Full text: Jahreshefte des Vereins für Vaterländische Naturkunde in Württemberg : zugl. Jahrbuch d. Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart (Bd. 53, 1897)

scheidet. 1. grosse langdauernde Bewegungen, deren etwaige Gesetze 
erst nach Jahren und Jahrzehnten erkennbar werden können, er 
nennt sie Nullpunktsbewegungen. Sie waren in Strassburg stark 
genug, um im Laufe der nicht ganz 2 Jahre öfters eine veränderte 
Aufstellung der Registriervorrichtung notwendig zu machen, weil der 
Lichtstrahl über den Papierstreifen hinausfiel. 2. Eine Bewegung von 
der Periode des Sonnentags, das westöstlich gerichtete Pendel zeigte: 
morgens etwa 7 Uhr am weitesten nach Süd, abends um 6 Uhr am 
weitesten nach Nord. 3. Eine eintägige Bewegung von der Periode: 
des Mondtags, die sich bekanntlich im Laufe des Monats gegen den 
Sonnentag um einen Tag verschiebt. 4. Eine halbtägige Bewegung 
von der Periode eines halben Mondtags, also derselben Periode, in 
welcher die Hauptveränderungen in der Gezeitenbewegung des Meeres 
sich vollziehen. 5. Mikroseismische Bewegungen, ganz kurzwellige 
schwache Bewegungen, bei welchen die Kurve feingezackte Ränder 
zeigt, wie vielleicht von Eigenbewegungen des Pendels herrühren, 
das durch Bodenbewegungen in schwacher OÖscillation erhalten würde. 
6. Erdpulsationen, sehr regelmässig sich folgende Schwingungen, aber 
von Perioden, welche grösser sind und nicht mit der Schwingungs- 
periode des Pendels harmonieren, die in Strassburg am auffälligsten 
sich zeigenden Pulsationen haben Perioden von 2—3 Minuten, so 
dass die Kurve oft mehrere Tage hindurch beiderseits wie mit Säge- 
zähnen besetzt erscheint, bald mit gleichbleibendem, bald mit all- 
mählich veränderlichem Abstand der Zähne. Diesen Pulsationen 
ähnlich, aber nicht von derselben andauernden Regelmässigkeit sind 
Schwingungen von 4—6, bis zu 15 Minuten Dauer, ferner periodisch 
sich wiederholende Knoten in der Kurve, die eine periodisch wieder- 
kehrende Unruhe verraten. Endlich zeigen sich 7. eine grosse Zahl 
eigentlicher Erdbebenstörungen durch plötzliche starke Erbreiterungen 
der Kurve, Störungen, die in vielen Fällen mit Sicherheit sich als 
die Wirkungen ferner Erdbeben erweisen. KREzBEUR giebt eine Liste 
von in der Zeit von 1*/, Jahren über 120 solcher übereinstimmend 
in Strassburg und in Nikolajew beobachteter seismischer Erscheinungen.. 
Die Thatsachen der Beobachtung sind also mannigfaltige Wechsel 
ın Richtung, Biegung und Breite der vom Horizontalpendel gezeichnetem 
Kurve, welche die harmonische Analyse in ihre verschiedenen peri- 
odischen und unperiodischen Bestandteile zerlegt. Welches sind nun 
aber die näheren, welches die weiteren und tiefsten Ursachen dieser 
Wechsel, wie ist die Schrift des Horizontalpendels zu deuten? Da 
erhebt sich eine grössere Zahl gelöster und ungelöster Fragen. Die 
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