Full text: Jahreshefte der Gesellschaft für Naturkunde in Württemberg (Bd. 139, 1984)

Geologie in der Antarktis, Beispiel Victorialand 
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2. Schritte auf dem Weg zur Gondwana-Rekonstruktion 
2.1. Erstes Bild der Orogenesen Victorialands und 
seine Modifizierung 
Das Expeditionsemblem von GANOVEX III (Abb. 17) zeigt etwas sche- 
matisiert die Gesteinsfolge Victorialands: Das Grundgebirge besteht aus gefal- 
teten Schiefern und Metamorphiten, intrudiert von verschiedenen Graniten 
und Granodioriten. Das Grundgebirge wird nach Faltung und Intrusion dis- 
kordant von horizontal bis flach lagernden Schichten festländischen Perms, 
das als „Beacongruppe“ Tillite, Sandsteine und Kohlen umfaßt, abgeschnitten. 
Abgeschlossen wird die Gesteinsfolge von jurassischen Vulkaniten (Dolerite). 
Die Verteilung dieser Gesteinsformationen ist auf Abb. 12 dargestellt: Die 
gefalteten Gesteinseinheiten des Grundgebirges sind in NW —SE-verlaufenden, 
durch Störungszonen voneinander getrennten Streifen angeordnet: Im Westen 
und Südwesten Hochkristallin unbekannten Ausgangsalters, im Nordosten eo- 
kambrische Schiefer und Metagrauwacken der sog. Robertson-Bay-Gruppe, 
dazwischen als relativ Jüngstes grabenartig eingesenkt die kambro-ordovizi- 
sche Sedimentfolge der Bowers-Gruppe. 
Nach Auffassung früherer Autoren (z. B. CRADDOCK, 1970) sollten diese ver- 
schiedenen Grundgebirgseinheiten Victorialands in unterschiedlicher Weise 
von verschiedenen Faltengebirgsbildungen (Orogenesen) betroffen worden 
sein (Abb. 12, 16): Ganz Victorialand ist in die frühpaläozoische „Ross-Oroge- 
nese“ einbezogen, die vor 450 bis 500 Millionen Jahren (Ma) zur Bildung des 
Ross-Orogens führte, das die gesamte Antarktis durchzieht. Im Kristallinbe- 
reich im Westen werden vor der Ross-Orogenese präkambrische Gebirgsbil- 
dungen vermutet. Dort, wo westwärts die Ross-Orogenese ausklingt, beginnt 
der „ostantarktische Schild“. Die fundamentale Grenze zwischen diesem alten 
Kern des antarktischen Kontinents und seinen relativ jüngeren Anfaltungen 
konnte jedoch bis jetzt nicht nachgewiesen und festgelegt werden, ihre Lage ist 
umstritten. Der Nordoststreifen Victorialands sollte nach der Ross-Orogenese 
von der mittelpaläozoischen „Borchgrevink-Orogenese“ überprägt worden 
sein (Faltungsalter 350—400 Ma). In der übrigen Antarktis sind außerdem die 
jungpaläozoisch-mesozoische Ellsworth- oder Weddellorogenese von Bedeu- 
tung, deren Falten sich auf der gegenüberliegenden Seite des Kontinents mit 
denen der Ross-Orogenese scharen, sowie die junge Anden-Orogenese, die den 
Faltengebirgszug entlang der Pazifikküste schuf (Abb. 16). 
Diese Anordnung und Abgrenzung der Faltengebirgszüge in Victorialand 
führte zu der Gondwana-Rekonstruktion CraDDocks (Abb. 15) im Bereich 
Australien/ Antarktis, wobei die Ostgrenze des antarktischen und des australi- 
schen Schildes, das Ross- und das Adelaide-Orogen sowie das Borchgrevink- 
und das Tasman-Orogen miteinander verknüpft wurden (vgl. auch Abb. 16). 
Die Untersuchungen von GANOVEX I und II ergaben, daß im Nordost- 
streifen Victorialands, wo sich frühpaläozoische Ross- und mittelpaläozoische 
Borchgrevink-Orogenese überlagern sollten, nur ein Faltengebirge nachweis- 
bar ist. Von NE nach SW nimmt hier ganz allmählich der sowieso schwache 
Metamorphosegrad leicht zu (KLEINSCHMIDT, 1983), und im gleichen Sinne stei- 
gert sich allmählich die Verformungsintensität, was sich u. a. in immer engeren 
Jh. Ges. Naturkde. Württ. 139 (1984.
	        
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