Full text: Professor Dr. G. Jägers Monatsblatt : Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre (Jg. 1892, Bd. 11, H. 1/12)

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blos, zu was er taugt, sondern kann ihn gebrauchen, wenn es not thut. 
Dies izx gerade der Unterschied zwis<en dem Wort und der Sache: 
Feten kann man nur mit der Sache, mit Worten dagegen kann 
man wr. „streiten und ein System bereiten.“ Wenn der Heil- 
kün, “* in die Praxis kommt, dann soll er mit Sachen, d. h. mit 
Arzn“ on und Instrumenten gegen die Krankheiten fechten, statt 
dessen y>t e* nur oolernt „trefflich mit Worten zu streiten und künstlich 
ein System bereiten.“ 
Damit kommen wir auf die vielgerühmte formale Bildung. 
Ist das dio richtige Form, sic) mit einer Sache zu befassen, daß man 
sie b' i, Poibg niht anfaßt ? Was das heißt, erfährt z. B. der, welcher 
der Gelehrtenwe't eine neue Sache bietet, wie ich das Wollregime 
und die Neuralanalyse. Bei Leibe nicht anfassen! Da werden hun- 
derte von Gründen hervorgesuht, warum die Sache nichts sein könne, 
lauter Ausreden, um nur nicht aus der gewohnten Weise fallen, um 
nur nicht zugreifen zu müssen. Warum sagt man: „Je gelehrter, 
desto verfehrter“ ? Warum verbindet das Volk mit dem Begriff 
„96%. unwillkürlich den Begriff „unpraktisch " ? Weil die sc<hola- 
sti8s ethodo den. jungen - Maun. shon in der Schule zu einem 
Met. zielt, der nichts anfassen mag, oder alles am falschen Ende 
anfe“" | wat 3 1. einem Wortfechter, Silbensteher, Träumer, Zweifler, 
Vahrer, Krittler und linkishen Menschen macht. Kommt nun noh 
ver nötige T“a<hmut, an dessen möglihster Entwikelung nichts gespart 
wird, daz , ' Ut der „Gelehrte“ fertia. 
7 37 - das Loben? 21 der Natur und niht im Zimmer 
und Buc-. Die S<hule hat nun den jungen Menschen zum StubenhoFer 
and Vücherloser erzogen und diess schlechte Gewohnhoit wird er in 
der Regel: niht mehr los. Oder findet: man vielleicht swäter die jungen 
Medizinbeflissenen in Feld und Wald mit Beobahtur4 dr Natur be- 
schäftigt ! um das nachzuholen, was sie im Gymnasinm nicht gelernt 
haben? DO nein, wenn sie nicht in der Schule und im Laboratorium 
sihen, sa. ho>t der Faule in der Kneipe und trinkt und tarokt und der 
Fleißige ho>t im Zimmer. und liest oder schreibt. Selbst im späteren 
Beruf wird der praktische Arzt diese s<hlechte Gewohnheit niht mehr los ; 
wenn er berufsfrei ist, sitt er in die Stube und liejt Zeitungen oder an 
dem Stammtisch und trinkt. Jst das nicht die genaue Wahrheit und 
sind. nicht die Aerzte, wel<he ihre angeborene Liebe zur Natur- durch 
die Schule hindurch gerettet haben, seltene Ausnahmen? Und heißt 
es nicht eine Sache am falschen Ende anfassen, wenn man den Heil- 
künstler schon in der Schule so gründlich.das Wasser, das seinen Acer 
befruchten muß, nämlich die Belehrung durc< die lebende Natur, ab- 
grabt. daß er gar nie mehr an dasselbe herankommen kann ? 
(S<luß folgt.)
	        

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