese Frage beantwortet Dr. Jäger dahin: daß es sich hier um einen 
Stoff handele, der im Eiweiß des menschlichen Körpers gebunden, mit der 
Zersehung des Eiweißes frei und nun sinnlich wahrnehmbar werde. Zst 
dies auf Grund einer der vorher genannten Ursachen geschehen, so durch- 
dringt nun der „Seelenstoff“ die Säfte und Gefäße des Körpers und ruft 
hier die Affecte hervor, deren eigentliche Ursache er also selbst ist. Dieser 
äußerst flüchtige Stoff aber ist riec<hbar, wird also von einem Anderen wahr- 
genommen und dort wieder die Ursache eines Gemeingefühls. Daß die 
Affecte verschieden riechen, kommt daher, daß die Entwieklung des „Seelen- 
duftes" je nach der geschehenen ersten Einwirkung an verschiedenen Theilen 
des Srarper stattfindet und diesen einzelnen Körpertheilen verschiedene Düfte 
eigen sind. 
Gerade diese flüchtigsten Stoffe treiben die menschliche Maschine, wie 
ver Dimpf die stählernen Glieder einer Dampfmaschine als treibendes agens 
elebt. 
Für die Realität der Duftstoffe zeugt die Wirkung des als „Gerucs- 
mörder“ angewandten „Ozogen“. Dieses Ozogen, durch Verstäuben oder 
durc< eine Platinglühlampe zu feiner Vertheilung gebracht, tödtet in der 
Luft jeden Geruch und, aus der Luft von Menschen eingeathmet, soll es 
in diesen jegliche Wirkung zerstören, die irgend von Düften hervorgebracht 
war, auch von „Selbstdüften“, also streng genommen jedes Gemeingefühl 
wie : Hungerpein (ernähren kann es natürlich nicht!), Uebersättigung, Rausch, 
Fovenjunmer, Müdigkeit, Krankheitsgefühle, Zahn-, Kopfschmerz, Alp- 
drücken 2c. 
Zur Reinerhaltung der Luft wird Ozogen schon längere Zeit mit 
Erfolg in Krankenhäusern, Schlafzimmern und Versammlungslocalen benußt. 
So geschah e8 auch während der Vorträge, über die hier berichtet wird, 
mit gutem Erfolg. (Selbstverständlich kann Ozogen nicht den verbrauchten 
Sauerstoff erseßen.) 
Von den Zeugnissen für das materielle Wesen der Seelendüfte, speciell 
des „Angststoffes" seien hier zwei hervorgehoben: Man kann aus dem Gehirn 
eines plößlich (also ohne Todeskampf) getödteten Thieres durc< Behandlung 
mit Säuren „Lust-“ und auch „Angststoffe“ entwickeln, die ven Düften gleich- 
jnmmen welche die Thiere bei Lebzeiten unter den betreffenden Affecten ent- 
wickelten. 
Es ist bekannt, daß Angst und ähnliche heftige Gemüthsbewegungen 
das menschliche Haar -- zuweilen in einer Nacht -- bleihen. Es kann 
dieser Vorgang nur durch den „Angststoff" erklärt werden, umsomehr, als 
Nerven in die Haare gar nicht vordringen. 
Der Redner führte noch eine Reihe von Belegen. an, aus venen zu 
ersehen war, wie materiell der-Duftstoff entwidelt, an einem Orte deponirt 
und von dort zu beliebiger Zeit von verschiedenen Personen wieder auf- 
genommen werden kann. Jahre lang hält besonders der leicht zu sättigende 
Leinenfaserstoff den specifischen Geruch eines Individuums fest, dessen Seele 
nicht nur für fich überhaupt, sondern auch für jede Stimmung einen besonderen 
Duft erzeugt. Werden uns dies schon viele Personen bestätigen, so würden 
Hunde und Kaßen den Professor Jäger gradezu auslachen, wenn er ihnen 
jeine Vorlesung hielte =- solche Gemeinpläße würden ihnen diese Be- 
hauptungen sein. 
Ein Hund riecht nicht nur unfehlbar seines Hern Seele, sondern 
auch deren Stimmung, „Un cane senti !'anima del 8uo padrone.“
	        
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