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gebildete Hindernis nicht überwinden kann, mit starker Spannung
und indem er sich dabei oft krümmt, gegen die Antheren, welche
um diese Zeit aufspringen. Die Spannung des Griffels wird durch
dessen weitere Streckung noch erhöht und endlich dadurch aus-
geglichen, dass die Krone sich öffnet; infolge davon fährt das Griffel-
ende mit lebhafter Bewegung mitten zwischen den Antheren hin-
durch, wobei es den Pollen wegfegt und in seiner Behaarung fest-
hält, und der Griffel streckt sich weit aus dem Schlunde der Krone
hervor. Der Pollen sitzt zunächst auf dem Griffelende so fest zwi-
schen den Sammelhaaren, dass man ihn durch Darüberstreichen mit
dem Finger nicht entfernen kann, alsbald aber beginnen die Haare,
wie bei Campanula, sich in ihre Basis zurückzuziehen und dadurch
den Pollen freizugeben. Dieser wird jetzt in der Regel durch be-
suchende Insekten fortgeführt und hierauf beginnt eine Art Hervor-
sprossen von Narbengewebe auf dem Griffelende , wobei sich dieses
spaltet und ein undeutlich dreilappiger Narbenkörper hervorwächst,
welcher sich zu drei sehr kurzen, weissen Narbenästen entwickelt.
Da zu dieser Zeit auf der Narbe nichts mehr von dem eigenen Pollen
vorhanden ist, so kann nur Fremdbestäubung durch Insektenbesuch
eintreten; spontane Selbstbestäubung ist unmöglich. Die Einzelblüten
eines Blütenstandes bieten verschiedene Stadien der Entwickelung
dar, doch dauert der Zustand, in welchem der Pollen dargeboten
wird, viel weniger lange, als der, während dessen die Narbe ent-
wickelt ist. Die halbdurchsichtige. Kronröhre ist bis zur Hälfte mit
Nektar angefüllt, welcher von den die Bestäubung vermittelnden
Schmetterlingen — DeLrPino beobachtete verschiedene Arten von
Pieris — ausgebeutet wird. Die interessanten Modifikationen, welche
Trachelium gegenüber Campanula und den ihr ähnlichen Gattungen
zeigt, sind demnach: Hervorfegen des Pollens aus den geöffneten
Antheren durch die mit Sammelhaaren besetzte Spitze des Griffels,
Darbietung des Pollens und später der Narbe oberhalb der Blüte,
Verkleinerung und Verengung der Krone, welche dadurch geeignet
wird, in einer engen, nur für einen Schmetterlingsrüssel zugänglichen
Röhre den Nektar zu bergen und zugleich dem Rüssel als Führung
zu dienen, und endlich Zusammenstellung sehr zahlreicher kleiner
Einzelblüten in eine ebene Fläche, wodurch der Besuch und die Be-
fruchtung vieler Blüten in kurzer Zeit ermöglicht wird. Diese Ab-
änderungen sichern der Art offenbar so wirksam den Eintritt von
Fremdbestäubung durch Vermittelung von Insekten, dass sie auf die
Möglichkeit spontaner Selbstbestäubung verzichten konnte.