Full text: Professor Dr. G. Jägers Monatsblatt : Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre (Jg. 1888, Bd. 7, H. 1/12)

- 432 
ob arsenfreie Anilinfarben ohne sanitäre Bedenken zu allen Zwecken der 
Wollenindustrie verwendet werden können? mit „Ja“ zu beantworten. 
Meine Meinung aber ist diese: Nicht derjenige Farbstoff, welc<er erfor- 
derlich ist, um auf der Faser die gewünschte Farbe zu erzielen, ist gefähr- 
lich (der Gesebgeber läßt mit vollem Recht sogar Arsenikbeizen zu, welche 
zur Fixierung bestimmter Farben notwendig sind), sondern der überschüssig 
anhängende, welcher seinen Beruf verfehlt hat und, statt die Faser , den 
menschlichen Körper und das Waschwasser färbt. Jst nun der Färber 
außer stande, die überschüssigen Anilinfarbstoffteilhen nach dem Färben 
dur< gute Spülung zu entfernen, <- gewalkt werden ja nur sehr wenige 
Leibwäscheartikel nach dem Färben, -- fo sollte er für diesen besonderen 
Zwe, so unbequem es ihm auch sein mag, zu den alten Farbstoffen 
zurücgreifen, welche erfahrung5mäßig allen sanitären Anforderungen ent- 
sprechen, zu den Farbstoffen aus dem Pflanzen- und Tierreich ; denn diese 
geben jeden Ueberschuß mit Leichtigkeit an das Spülwasser ab. 2 
Eine spätere Nummer des Wollengewerbes (Nr. 24) schreibt über 
den gleichen Gegenstand: 
Zur Frage 73 in Nr. 18. =- Die in Nr. 20 erteilte Antwort auf 
qu. Frage habe ich mit größtem Interesse gelesen, und bin ich dem Herrn 
Verfasser, einem ersichtlich gediegenen Praktiker, -äußerst dankbar für seine 
treffliche Darlegung. Sein Fall de>t sich fast mathematisc) mit einem 
Vorgang, der mir vor einer Reihe von Jahren in Aachen passierte, und 
wobei es sich ebenfalls um gefärbte wollene Leibwäsche handelte. Ziemlich 
genau dieselben Erscheinungen, wie in Nr. 20 geschildert, traten auch da- 
mals ein. I< nahm derzeit sofort Gelegenheit, über den Fall mit unseren 
ersten deutschen Kapazitäten auf dem Gebiet der ärztlihen und <emishen 
Wissenschaft zu sprechen (Berliner und Leipziger Autoritäten) ; die Herren 
erklärten die krankhaften Erscheinungen, welche ebenfalls dur< absolut arsen- 
freie Anilinfarben hervorgerufen, schon damals fast genau ebenso, wie der 
Herr Verfasser in Nr. 20 dies thut. I< freue mich über diese Ueberein- 
stimmuna um so mehr, als eine gewisse Spezies von oberflächlichen Leuten 
(deren es in unserem Zeitalter leider nur zu viel giebt) es sich zum Grund- 
jaß gemacht hat, jede durch irgendwelche Farbeneinwirkung hervorgebrachte 
Krankheitserscheinung stumpfsinnig zu leugnen und bezügliche Mitteilungen 
über solche Vorkommnisse mit kindischem Spott oder geistreich sein sollenden 
Impromptus zu überschütten, womit diese Leute sich aber dem gebildeten, 
denkenden und gewissenhaft der Sache auf den Grund gehenden Fachmann 
gegenüber das ärgste geistige testimonium paupertatis ausstellen. Möglich 
auch , daß jene Leute durc< solhe3 Gebahren ihr eigenes Interesse zu 
fördern wähnen, indem sie diensteifrig das vermeintliche Interesse dieser 
oder jener Farbenfirma wahren zu müssen glauben. Fälle von heftigen 
und gefährlichen „Entzündungen“ von Wunden 2c. (um den vielgesc<hmähten 
Ausdruk „Vergiftung“ zu vermeiden) durc<h Farbstoffe kommen übrigens 
öfter vor als man denkt. Im Lauf dieses Winters hatte 3. B. ein Gut3- 
besiher aus Beer3dorf bei Leipzig eine Zehe erfroren. Das Leiden wurde 
schließlich ein so bösartiges, daß zur Entfernung des erfrorenen Gliedes 
eschritten werden mußte. Genaue ärztliche Untersuchung ergab, als der 
Ke des Patienten troßdem schlimmer wurde, daß durch (anilinfarbige) 
Strümpfe eine heftige Entzündung bewirkt war, und machte sich die Ab-
	        

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.