RÜDIGER GERMAN
wachsenden Menschheit gesichert und erweitert werden. Durch „technische
Kulturbaumaßnahmen“ sollten die Gefahren, welche den Menschen von der
Natur drohten, vermindert werden. Diese Maßnahmen wurden deshalb not-
wendig, weil zuvor schon die problemfreien Landschaftsteile besiedelt waren
und genutzt wurden, so daß man in andere, schwierigere bzw. gefahrdrohende-
re Bereiche ausweichen mußte. Durch technische Eingriffe hoffte man in einer
Zeit aufkommenden naturwissenschaftlichen Wissens, die Natur „bändigen“
zu können. Weil dabei viele unökologische Maßnahmen ergriffen wurden, ist
ein großer Teil der trotzdem eingetretenen Bedrohung unserer Zivilisation
bzw. Kultur „hausgemacht“, d.h. von der wachsenden Menschheit selbst ver-
schuldet worden. Dazu einige Beispiele aufzuführen soweit dies in diesem
Zusammenhang möglich und notwendig ist, soll in den nachfolgenden Ausfüh-
rungen erfolgen (vgl. dazu GERMAN 1982 bzw. GERMAN und EICHHORST 1977
und GERMAN und KLEPSER 1977).
Der Erfahrungsaustausch zwischen Makedonien und der Bundesrepublik
Deutschland hat u. a. das Ziel, sich gegenseitig besser zu verstehen und fachlich
voneinander zu lernen. Trotz der Polarität zweier so verschiedener Kulturkrei-
se, Landschaften und Länder gibt es sowohl beim kulturellen Erbe, als auch
beim menschlichen Lebensraum so viele gemeinsame Probleme, daß diese
genügend Ansatzpunkte für Diskussionen und Lernprozesse bilden.
Vielleicht wird schon an dieser Stelle deutlich, daß der zweite Teil des Rah-
menthemas „Das kulturelle Erbe und der menschliche Lebensraum“ eigentlich
auch als das natürliche Erbe, das Erbe, welches wir von der Natur bekommen
haben, bezeichnet werden kann. Insofern könnte zusammenfassend das Thema
des Symposiums auch „Das natürliche und kulturelle Erbe“ heißen. Dieses
Gesamt-Erbe haben wir im Grunde genommen zu treuen Händen, zum Erhal-
ten, zum Bewahren, übereignet bekommen. Beweisen wir, daß wir natürlich,
klug genug und intelligent genug sind, dieses Erbe auch funktionstüchtig und
richtig unseren Nachkommen weiterzugeben. Dieses Erbe hat jedoch nur
Bestand, wenn unsere Umwelt wieder sauber wird und funktionsfähig bleibt.
Bei der bisher als selbstverständlich angesehenen Nutzung des menschlichen
Lebensraumes ist in den letzten zehn Jahren sowohl für die Öffentlichkeit, als
auch für die Regierungen eine neue Dimension in den Blickpunkt gerückt: Die
Ökologie. Zuvor war man sowohl bei Wirtschaftsführern, als auch bei den
Regierungen, zumindest der Industriestaaten, gewohnt, die Nutzung der Erde
und ihrer Ressourcen, also der verschiedensten (Boden-)Schätze, der landwirt-
schaftlichen Fläche und auch des Baulandes, sorglos zur Befriedigung mensch-
licher Bedürfnisse oder dessen, was dafür gehalten wurde, zu verwenden. Diese
Intensivierung der Wirtschaft, der „Fortschritt“, wurde aus Gründen der
Steuereinnahmen, der Vollbeschäftigung usw. und schließlich zum vermeintli-
chen Wohl der Bewohner politisch kräftig gefördert. Der Primat der Wirt-
schaftspolitik beherrscht so seit Jahrzehnten das Denken und wurde dadurch
auch noch in die Entwicklungsländer exportiert. Dieser Weg führte, wie wir
alle wissen, zu den Gedanken des „Club of Rome“ mit dem Stichwort „Gren-
zen des Wachstums“ (z.B. M£ADows et al. 1973). Den Einsichtigen wurde
dadurch klar: So wie bisher durfte es nicht weitergehen.
Gegenwärtig brennen diese Gedanken jedoch bestenfalls auf Sparflamme.
Ih. Ges. Naturkde. Württ. 138 (1983)