Full text: Jahreshefte des Vereins für Vaterländische Naturkunde in Württemberg : zugl. Jahrbuch d. Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart (Bd. 55, 1899)

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organischen Leben unter ihren Aufgaben nennt; man kann aber auch 
nicht viel mehr erwarten, solange der Meteorologie die pflanzen- 
geographischen Probleme nicht greifbar in Gestalt von kartographisch 
festgelegten Verbreitungslinien dargeboten werden. Es wäre nicht 
übel, wenn z. B. die Stechpalmengrenze, sobald sie einmal genau 
bestimmt ist, auch mit meteorologischen Hilfsmitteln untersucht 
würde oder wenn überhaupt die wichtigeren pflanzengeographischen 
Linien in der Disposition von meteorologischen Nebenstationen berück- 
sichtigt werden könnten. Solche Linien können unter Umständen 
geradezu einen Fingerzeig zur Auffindung und genaueren Festlegung 
klimatischer Scheidelinien geben. Und was die Geologie betrifft, so 
zeigen die alpinen Pflanzengenossenschaften in ihrer gegenwärtigen 
Verbreitung unverkennbare Beziehungen zur ehemaligen Gletscher- 
bedeckung, die südeuropäischen und pontischen Genossenschaften 
zur Verbreitung des Löss und der diluvialen Steppenlandschaft wie 
auch zur Topographie der ältesten Besiedelung des Landes!. Dem- 
nach darf der Gegenstand ein über den Kreis der botanischen Fach- 
wissenschaft hinausgreifendes allgemein geographisches Interesse 
beanspruchen. — 
Gefahr ist im Verzug. Fast jeder Fortschritt der Bodenkultur 
geschieht auf Kosten der interessantesten Standorte unserer alt- 
einheimischen Pflanzen. Mit jedem Jahr, um das wir die botanische 
Landesaufnahme hinausschieben, muss das Ergebnis dürftiger und 
lückenhafter ausfallen. Das Unternehmen scheint vielleicht gewagt, 
weil es bis jetzt ohne Vorgang ist. Allein — si parva licet com- 
ponere magnis — warum sollen die Schwaben nicht wieder einmal 
die Reichssturmfahne vorantragen? Es wäre nicht das erste Mal bei 
einer Unternehmung, die der Landeskunde zu dienen berufen ist, 
und in unserem Lande, wo sich die Gegensätze auf besonders engem 
Raum zusammendrängen, sind ja solche Unternehmungen auch be- 
sonders lockend und lohnend. Wenn es freilich gelänge, ein gemein- 
sames Vorgehen mit den massgebenden Kreisen unserer Nachbar- 
länder zu vereinbaren, so wäre damit der Wert der Ergebnisse so- 
fort um ein Mehrfaches erhöht. 
!Gradmann a. a. 0. 8. 307 £.. 8321. ff.
	        
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