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RÜDIGER GERMAN
allerdings andere Stimmen sprechen, wie z.B. Staat und Kirche. Viele ethische
Vorurteile usw. sind dabei abzubauen.
Wenn heute von seiten der Industrie immer wieder die Verantwortung
der Manager für das Funktionieren der Betriebe betont wird, weil die Arbeits-
plätze erhalten werden sollen und weil angeblich nur die Industrie und deren
Weiterentwicklung unseren Wohlstand gewährleiste, so ist darauf folgendes zu
entgegnen: Die Sicherung der Arbeitsplätze ist gut, aber nur eine Seite der
sozio-Ökologischen Verantwortung. (Die andere Seite, die Natur, macht sich
nicht demonstrierend bemerkbar.) Wohlstand, zumindest der gegenwärtige in
den Industriestaaten, dürfte jedoch ökologisch kaum gerechtfertigt werden
können. Er ist wohl auf Dauer im augenblicklichen Ausmaß kaum zu halten,
ohne die Natur zu ruinieren. Außerdem ging dieser Wohlstand auf Kosten
ökologischer Substanz, vielfach sogar auf Kosten anderer Länder mit ökologi-
schen Ausgleichsflächen. Unter solchen Umständen gewährleistet oder sichert
die gegenwärtige Form der Industrie keineswegs mehr unsere Zukunft, wie
wir oft von Wirtschaftsführern und Politikern hören. Eher führt sie uns letzt-
endlich in die Katastrophe (MzADows et al. 1973 usw.). Daher schreibt Pzccegı
(1981) mit Recht, daß die Zukunft nicht mehr das sei, was sie war, bzw. daß sie
nicht mehr die Fortsetzung der Gegenwart, sondern deren Konsequenz sel.
Unsere Zukunft liegt damit sicher nicht allein in ökonomischer Richtung,
gleich, ob es sich dabei um die kapitalistische oder um die sozialistische Varian-
te ökonomischen Denkens handelt. Beide führen schon jetzt letzten Endes zur
Zerstörung der Natur und ihres Kreislaufes. „Global 2000, der Bericht an den
Präsidenten“ (der USA) stellt die Aussichten bei Extrapolation der bisherigen
unökologischen Handlungsweise ungeschminkt dar. Leider fehlt bisher eine
Anleitung für Politiker, wie sie eine ökologiebewußte Politik realisieren kön-
nen. Nachdem „Global 2000“ im Lande seiner Erarbeitung durch den nachfol-
genden Präsidenten anscheinend nicht berücksichtigt wird, besteht wenig
Hoffnung, daß von führender Seite in der vorgeschlagenen Richtung gehandelt
wird. Doch wer ergreift die Initiative? Jeder von uns darf inzwischen nicht ver-
säumen, in dem ihm zugänglichen Einwirkungsbereich wenigstens das zu tun,
was ökologisch durchführbar ist. Auf diese Weise können örtlich oder regional
vielleicht die schlimmsten ökologischen Schäden verhindert werden, bis hof-
fentlich einmal höheren Ortes die Bedeutung ökologischen Handelns verstan-
den wird. Doch wie lange dauert das noch? Welche Konsequenzen folgen für
uns? Wieder einmal müßte unter diesen Verhältnissen der kleine Mann die
Fehler der Großen mittragen, selbst wenn er selbst bisher schon ökologisch
gehandelt hat. N
Als Grundlage ökologischen Handelns kann inzwischen das „Ökologische
Manifest 1972“ (Lorenz 1972, abgedruckt in GERMAN 1982) verwendet werden.
Als Wissenschaftler, welcher ich nur der wissenschaftlichen Wahrheit ver-
pflichtet bin, muß ich leider feststellen: Der menschliche Lebensraum, die eine
Seite unseres Rahmenthemas, wird mehr ausgenützt (ausgeraubt) als gepflegt.
Diese Pflegearbeiten müssen daher zukünftig breiten Raum einnehmen. Akti-
ve landschaftspflegerische Arbeiten leistet bei uns in der Bundesrepublik
Deutschland im Grunde fast nur eine Gruppe idealistischer und uneigennützi-
ger privater Naturschützer, Vereine. Zwar gibt es in wachsendem Maße staatli-
Jh. Ges. Naturkde. Württ. 138 (1983)