Full text: Jahreshefte des Vereins für Vaterländische Naturkunde in Württemberg : zugl. Jahrbuch d. Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart (Bd. 62, 1906)

zu" 
r 
2 
zentrifugal wirkender Kraft, sind. Die Verhältnisse in den. Alpen 
und in deren näherer und weiterer Umgebung illustrieren das gut. 
Die tertiäre Faltung der Alpen spielte sich in zwei verschiedenen 
Perioden ab: Mitteloligocän und Ende des Miocän. Die Zwischen- 
zeit war in bezug auf faltende Bewegung eine Zeit der Ruhe, also 
auch eine Zeit zum wenigsten verminderten tangentialen Druckes 
in den Alpen und ihren Nachbargebieten, in welch letzteren während 
der Alpenfaltungen zweifellos doch auch erhöhter Tangentialdruck 
mit seinen Wirkungen auf Gesteine geherrscht haben muß. In die 
Ruhepause zwischen den beiden tertiären Faltungen der Alpen fällt 
die Eruptivtätigkeit im Urach—Kirchheimer Gebiet, sie fällt also 
zusammen mit einer Zeit verminderten oder aufgehobenen Tangential- 
druckes. 
Stellen wir uns vor, daß etwa zur Zeit der ersten tertiären 
Alpenfaltung im Oligocän eine Masse von Schmelzfluß unterhalb des 
Urach—Kirchheimer Gebietes in höhere Lagen der Erdrinde herauf- 
gepreßt. worden war, etwa in Form eines flachen Lakkolithen, so 
konnte zur Zeit nachlassenden Tangentialdruckes unter Einfluß der 
Ausdehnung des Schmelzflusses eine Lockerung der zerklüfteten, 
nun nicht mehr unter starkem Tangentialdruck stehenden Gesteins- 
decke über dem Schmelzfluß vor sich gehen, vielleicht dadurch, daß 
eine, wenn auch geringe Auftreibung der Decke über dem Schmelz- 
fluß stattfand. Dadurch konnten in schon vorher klüftigem Gestein 
die Klüftungen erweitert werden, in größere Tiefen herabsetzen, 
und neue Klüfte konnten aufreißen. Langgezogene, klaffende Spalten 
brauchten dabei garnicht zu entstehen, wie sie tatsächlich in un- 
serem Vulkangebiet auch nicht entstanden sind; ich sehe wenigstens 
nicht ein, daß bei nachlassendem Tangentialdruck die Gesteine not- 
wendig von langgezogenen, linearen Spalten durchsetzt werden 
müßten. Durch solche Zerrüttung können in schon vorher klüftigem 
Gestein an den verschiedensten Stellen des Gebietes Orte geringsten 
Widerstandes geschaffen werden, an welchen die Gase des Schmelz- 
flusses — sich selbst befreiend — nach dem Schema der DAUBREE- 
schen Experimente leichter explosiv durchbrechen können. Eruptions- 
material kann dabei z. T. direkt den durch Klüftungen vorgezeich- 
neten Wegen folgen, wie in unserem Tuffgängchen, das in seinem 
von der Vertikalen z. T abweichenden Verlauf ein schönes Analogon 
zu einem der Experimente DAugreg’s liefert, bei welchem in einen 
Granitzylinder eine nicht geradlinige Rinne gebohrt war, welcher die 
Explosionsgase vollkommen folgten.
	        

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.