Schott, Stand der Bevölkerung,
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Ausführungen dienen vielleicht zur näheren Orientierung des Sach:
verhalt3 1) :
Die Gebiet8- und Hoheitsgrenzen der einzelnen Uferftaaten und
damit ihr Anteil am Bodenfee find nicht eindeutig fejtgelegt, me3Balb
au in den amtlichen Karten die Landesgrenzen regelmäßig nur bi3 zur
Uferlinie, Hödhftenz noch mit einer Heinen Fortfebung Innerhalb Des
Seegebiet3 eingezeidhnet merden ?). In der Theorie beftehen infolgedeffen
über die Frage, ment der Bodenjee gehöre, und wer zur Verfügung über
feine einzelnen Teile berechtigt fei, ftarte Meinungsverfchiedenheiten °)
&8 mwicd Darüber geitritten, ob die Mitte de8 See8 die Grenze bilde, ob
da3 ganze Seebeden unter der gemeinfamen GHerrjhaft der Üferftaaten
jtehe, oder ob endlig nur die Ufer mit dem unmittelbar angrenzenden
Gebiet famt den etwa im Wajffer erridhteten Anlagen dem einzelnen Staat
zugehören, mährend für den freien See die gemeinfame oder auch einzeln
wirkfame Verfügungsgemwalt der Uferftaaten beftehe. Ein fiherer Schluß
zugunjten der einen oder anderen Anfchauung ijt in der Tat auZ den vor-
Bandenen Inappen Recht3ZJäben nicht zu gewinnen, zumal diefe ausHließlich
der Regelung praktijHer Bedürfniffe dienen und die Entfheidung grunds
fäglidger Fragen gefliffentliH vermeiden.
Sicher anerkannt ift jedenfalls die freie BVerfügungSgewalt de8 ein»
zelnen angrenzenden Staat? am Ufer felbjt und dem dazugehörigen Wafjer-
gebiet, d.h. für die ANusnüßung de8 Sees zum Gemeingebraucd, für die
egründung von SondernugungsSrechten, die Errigtung von Anlagen im
See u. a. m. entlang dent mürttembergifchen Ufer gilt aus{dließlih mürts
tembergifhes Recht (f. Waffergefeß vom 16. Dez. 1900 ufm.). Dagegen
beiteht für das freie Seegebiet eine Reihe von AonmadHungen unter den
Uferftaaten, die zwar eben dadurch gemeinfamesß und übereinjtimmendes
echt diefer Länder geworben find, aber doch im einzelnen Staat auch nur
al8 Landesrecht, niHdt etwa al8 Sagıma eine8 organilierten VerbandS der
Uferftaaten Geltung haben,
So beftimmt eine Vereinbarung vom 21, Iuni 1880 (Reg.Bl. 1880
3. 171), daß die [tandeSamtlihe Behandlung derjenigen auf dem Bodenfee
eintretenden Geburt? und Sterbefälle, „melde in der unmittelbaren Um:
gebung de8 Seeufer8 fi ereignen“, dur den Standesbheamten deS he-
treffenden Uferbezirl® vorgenommen werden fol. Dagegen ift zur Vers
zeichnung der SGeburt8- und Sterbefälle, „welde auf der Seefläde außer-
Dalb der unmittelbaren Umgebung des Seeufer8 id) ereignen“, der
Standesbeamte des Bezirk zujtändig, an meldem das Schiff oder Fahrzeug,
auf dem der Fall jiH ereignet, oder von dem auZ eine Leihe au den
See aufgenommen wird, feinen regelmähigen Standort innehat.
N Sa Boftinfpektor Dr. Reichert, Friedrichshafen. Val. oben
S. .
9) Wegen einer Ausnahme |. ReidhSgeleßbl. von 1879 S. 307.
3) Xiteratur; Rettidh, „Die voller» und {tantSrechtlihen Verhältnifie
de8 Bodenjee8“. Tübingen, 1884, Stoffel, „Die Filchereiverhältniffe
des Bodenjee3 unter hefonderer Berücjihtigung der an ihm beftehenden
Goheitsrechte“, Bern 1906. HGHoenninger, „Bodenfee = Fijhereireht im
19. Jahrhundert“. Kaftatt 1907. Göz, „Da8 StaatZrecht des Könitg-
zeich® Württemberg“. Tübingen 1908. Laband, „Das Staat3recht des
Deutihen Reih2“, II Bd. Kübingen 1902.