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Kleine Mitteilungen
Ausbreitung und Biotopwechsel der Schafstelze (Motacilla £. flava)
im Raum Kirchheim/Teck
Nachdem GEYR VON SCHWEPPENBURG (1960) über den Biotopwechsel der
Schafstelze von Feuchtwiesen auf Ackerflächen berichtet hat, haben sich
eine ganze Reihe von Autoren mit diesem Problem befaßt. BEER (1966)
beleuchtet diesen Fragenkomplex gründlich und kommt den Ursachen
wohl am ehesten auf die Spur. Hier wird auf die Verhältnisse im Kirch-
heimer Raum (Mittleres Neckartal) eingegangen, da in unserer Gegend die
Reihenfolge der Besiedlung verschiedener Biotope interessant ist.
Besiedlung: Der großen Zahl von Beobachtern, die seit 1950 im
Kirchheimer Raum tätig waren oder sind, ist die Schafstelze nirgends brut-
verdächtig aufgefallen, und bereits HAEFNER (1920) nennt sie „nur Durch-
zügler“. 1957 fand auf einer mit niedrigen Weiden bewachsenen Schlick-
bank eine Brut statt (GATTER 1967). Ab 1963 wurden dann alljährlich
zunehmend Schafstelzen als Ruderalflächenbewohner entlang des Neckars
festgestellt. 1965 zeigte sich das erste Brutpaar abseits des Neckartals in
einem Erdbeerfeld; 1967 ein weiteres.
1968 ließen sich neben 22 Paaren auf Ruderalflächen im Neckartal fünf
Paare auf Erdbeer- und Kartoffelfeldern ermitteln. Auch auf den Fildern,
westlich Denkendorf, wurden futtertragende Schafstelzen im Ackergelände
beobachtet.
Die Biotope wurden in dieser Reihenfolge besiedelt:
L. Schlammbank im Wernauer Baggersee. Niederer Weidenanflug wechselt
mit offenen Schlick- und Wasserflächen ab. Brut nur 1957. Diese übrigens
stark hochwassergefährdete Lebensstätte verschwand 1959/60 durch
Überwucherung mit Weiden (Salix).
? Ruderalflächen entlang des Neckars wurden erstmals 1963 von drei
Paaren besiedelt. Der Bestand stieg im Gebiet Wendlingen-Altbach bis
1968 auf 22 Paare an. Die Brutplätze liegen in ebenem, kiesigem Ge-
lände mit vielen Wasserflächen und großen Erdhaufen, die beliebte
Singwarten der © darstellen; die Nester finden sich hier in kleinen
Schilf- und Huflattichbeständen. Schafstelze und Flußregenpfeifer sind
unmittelbare Brutnachbarn.
° Hackfruchtfelder. Zuerst, ab 1965, wurden Erdbeerfelder besiedelt. Ge-
genüber den Kartoffelfeldern, die „gehäufelt“ werden, gewähren sie
dem Vogel mehr Überblick und gleichzeitig gute Deckung zwischen den
Stauden. Kartoffeläcker wurden 1968 erstmals besiedelt; die SS sangen
in angrenzenden Getreidefeldern.
Ergebnis: Früher war die Schafstelze Brutvogel nasser Streuwiesen,
die erst im Sommer gemäht wurden. Regelung des Wasserhaushalts und