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1. der Infektions keim, 2. die Disposition zur Anste>ung.*)
Ueber die Beziehung der beiden Textilstoffe zu diesen zweierlei An-
stefungsbedingungen gilt folgendes.
Wie ich schon lange vor Bekanntwerden der antiseptischen Cigen-
schaft des Wollfettes (siche Nr. 4 S. 84 f.) aussprach, findet der Jn-
feftionspilz auf der Wolle, namentlich der von mir besonders empfoh-
lenen ungefärbten also nicht ganz von Wollfett befreiten Wolle, die
Bedingungen, die er zum Keimen resp. zur Vermehrung braucht, nicht.
Das hat allerdings für ihn dieselbe Wirkung, wie für einen Pflanzen-
samer wenn man ihm die Keimungsbedingungen wie Wärme und
Feuchi keit verweigert: er keimt nicht, sondern konserviert sich. Jn-
jof“ e3 nun richtig, daß die Wolle die Seuchenpilze besser
fon*-»*1ert, a18 die Baumwolle und man sie deshalb in ihr auch weiter
vp yen kann. Das Entscheidende ist aber die Disposition
“. „ästefung. Daß zur Erzeugung von 77 spezifischen Krank-
„1 wie es die Seuchen sind, eine svezi «, 9e Materia peccans
tw wär feine tote, sondern eine lebendige, also ein belebtes Fex-
mi gehört... sieht" für mich fest; das kann nur der bezweifeln,
wel: c noh nie bei der artis magistra d. h. der Natur in die Schule
gegangen 114 und die Sprache der Natur nicht gelernt hat; aber daß
das Ents<+< wendste die DismFition ist, geht einfac< daraus her-
vor: Wenn jeder Mensch, in dessen Organismus ein Seuchenkeim
eindringt, von der Seuche ergriffen würde, so müßten bei der außer-
ordentlichen Verschleppungsfähigkeit dieser winzigsten Lebewesen einfach
alle Menschen erkranken, wenn irgendwo eine Seuche ausbricht. Da
aber stets nur ein geringer Prozentsaß erkrankt, so beweist das,
daß das Entscheidendste die Disposition ist. Wie ich oft genug aus-
einandergeseßt habe, besteht diese darin, daß- der Nährboden der ge-
eignete ist, und dies ist nur der Fall, wenn der Körper durch Fremd-
oder Selbstgifte =- „verweichlicht“ oder „geschwächt“ ist, würden die
Leute oyne Näse sagen, die Leute mit Nasen und Bonsens würden
vagegen sagen -- verstänkert ist, denn die ganze Sippshaft der
Krankheits- und Fäulnispilze läßt sich nur da häuslich nieder, wo es
schon vorher stinkt. (Im wissenschaftlihen Jargon nannte ich die
Bakterien „fötorophile“ Scmaroker.)
*) Für den, welchem meine früheren Auseinandersezungen über diesen Gegen-
stand nicht bekannt find, mag namentlich das Verhalten der Cholera orientierend
sein. So lange der spezifische Cholerakeim fehlt, wird niemand an Cholera krank,
troßdem daß genug Personen im Land sind, die zur AnsteFfung disponiert wären.
Wird nun der Keim eingeschleppt, so erkranken an der Cholera selbst bei den
schlimmsten Epidemien bekanntlich nicht durchaus alle Personen, welche sich der
AnsteXungsgelegenheit ausgeseßt haben, sondern sogar nur eine Minderzahl. Also
ohne Cholerakeim erzeugen hygienische Sünden, wie schlechte Kleidung, schlechtes Essen
und Trinken, schlechte Luft u. s. f. alle möglichen Erkrankungen, nur keine Cholera,
sündigt einer dagegen angesichts der Cholera, dann bekommt er diese spezifische Krank-
heit, wer dagegen nicht sündigt und sich nicht ängstigt, der kann der Anste>ung troßen,