Il. Sitzungsberichte.
(Zusammengestellt von Kustos J. Eichler.)
1. Generalversammlung am 29. Juni 1898 in Heilbronn.
(Über die Vorträge der Herren M.-R. Dr. Zeller, Prof. Dr. E. Fraas,
Pfarrer Dr. Engel, Lehrer Hermann, sowie des Frl. Dr. M. v. Linden,
vergl. Abt. III dieser Jahresh. S. 23, 36, 101, 387 u. 31.)
Prof. Dr. Kirchner: Aus der Lebensgeschichte der einfach-
sten Pflanzen.
Von Zoologen und Botanikern werden mit Vorliebe die niedersten
Organismen studiert, weil die Lebenserscheinungen und die Lebens-
organe hier in einfachster Form vorliegen. Eine solche Gruppe bilden
die ohne Zweifel auf einer der untersten Stufen des Lebens stehenden
Spaltalgen, Cyanophyceen oder Schizophyceen, eine Schwester-
abteilung gegenüber den Spaltpilzen (Schizomyceten, Bakterien). Die
nahe Verwandtschaft dieser beiden Abteilungen, deren eine man oft zu
den Algen stellt, während die andere meist zu den Pilzen gerechnet
wird, erkannte zuerst der jüngst verstorbene, bekannte Breslauer Botaniker
FERDINAND Comnx, der beide als Spaltpflanzen, Schizophyta,
zusammenfasste, wie das auch im neuesten Pflanzensystem ! geschieht.
In der That sind gewisse Fadenbakterien, wie Beggiatoa, Leptothrix,
Spirochaeta, lediglich durch ihren Mangel an gefärbten Plasmapartien
(Chromatophoren) von den parallelen Gattungen der Spaltalgen zu
unterscheiden. — Die ältere, d. h. früher bekannte Schwester, die Ab-
teilung der Spaltalgen, ist von der jüngeren, den Spaltpilzen, schnell
an Popularität und Ruhm überflügelt worden, aber auch sie bietet
manches Bemerkenswerte, bei grosser Einfachheit im Aufbau des ganzen
Pflanzenkörpers.
Für das unbewaffnete Auge werden die Spaltalgen erst bemerk-
lich, wenn sie in grösseren Massen auftreten; dann stellen sie sich
dar als schleimige oder gallertige Massen, als Häute oder Rasen von
dunkler Farbe: blaugrün, olivengrün, braun und schwärzlich herrschen
* A. Engler, Die natürlichen Pflanzenfamilien. I. Teil 1. Abteilung a,
Leipzig 1896—98. (Schizomycetes von W. Migula; Schizophyceae von O0.
Kirchner.)
Jahreshefte d, Vereins f. vaterl, Naturkunde in Württ. 1899.
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