Full text: Professor Dr. G. Jägers Monatsblatt : Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre (Jg. 1892, Bd. 11, H. 1/12)

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forstwirtschaftlichen Akademie zu Hohenheim, später auch Professor der Zoo- 
logie und Anthropologie am Polytechnikum zu Stuttgart. Jm Frühjahre 
18384 legte er fein Lehramt nieder und seither lebte er ganz seinen Studien. 
Das ist der kurze Abriß seines äußeren Lebens. Reicher und be- 
deutender ist sein inneres, das des Forschers und Entdeckers, 
Leider können wir uns auch da nur auf die kargsten Angaben be- 
schränken, denn seine Entde>ung der Seele ist von größter Bedeutung für 
Philosophie, Physiologie, Gesundheitspflege, Landwirtschaft u. s. w. 
Fäger ist etwas mehr als der Erfinder der sog. „Jägerwäsche“, als 
den ihn allein die Allgemeinheit kennt. Jäger ist auch kein bloßer Ge- 
sundheit5apostel wie Kneipp u. a. Es besteht auch zwijchen beiden keine 
Feindschaft, wenigstens von Jäger 5 Seite aus nicht, 
Dem Pfarrer Kneipp gehört das Wasser, Jägers Gebiet ist die 
Luft oder, besser gesagt, der dritte Aggregatzustand. Während unsere Stuben- 
gelehrten seit Jahren nur drei Sinne vorwiegend gebrauchten, lehrte Jäger, 
daß man in die Natur auch die Nase ste>en müsse. Durch die Ausnüßbung 
des Geruch- und Geschmadsinnes hat er uns über manches bisher dunkle 
Naturgeheimnis aufgeklärt. 
Jäger behauptet, die „Seele“ entde>kt zu haben; selbstverständlich 
nic“ * die im kirchlichen Sinne, die er ganz unangetastet läßt. Das Wort 
"* rigens nicht schlecht gewählt. Was eine Maschine bewegt, sind nicht 
„sten Teile: Räder, Kolben, Stangen u. s. w., sondern ihre flüchtigsten : 
- = * ampf, der gleichsam die Seele des Ganzen bildet. Ebenso treiben den 
Menschen die flüchtigsten Bestandteile im Blute, die wir nur mit vem Geruch- 
sinne finden 
2 3g: * fand nun, daß sich die Wirkung dieser Duststoffe auf den 
mens“ zen *'rxganiSmus durch die sogenannte „persönliche Gleichung“ am 
Hippyyen Chronoskop messen und ziffermäßig genau bestimmen läßt. Mit 
diesem feinen Werkzeuge, einem Uhrwerke, das noch einen Zeitraum von 
einer Fünfhundertstelsekunde anzeigt, kann man leicht die Geschwindigkeit 
finden, mit der sich die Erregung in den Nerven fortpflanzt. Auf diese 
Nervenmessung gründete Jäger zuerst seine Lebens- und Gesundheitslehre, 
dann sein 1 ;enanntes „Wollregime“. 
Dur Nervenmessungen der verschiedensten Art fand er, daß die Ein- 
atmung wenn auch noh so schwach riechender Stoffe genüge, unseren Ge- 
meingefühlzustand zu ändern. Und zwar bringt alles, was uns angenehm 
oder auch (scheinbar) gar nicht dustet, eine raschere Fortpflanzung der Er- 
regung im Nerv, also eine Verkürzung der Nervenzeit hervor und damit 
eine Hebung und Belebung des Gemeingefühlszustandes , während alles, 
was uns übel riecht, lähmend auf den Nerv und das Allgemeinbefinden 
wirkt. Daraus folgt: die Nase ist der beste Wächter unserer Gesundheit ; 
das Tier und der Naturmensc< folgen ihr unbedingt, der Kulturmensch -- 
lacht darüber, bis ihn eine Kranfheit auf die Nase wirst. =- Was uns 
schlecht riecht und schmet, sollen wir nie essen oder einnehmen, weil es der 
esundheit schadet. Deshalb soll man Kinder nie zwingen, etwas zu essen, 
was sie nicht wollen. Nicht Eigenwille ist es, sondern ihr guter Instinkt. 
Außer den Duftstoffen, die wir einatmen, also guter und schlechter 
Luft, bestimmen unser Befinden auch jene Duftstoffe, die wir im Blute des 
Körpers haben. In unserem Körper spielen sich ununterbrochen <emische 
Vorgänge ab, bei denen unnübe Teile abgeschieden werden, die durch Lunge,
	        
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