Nachrufe und Ehrungen
jedoch damals schon als ausgezeichneter entomologischer Sammler große
Formenkenntnisse im Reich der Insekten angeeignet und hatte sich ein-
gehend, auch systematisch-publizistisch mit einer so spröden Insektenord-
nung, wie es die Thysanopteren sind, beschäftigt. Auf dem Gebiet der Ento-
mologie war ihm sein Weg vorgezeichnet, ein Weg, der ihn auf viele Reisen
in die weite Welt führen sollte. Er betrat ihn zuerst zusammen mit Dr.
STRAUCH auf einer Reise nach der Murmanküste. Die dort herrschende
Mückenplage hatte u. a. das Ergebnis der Entdeckung einiger neuer Arten.
Auf einer zweiten Reise begleitete er den Berliner Orthopterologen Prof.
RAMmME durch Rußland, bis Nord- und Transkaukasien und Persien. 1913
war RICHTER in Kiew zu entomologischen Arbeiten. Diese Reisen verursach-
ten ebenso wie die russische Internierung des jungen RıcHTER von 1914
bis 1918 — er war 1914 auf einer Sammelreise im Kaukasus gewesen —, die
Militärausbildung und der Militärdienst Unterbrechungen der musealen
Tätigkeit, führten aber auch zu einer wertvollen Aneignung der russischen
Sprache und zu Verbindungen mit zahlreichen Wissenschaftlern der ver-
schiedensten Länder. Außer den Osten Europas hatte RıcHTEr, wieder als
Gefährte Professor RAmmes, auch Italien bis Sizilien kennengelernt. Bei dem
Zusammenbruch unseres Landes geriet RICHTER in englisch-amerikanische
Gefangenschaft. Da nach der Entlassung eine Wiederaufnahme der Tätig-
keit in Berlin unter den neuen Verhältnissen nicht mehr möglich war, bewarb
er sich um eine Stelle am Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart.
Hier trat er am 15. August 1946 seinen Posten als Oberpräparator an und
leistete tatkräftige Hilfe zunächst beim Wiederzusammenbringen der eva-
kuiert gewesenen Bestände des Museums und bei ihrer sachgemäßen Be-
handlung in den wenigen zur Verfügung gebliebenen Räumen und den not-
dürftigen Ausweichräumen. Mit großem Eifer nahm er sich in der Entomo-
logischen Abteilung der geretteten Sammlungen, besonders der der Ortho-
pteren, an. Galt es doch in dieser Sammlung wertvolles Material, zum Teil
Typenmaterial, u.a. aus der Sammlung Dr. HERMANN Kraus (Tübingen),
vor dem endgültigen Untergang zu bewahren. In den Jahren nach dem
Krieg waren zunächst keine größeren Unternehmungen möglich. RICHTER
benützte aber den Urlaub regelmäßig dazu, die neue Umgebung kennenzu-
lernen und in ihr Fuß zu fassen. Das geschah besonders durch eine rege
Sammeltätigkeit in den so abwechslungsreichen Biotopen des Landes. Auf
diese Weise wurde seine Orthopterenfauna so gründlich erforscht, wie das
bisher noch nicht geschehen war. Erfreulicherweise regte sich aber auch
insofern bald wieder neues Leben, als das Museum neue Werte auch aus
fernen Ländern wieder aufnehmen konnte. Eine solche Quelle war durch
die Tätigkeit deutscher Ärzte im Ausland erschlossen, und RICHTER hatte das
Glück, der Einladung eines solchen — Dr. FRIEDRICH SCHÄUFFELE — nach
dem Iran folgen zu können. 1954 und 1956 besuchte er den Iran und unter-
nahm weite Exkursionen von der Umgebung Teherans bis Chorassan und
bis zum Indischen Ozean und nach Persisch-Belutschistan (siehe Berichte in
diesen Jahresheften). Der Erfolg dieser ausgedehnten Reisen war ein un-
geheures Material an Insekten, das, auf das Sorgfätigste fachmännisch ge-
sammelt, eine große Zahl neuer Daten für die Wissenschaft ergab. Sie sind