Full text: Jahreshefte des Vereins für Vaterländische Naturkunde in Württemberg : zugl. Jahrbuch d. Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart (Bd. 55, 1899)

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vor. Ihre Zellen leben nicht selten einzeln für sich, oft in grösserer 
Anzahl durch ausgeschiedene Gallerte zusammengehalten; bei den höheren 
Formen bleiben die Zellen zu Fäden miteinander verbunden, die perl- 
schnurartig oder feinen Haaren vergleichbar sind; endlich können diese 
Zellreihen sich auch verästeln, mit dem unteren Ende festwachsen und 
auch äusserlich ansehnlicher werden. (Diese Dinge werden für die 
Systematik benützt, auf die Redner aber nicht näher eingeht; es werden 
jedoch zur Orientierung Herbarexemplare und Abbildungen herum- 
gegeben.) 
Die Vermehrung der Spaltalgen beruht auf dem einfachsten be- 
kannten Vermehrungsvorgange, der Zellteilung, daher der Name Spalt- 
algen, Schizophyceae. Die Zellen sind dadurch ausgezeichnet, dass 
das in ihnen enthaltene Chlorophyll mit einem zweiten Farbstoff ver- 
mischt ist, welcher gewöhnlich schön blau ist und deshalb Phykocyan 
genannt wird, aber auch in gelben, braunen und roten Modifikationen 
vorkommt, und mit dem grünen Chlorophyll Mischfarben verschiedener 
Art bildet. Das Phykocyan ist in seinem Vorkommen fast ausschliess- 
lich auf die Spaltalgen beschränkt. Ausser der vegetativen Zell- 
teilung besitzen viele Spaltalgen die Fähigkeit, Dauerzellen (Sporen) 
zu bilden, welche eine Ruhezeit durchmachen; sie bilden eine dicke, 
resistente Zellhaut und einen an Reservestoffen reichen, dichten Inhalt 
aus, und keimen später, indem sie sich teilen. 
Durch Geisseln bewegliche Zustände, Schwärmzellen, wie sie 
bei den Bakterien so häufig sind, giebt es bei den Spaltalgen nicht. 
Dagegen sind die fadenförmigen Arten mit einer eigentümlichen 
Bewegung begabt, welche zugleich der Ausbreitung der Arten dient. 
Bruchstücke der Zellfäden lösen sich nämlich vom ganzen ab, schlüpfen 
aus den scheidenartigen Röhren heraus, von denen die Fäden umgeben 
sind, und bewegen sich mit einer sanften gleitenden Bewegung durchs 
Wasser dahin. Man nennt sie Keimfäden; sie kommen später zur 
Ruhe und indem sie wachsen und sich vermehren, geben sie neuen 
Kolonien den Ursprung. Bei manchen Gattungen besitzen die Fäden 
ihr ganzes Leben lang diese Art von Bewegung; so namentlich bei 
den Oseillatorien (Schwingfäden), die ihren Namen davon haben. 
Die schwingende Bewegung befähigt die Fäden der letzteren auf 
ihrer Unterlage aus den gallertigen Scheiden hervorzukriechen oder 
am Rande strahlig in Fasern auseinander zu fahren. Diese Vorwärts- 
bewegung erfolgt unter Drehung um die Längsachse; doch findet sie nur 
bei Berührung mit festen Körpern statt, und zwar indem eine sehr 
zarte klebrige Scheide ausgesondert wird, aus der sich der sehr elastische 
Faden in schlängelnder Bewegung hervordrängt. Um 1 cm weit zu 
kriechen sind 40—”70 Minuten erforderlich. 
Die Spaltalgen sind über die ganze Erde verbreitet und kommen 
mit Vorliebe an nassen Lokalitäten vor, wo sie zugleich der Luft aus- 
gesetzt sind, also auf feuchtem Boden und im Wasser selbst, namentlich 
an der Oberfläche desselben. Auf. feuchtem Boden (Feld, Wege) ist 
besonders die Gattung Nostoc auffallend, deren grünliche oder bräun- 
liche Gallertmassen früher für Sternschnuppen-Gallerte gehalten wurden.
	        
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