KARL HUunD
Zuflüsse, wie der Hornbach, Erlenbach und Tiefenbach haben bereits vor
der Jahrhundertwende ein begradigtes Kanalbett erhalten. Sie entwässern
‘/; des Riedes nach Norden zur Donau hin. Im Südteil führen der Wil-
helmsdorfer Kanal und der Mühlbach ihre Wasser über die Rotach in Bo-
densee und Rhein.
Ein ursprüngliches Pflanzenkleid trägt heute nur noch das Hochmoor
„Große Trauben“. Es steht unter Naturschutz und gilt landläufig als „das
Pfrunger Ried“. Nur in den Randzonen vom Menschen verändert, zeigt es
im Innern noch recht freudiges Moorwachstum. Die Oberschicht bilden
ausschließlich Bergkiefern, Pinus mugo, die Strauchschicht Vaccinien. An
lichteren Stellen dominieren Wollgras, Eriophorum vaginatum, Torfmoo-
se, Sphagneen, Schnabelriet, Rhynchospora alba und Sonnentau, Drosera
rotundifolia. Die Bergkiefern zeitigen hier nur Kuschelformen. Erwäh-
nenswert sind die reichlichen Vorkommen von Geflecktem Knabenkraut,
Dactylorhiza maculata, das inselartige Auftreten des Kriechenden Netz-
blattes, Goodyera repens, einer weiteren Orchidee, und des Schlanken
Wollgrases, Eriophorum gracile.
Das Naturschutzgebiet „Kleine Trauben“ ist heute von Birkenbruch-
wald bestockt. Dieser Sekundärwald entstand nach Abtorfung und damit
Zerstörung der ursprünglichen Hochmoorvegetation von etwa 1860 bis
1930. Bei der maschinellen Torfernte wurde der Abbau bis in den Be-
reich der Seekreideschichten, d.h. bis unter die Grundwasserlinie betrie-
ben und somit eine Vielzahl von Wasserflächen geschaffen. Diese älteren
Torfstiche zeigen — ähnlich wie die seit vielen Jahren nicht mehr unter-
haltenen Entwässerungsgräben — alle Phasen der Verlandung und sind
vegetationskundlich von besonderer Bedeutung: Schwimm- und Tauch-
blattgesellschaften wechseln mit Teichbinsen- und Schneidgrasbeständen;
Rohrkolben- und Schilfflächen werden abgelöst von mächtigen Großseg-
genbulten. Und auf diesen Bultkronen wächst vereinzelt die seltene Moor-
orchidee, Liparis loesellii, das Torfglanzkraut.
Zwischen den Stichen haben sich vornehmlich Moorbirken, Aspen,
Weiden, Fichten und Waldkiefern angesiedelt und bilden einen Sekun-
därurwald. Die Busch- und Strauchzonen sind von Faulbaum, Weiden, Bir-
ken, Kreuzdorn und Wildem Schneeball besetzt. Offenes Gelände decken
Pfeifengraswiesen, die neben Molinia coerulea auch Alpenwollgras, Tri-
chophorum alpinum, Rasenbinse, T. caespitosum, und Schwalbwurzen-
zian, Gentiana asclepiadea, tragen.
Der weitaus größte Teil des Pfrunger Riedes wurde in den letzten 50
Jahren melioriert und in Kulturland überführt. Er wird heute vorwiegend
als Grünland genutzt (zur Meliorationsgeschichte: ZILLENBILLER 1954).
Die wenigen forstlich bewirtschafteten Flächen im Bereich des Riedes
liegen teils auf Hartland, teils auf Moorboden: ein Gebiet nördlich von
Wilhelmsdorf, „Eulenbruck“, „Etterschen‘“, „Tisch“ und „Hornung“.
Fichte und Kiefer dominieren, örtlich treten Eiche, Buche und Erle be-
standsbildend auf. Erwähnenswert ist das Vorkommen von Germer, Ver-
atrum album, und Wolfseisenhut, Aconitum wvulparis, im Tisch (Zıer
1972).
Jh. Ges. Naturkde. Württ. 129 (1974)
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