274 --
erhielten nur drei deutsche Firmen diese Medaille). Dem ging eine
Besprechung des Wollregimes in ca. 50 englischen Zeitungen voraus
die meistens nicht bloß günstig, sondern außerordentlich günstig lauten,
mit einziger AuSnahme des Berichts einer jüdischen Zeitung. Den
Chorus eröffnete die Times mit einem langen Artikel vom 4. Oktober,
dem ein zweiter ebenso langer in der Nummer vom 140. Oktober
folgte. Zum Beleg dafür, an welch richtigem Ende, nämlich an den
Riechstoffen, die Sache von den Engländern gleich Anfangs angefaßt
worden ist, reproduzire ich das erste Fünftel des Times-Artikels vom
4. Oktober.
„Ein neues Evangelium erreicht uns von Deutschland, welches die physische
Wiedergeburt der Menschen zu werden verspricht, wenn wir nur, so zu sagen, eine
einfache Reform in unserem Kleidungssystem annehmen wollen. Dies ist weder
ein puritanischer Angriff auf die Extravaganzen der Mode, no< ein Wiederauf-
leben der herkömmlichen Deklamationen gegen das enge Schnüren. Es ist eine
medizinische Theorie, gegründet auf die genaue Beobachtung des thierischen Lebens,
erklärt durc< wissenschaftliche Experimente und bewiesen durch praktische Erfahrung.
Die Lehre geht von dem fundamentalen Grundsatz aus, daß, da wir Thiere sind,
wir wie Thiere gekleidet sein sollten. Das CEinsaugen giftiger Ausdünstungen der
Thierwelt durch die Pflanzenwelt ist, wie es scheint, ein Borgang , nicht beschränkt
auf lebende Pflanzen, sondern fortgesezt durch pflanzliche Fajern wie Baumwolle,
Leinen 2c., mit dem Unterschied, daß, während die lebende Pflanze diese Ausströ-
mungen assimilirt, die todte Faser dies nicht thun kann, sie dagegen, wenn be-
feuchtet oder durchwärmt, wieder von fich gibt. Unsere Kleider ziehen in Folge
ihres pflanzlichen Charakters diese schädlichen Stoffe an und halten fie zurüc,
während sie do< im Gegentheil so rasch wie möglich abgeworfen werden sollten.
Dagegen ist thierisches Material, wie die Wolle, von der Natur dazu gemacht, das
Thierleben zu beshüßen, und sie wird die Verdunstung der Ausströmungen des
Körpers nicht verhüten, sondern befördern. Dies kann sofort durch den Geruchs-
sinn bewiesen werden. Es genügt, Kleidung von reiner Wolle durchaus zu tragen
und sofort hört das auf, was unangenehm ist in der leinenen Unterkleidung, dem
baumwollenen Futter des Ro>es 2c. =- Aus diesen Thatsachen leitet Dr. Gustav
Jäger, Professor der Zoologie und Physiologie in Stuttgart, seine medizinische
Theorie her, welche in unglaublich kurzer Zeit unzählige Schüler gewonnen hat.“
Weiter ging in England Folgendes voraus: Zuerst erhielten
wir für unsre eigenartig konstruirte Unterkleidung, Hemd und Hemd-
hosen, zwei uns vollständig shüßende Patente, und später erhielt ich
außerdem no<h ein das ganze System zusammenfassendes Patent.
Das fordert denn do<h wohl eine Vergleichung mit dem, wie
es in Deutschland ging, heraus. Erstmals ausgestellt wurde unser
Regime im Sommer 1881 auf der württemb. LandeSindustrieausstel-
lung. Der Antrag auf Prämirung fiel unter Gelächter durch (siehe
Monatsblatt 1883 Nr. 9). Das zweitemal erschienen wir auf der
Hygiene-Ausstellung in Berlin, wieder ohne eine Anerkennung zu
finden. Daß es uns nicht möglich war, schüßende Patente zu finden,
wissen meine Leser. Selbst das Bescheidenste, was ein Geschäftsmann
erwarten kann, den Schuß seiner Marke zu erlangen, ist bei uns mit
den größten Schwierigkeiten und Widerwärtigkeiten verbunden, und
der deuts<e Markt ist in Folge dessen mit einer Shundwaare von