Full text: Jahreshefte des Vereins für Vaterländische Naturkunde in Württemberg : zugl. Jahrbuch d. Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart (Bd. 52, 1896)

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aus der Dauer der Schwingung und aus der Entfernung, auf welche 
hochgelegene Gegenstände geschleudert wurden, berechnet. Diese 
Entfernungen, aus denen Anfangsgeschwindigkeiten bis zu 6,5 m 
hervorgehen, sind aber wahrscheinlich viel zu gross, da die ab- 
geworfenen Gegenstände nicht an ihrem ersten Auffallpunkt liegen 
geblieben sind. Ferner kommt in Betracht, dass die höher gelegenen 
Teile von Gebäuden viel stärker schwingen, als der Erdboden. In 
Japan hat man beobachtet, dass 4 m höher gelegene Gebäudeteile 
13 mal bis doppelt so stark schwingen, als der Boden des Erd- 
geschosses. Die genauen Messungen, welche bei japanischen Erd- 
beben vorgenommen wurden, ergaben bei dem Erdbeben von Tokio 
am 15. Oktober 1884 eine Bewegung bis zu 43 mm. Die Schwingungs- 
dauer betrug 2 Sekunden, woraus eine Maximalgeschwindigkeit von 
68 mm in der Sekunde folgt. 
Das Erdbeben vom 15. Januar 1887 erreichte in Yokohama 
den 8. Grad und die Bewegung einen Betrag von 35 mm, in Tokio, 
40 km weiter nördlich, ca. 21 mm mit 2,5 Sekunden (ganzer) 
Schwingungsdauer; an einer Stelle betrug die vertikale Bewegung 
5,5 mm und die Geschwindigkeit aufwärts 22 mm pro Sekunde. 
Nicht selten sieht man, dass aufrechtstehende Körper, z. B. 
Obelisken, Grabsteine, Kamine nicht umgeworfen, wohl aber ver- 
dreht sind. Dies rührt daher, dass die Mittelkraft des Reibungs- 
widerstandes die durch den Schwerpunkt gehende senkrechte Gerade 
nicht schneidet. Der Angriffspunkt der genannten Mittelkraft wird 
durch Schwankungen des Obelisken nach der Ecke hin verlegt, in 
welcher die Kippgefahr am grössten ist. Die Mittelkraft des Rei- 
bungswiderstandes bewirkt eine Drehung, sobald sie nicht durch die 
Schwerpunktsvertikale geht. Stehen zwei Grabsteine der Breite 
nach in verschiedenen Richtungen, so kann derselbe Erdstoss ent- 
gegengesetzte Drehungen bewirken, wie z. B. auf dem Kirchhof der 
Ausländer in Yokohama im Februar 1880*. 
Auch wenn die Erschütterungen der Erdkruste durch eine 
einzige Explosion verursacht werden, können in gehöriger Entfernung 
verschieden gerichtete und nicht gleichzeitige Schwingungen beob- 
achtet werden. 
Die verschiedenartigen Stösse an demselben Ort rühren in 
diesem Falle her von der verschiedenen Fortpflanzungsgeschwindig- 
keit von Längs- und Querschwingungen; die der ersteren ist meist 
ı Tyansact. of Seism. Soc. of Japan. Vol. I, Part II, p. 25, 1880.
	        

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