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zeichen Reutlingens, welches das Lied der Reutlinger Schlacht
so trefflich darstellt:
„Wie haben da die Gerber so meisterlich gegerht,
wie haben da die Färber so purpurroth gefärbt!“
Ja, meine Herren, Sie sind heute in der Stadt der Gerber
und Färber: in der Stadt, die immer kampfbereit dastand, trotz-
dem dass sie nie reich und gross war, wie ihre Schwesterstädte
Ulm und Augsburg. Vielleicht trug gerade dieser Umstand die
Schuld, dass die Stadt es zu keiner grossen Blüthe brachte.
Nur Eines bitte ich, die Stimmung, das Gefühl aus jenem Liede,
das Gefühl einer gewissen Bangigkeit und Unsicherheit nicht
auf die Gegenwart zu übertragen.
Reutlingen war es, welches im Jahr 1247 eine mehr-
monatliche Belagerung Heinrich Raspe’s aushielt und zum
Dank dafür, in Ausführung eines Gelübdes, die Marienkirche
baute, deren Schiff so lang sein soll, als der von Raspe zurück-
gelassene Sturmbock.
In der Reformation war Reutlingen die zweite Stadt, welche
die Augsburgische Confession durch die Hand ihres damaligen
Bürgermeisters, eines Weingärtners Josua Weiss, unterzeichnete,
wesshalb Sie. das Wappen Reutlingens im Luther-Denkmal in
Worms finden.
Im (Zoll-) Kampf mit dem ihr ‘Gebiet umschliessenden
Württemberg. hatte die Stadt stets zu leiden. Die württem-
bergische Burg Achalm schaute wie ein drohendes Gespenst auf
sie herab, und zu allem Aerger musste Reutlingen noch die
Gebäude derselben erhalten. Da in einer schönen Nacht er-
glühte eine Röthe über der Burg — sie brannte ab — man
sagte, nicht ganz olıne Vorwissen des löblichen Magistrats von
Reutlingen.
Im Jahr 1726 brannte die Stadt fast ganz ab, woraus
sich manche Eilfertigkeit in den Bauten der Stadt erklärt.
Im Jahr 1806 kam Reutlingen an Württemberg und wurde
für eine der sieben guten Städte erklärt,
Die seitherige Geschichte ist zu bekannt, als dass ich sie
besonders aufzuführen hätte. Der Geist der alten Reichsstadt