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IV. Abhandlungen
Urmensch-Museum Steinheim an der Murr
Von KARL DIETRICH ADAM, Stuttgart
Mit 3 Abbildungen im Text
Am 31. Mai 1968 wurde das Urmensch-Museum der Stadt Steinheim an
der Murr festlich eingeweiht. Einer Feierstunde in der Vorhalle des Rat-
hauses folgte eine erste Führung durch das Museum, welches dem vor
nunmehr 35 Jahren gefundenen menschlichen Schädel zugedacht ist. Am
24. Juli 1933 von KaArı SıcrısT aus der väterlichen Kiesgrube gemeldet,
anderntags von Max Böck geborgen, hat Frıtz BERCKHEMER, Geologe und
Paläontologe an der Württembergischen Naturaliensammlung in Stuttgart,
diesen Fund in seiner Bedeutung für die menschliche Stammesgeschichte
erkannt und im Jahre 1936 Homo steinheimensis benannt.
Im Blickpunkt des im Hans-Trautwein-Haus geschaffenen Ausstellungs-
raumes steht der Steinheimer Urmenschen-Schädel, dessen Original der
geologisch-paläontologischen Abteilung des Staatlichen Museums für Natur-
kunde in Stuttgart zur musealen Verwahrung und wissenschaftlichen Aus-
wertung anvertraut ist. Seine Bedeutung aufzuzeigen, ist Inhalt der zwei-
geteilten Mittelvitrine. In ihr wird zunächst über die Erforschung des vor-
zeitlichen Menschen berichtet, dessen lange geleugnete Existenz erst im
Sommer 1856 offenkundig werden sollte, als aus einer der Höhlen des
Neandertals unweit Düsseldorf Gebeine eines - wie JOHANN CARL FUHL-
ROTT aussprach — urtümlichen Menschen von kräftigem Wuchs, doch nur
geringer Größe aufgesammelt wurden. Zur nämlichen Zeit, als der Streit
um diesen, den Homo neanderthalensis begründenden Fund begann,
schrieb CHARLES ROBERT DArRWwIN sein Lebenswerk nieder, in welchem die
Entwicklung aller Lebewesen aufgezeigt und durch das Prinzip der natür-
lichen Auslese begreifbar gemacht wurde. Auch der Mensch war in dieses
Geschehen einbezogen, und so entbrannte der Kampf um dessen Abstam-
mung, um seinen Stammbaum, um die von THOMAS HEnry HuxLeyY und
Ernst HEINRICH HAECKEL gestellten Fragen nach Herkunft und Entfaltung
des Menschengeschlechts. Sie überzeugend beantworten zu können, be-
durfte es vor allem neuer Funde. Unter solchen erregten jene des Affen-
menschen von Trinil, Anfang der neunziger Jahre von EUGENE Dvsoıs
gesucht und gefunden, besonderes Aufsehen, war doch der javanische
Pithecanthropus, verglichen mit dem europäischen Neandertaler, ungleich
primitiver und ohne Zweifel auch von weit höherem Alter. Entsprechendes
gilt auch für den im Oktober 1907 in einer Sandgrube bei Mauer ergrabe-
nen, von OTTO SCHOETENSACK eingehend beschriebenen Unterkiefer des
Heidelbergers, dessen Zugehörigkeit zur Pithecanthropus-Gruppe jedoch