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Die Flora des Nagolder Schlossbergs.
Von Seminaroberlehrer Schwarzmayer in Nagold.
Wer mit der Eisenbahn in das hiesige Thalbecken herein-
fährt und sein Auge über die sich öffnende Landschaft schweifen
lässt, dessen Blicke bleiben unwillkürlich an der erhabenen Figur
unseres Schlossbergs hängen. Man weiss nicht, was am meisten
anzieht: der majestätische Aufbau dieses Bergs, dessen ausgeprägte
Formen es auch den Laien ahnen lassen, dass derselbe aus einem
andern Material zusammengesetzt ist als die ungegliederten Bunt-
sandsteinhöhen, oder der prächtige Laubwald, der einen so leuch-
tenden Gegensatz zu den düstern Tannenwäldern der Umgebung
bildet, oder die ehrwürdige, ansehnliche Ruine, die das Haupt
des Berges krönt. Und wenn ein solcher Fremder bei längerem
Aufenthalt den Berg ersteigt, so macht er die Erfahrung, dass
dieser durch nähere Besichtigung noch entschieden gewinnt. Ja
der Schlossberg ist eine Perle Nagolds, auf welche die hiesige
Einwohnerschaft mit Recht stolz sein darf.
Hinsichtlich seines geognostischen Baues gehört der Schloss-
berg dem Muschelkalk an und zwar der Zone des Wellengebirges,
das am ganzen ÖOstrande des Schwarzwaldes den Buntsandstein
überlagert. Nur am Fusse des Bergs unmittelbar über der Thal-
sohle deuten lockere sandige Mergel den Beginn der Buntsand-
steinformation an, haben aber für die Vegetation des Berges
keine Bedeutung mehr. Dieser nährt vielmehr eine ganz ausge-
sprochene Kalkflora, die aber nichts desto weniger eine Mannig-
faltigkeit und Ueppigkeit zeigt, wie man sie anderswo auf so
engem Raume ‘selten findet.
Da ich nun aber nur ein gedrängtes Bild der Schlossberg-
flora geben möchte, so kann es nicht meine Absicht sein, diese
hunderterlei Arten von Pflanzen aufzuzählen, die sich im Umkreis
des Berges angesiedelt haben; vielmehr möchte ich diese Flora
unter den Gesichtspunkten vorführen, unter welchen sie ein auf-
merksamer Besucher des Bergs etwa betrachten mag. Als solche
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