Beiträge zur Kenntnis unserer Unionenfauna.
Von Dr. Otto Buchner, Kustos am Kgl. Naturalienkabinett in Stuttgart.
Mit Tafel XI.
Die folgenden kurzen Aufzeichnungen entspringen zunächst der
Absicht, die Veränderlichkeit der Schalenumrißformen unserer ein-
heimischen Unionen mit der entsprechenden Eigenschaft der Ano-
donten in Vergleich zu ziehen, Die Variabilität. der letzteren Gattung
unserer Najaden ist ja eine geradezu grenzenlose! und spielt, wie
wir längst konstatieren konnten, auch in individueller Beziehung
eine so große Rolle, daß die genaue Bestimmung der Funde aus
den einzelnen Lokalitäten und die Zuweisung derselben zu einem
bestimmten Formenkreise zuweilen geradezu eine Sisyphusarbeit ge-
nannt werden könnte®.
Der erste Eindruck, den man dagegen bei der Betrachtung
unserer Unionen in diesem Punkte gewinnt, ist der, daß sie, sozu-
sagen, weit charakterfester sind, als ihre zahnlosen Verwandten, daß
sie insbesondere in betreff der individuellen Variabilität entfernt
nicht jene fast gänzliche Haltlosigkeit aufweisen, wie wir solche bei
den Anodonten beobachten können.
Diese Erscheinung dürfte ihren Grund in erster Linie darin
haben, daß die Aufenthaltsorte der Unionen weit gleichmäßigere
Verhältnisse mit sich bringen, als diejenigen der Anodonten.
Während letztere bekanntlich sehr verschiedenartige Gewässer be-
wohnen, ruhige Teiche mit mehr oder weniger ausgiebigem Schlamm-
ı Ülessin, S., Studien über die deutschen Spezies des Genus Anodonta
Cvv. in: Correspondenzblatt des zool.-mineralog. Ver. in Regensburg. 26. Jahrg.
1872, No. 6 u. 7, ;
? Buchner, O0., Beiträge zur Formenkenntnis der einheimischen Ano-
donten, mit besonderer Berücksichtigung der württembergischen Vorkommnisse.
Diese Jahresh. 56, Jahrg. 1900. — Derselbe: Über individuelle Formverschieden-
heiten bei Anodonten. Diese Jahresh. 64. Jahrg. 1908.