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Imitationen, mit welchen die Kunden getäuscht werden, übershwemmt.
Was endlich die Zeitungen betrifft und ihre Art und Weise, mich zu
behandeln, so lasse ich da einen Engländer für mich reden, der mir
bei Veberjendung des Times-Artikels schreibt: „I< glaube, daß wenn
der Artikel sonst keinen Werth hätte, so wäre es doch ein auffallende
Beweis daß, während sie von ihre heimatliche Presse mit Spott und
Hohn tractirt sind, dieser Haupt Journal ertheilt ihrer Lehre eine
würdige und freundliche Erörterung. -- =- = =-. Sie sind shon zu
ein Berühmtheit in England geworden, und ihre Lehre hat hier eine
großartige Zukunft.“
Damit ist eingetroffen, was mir schon früher prophezeit wurde:
das praktische England hat wieder einmal das auf seine jetzige Posi-
tion und seine so genannte Bildung so stolze Deutschland blamirt und
gezeigt, daß in Deutschland dem unpraktishen und mißgünstigen
Gelehrten- und Bureaukratenthum die Zügel noh lange nicht in dem
Maße entwunden sind, wie es im Interesse des Volk8wohls und der
Erfüllung der praktischen LebenSaufgaben nothwendig wäre.
Der zweite Sieg ist der Ausfall der Weinhumanisirungsprobe
im Rathskeller zu Bremen, wohl dem kompetentesten Ort, wo erst-
mals die Sache in der Oeffentlichkeit vor sich gehen konnte. Die
Bremer Nachrichten referiren über dieselbe in ihrer Nummer vom
8. Oktober 1884 in folgender Weise:
„Rrof. Dr. Jäger, welcher gestern Abend im Künstlervereinssaal einen
Vortrag über Wollkleidung hielt, demonstrirte Vormittags um 11 Uhr im C<o-
zimmer des Rathskellers seine vielgenannten und vielges<hmähten Anthropinpillen.
Zu dieser Probe hatten sich außer einigen Laien auch einige Aerzte eingefunden.
-=- Die Anthropinpillen werden, wie Prof. Jäger im Laufe der Demonstration
des Weiteren auseinanderseßte, auf ganz demselben Wege wie andere homöopathische
Präparate aus dem Haardufte des Mensen hergestellt. Nach dreimal ein-
stündiger Verreibung mit Milchzu>er erfolgt die Verdünnung bis zur 16. Potenz.
Die Versuche wurden nun einfach in der Weise angestellt, daß in je ein Glas des-
selben Weins eine Pille reinen MilchzuFers, resp. eine durh Haarduft imprägnirte
Pille aufgelö8t wurde. Die Probe ergab das überraschende, von sämmtlichen An-
wesenden bestätigte Resultat, daß der „humanisirte“, d. h. mit Haarduftpille ver-
sebte Wein wohlriechender und wohl auch wohls<me&ender war als der Wein, in
welchem die nicht imprägnirte Pille aufgelö8t worden war. An dieses Resultat
anknüpfend, legt Professor Jäger in origineller, schlagfertiger und geistreicher
Weise seine auf dem Wege der Erfahrung erworbenen Anschauungen dar. Er
führt aus, daß von allen Stoffen, die auf unseren Körper einwirken, der Saß
gelte: Jede Konzentrirung wirkt lebenshemmend, unangenehm, ruft „Unlustgefühle“
U. s. w. hervor, jede Verdünnung dahingegen belebt, "wirkt angenehm, wet „Lust-
gefühle“. Zu seinen Versuchen bediene er sich des Sphygmographen und des
Kymographion, also der bekannten, in jedem physiologischen Institute benußten
Apparate. Er begreife daher nicht, wie man seiner Sache die Anerkennung versagen
könne, da er doch einfac) Thatsachen sprechen lasse. Uebrigens habe noch kein
Physiologe es gewagt, den von ihm aufgestellten Theorien zu widersprechen. Die
Physiologen hätten bis jetzt einfach geschwiegen; eine Widerlegung seiner Anschau-
ungen sei auf wissenschaftlichem Wege absolut unmögli<h. Er verknüpft seine
Theorie auf geschite Weise mit der Molekulartheorie nnd versucht nachzuweisen,
daß, wenn seine Ansichten als falsch verworfen würden, auch die von der Wissen-